die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València
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Analyse <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n Texten impliziten Be<strong>de</strong>utungen: Die Texte dürfen <strong>die</strong>smal sozusagen<br />
selbst zu Wort kommen. Im Englischen wird <strong>die</strong>ser Vorgang close reading genannt.<br />
linguistisch gestützte literaturwissenschaftliche Untersuchung: u.a. spielen <strong>die</strong> Theorie<br />
<strong>de</strong>r Prototypen und <strong>die</strong> <strong>de</strong>r Präsuppositionen eine wichtige Rolle bei <strong>de</strong>r Analyse.<br />
Fokussierung auf <strong>die</strong> Sprachauffassung: Alle an<strong>de</strong>ren Themen, Beziehungen und Wechselwirkungen<br />
wer<strong>de</strong>n wo möglich beiseite gelassen.<br />
Keine <strong>die</strong>ser Eigenschaften ist an sich neu, wie weiter unten ausgeführt wird. Neuartig ist aber,<br />
dass sie alle zugleich auf ein und <strong>die</strong>selbe Stu<strong>die</strong> angewandt wer<strong>de</strong>n. Das Ergebnis ist ebenfalls<br />
neuartig: Aus <strong>de</strong>n Texten gehen bestimmte Vorstellungen hervor, <strong>die</strong> von einer Analyse herrühren,<br />
<strong>die</strong> mit linguistischer Gründlichkeit durchgeführt wur<strong>de</strong>. Die analysierten Textstellen wer<strong>de</strong>n<br />
nach <strong>de</strong>n aus ihnen selbst gewonnenen Vorstellungen sortiert. Dann wer<strong>de</strong>n <strong>die</strong> verschie<strong>de</strong>nen<br />
Vorstellungen systematisch nach ihrer eigenen Beschaffenheit angeordnet, so dass eine begriffliche<br />
Konstellation, eine Sprachi<strong>de</strong>ologie ersichtlich wird, <strong>die</strong> als ein reines Destillat aus <strong>de</strong>n<br />
literarischen Werken Höl<strong>de</strong>rlins ohne Interferenzen durch textäußere Faktoren betrachtet wer<strong>de</strong>n<br />
darf und somit aus einer neuen Perspektive Aufschluss über <strong>die</strong> schon vielfach untersuchte<br />
Sprachauffassung Höl<strong>de</strong>rlins gibt.<br />
1.2. Literaturwissenschaftliches<br />
1.2.1. Metho<strong>de</strong>n zur literaturwissenschaftlichen Höl<strong>de</strong>rlinanalyse<br />
Bei <strong>de</strong>n Stu<strong>die</strong>n über Höl<strong>de</strong>rlin versucht man oft, seine Texte in einer Art Exegese o<strong>de</strong>r Glosse<br />
zu erklären. Das liegt daran, dass Höl<strong>de</strong>rlins Texte oft sehr schwer zu verstehen, manchmal sogar<br />
hermetisch sind. Kein Wun<strong>de</strong>r, dass <strong>die</strong> Forscher also hinter ihre Be<strong>de</strong>utung kommen wollen,<br />
und seine Begriffe, I<strong>de</strong>en und Konzeptionen zu ergrün<strong>de</strong>n versuchen, um <strong>die</strong> Texte dann erst<br />
entschlüsseln zu können. Und <strong>de</strong>shalb geraten <strong>die</strong> meisten Höl<strong>de</strong>rlinforscher in <strong>die</strong> Falle, sich<br />
vorzustellen, dass ein literarischer Text einfach eine Art Transkription <strong>de</strong>r leben<strong>de</strong>n Stimme eines<br />
realen Menschen darstellt, <strong>die</strong> zum Leser spricht „Wenn wir nur direkt mit <strong>de</strong>m Autor sprechen<br />
könnten!“ Eagleton 4 meint, eine <strong>de</strong>rartige Haltung entmaterialisiere <strong>die</strong> Literatur, suche ihre<br />
materielle Dichte als Sprache auf eine intime geistige Begegnung zwischen leben<strong>de</strong>n Menschen<br />
zu reduzieren, und letztendlich habe sie kein Interesse daran, <strong>de</strong>n literarischen Text überhaupt als<br />
Text zu betrachten. Der Strukturalismus hat das vermei<strong>de</strong>n wollen und ist in <strong>die</strong> entgegengesetzte<br />
Falle geraten, welche darin besteht, <strong>die</strong> menschlichen Subjekte ganz abzuschaffen 5 . In Ecos<br />
Worten (vgl. weiter unten): Man hat in bei<strong>de</strong>n Fällen <strong>de</strong>n Fehler begangen, <strong>de</strong>n Realautor (= <strong>de</strong>n<br />
historisch wirklichen Schriftsteller) und <strong>de</strong>n Mo<strong>de</strong>llautor (= <strong>de</strong>n innertextlichen Erzähler) nicht<br />
zu unterschei<strong>de</strong>n. Unter an<strong>de</strong>rem wollte <strong>die</strong> klassische Literaturkritik nämlich <strong>de</strong>n Autor untersuchen<br />
und verwechselte <strong>de</strong>n Mo<strong>de</strong>llautor mit <strong>de</strong>m Realautor. Der Strukturalismus wollte <strong>die</strong>sen<br />
wissenschaftlichen Mangel beheben, <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Doppel<strong>de</strong>utigkeit <strong>de</strong>s Autorenbegriffs bestand,<br />
und klammerte alles aus, was mit <strong>de</strong>m Autor zu tun hat. Dabei vernachlässigte man eine sehr<br />
wichtige intratextuelle Strategie, <strong>die</strong> wesentlich zum literarischen Kommunikationsprozess beiträgt:<br />
<strong>de</strong>n text<strong>immanente</strong>n Autor, <strong>de</strong>n Mo<strong>de</strong>llautor, <strong>de</strong>n Sen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s literarischen Textes. Die vorliegen<strong>de</strong><br />
Arbeit will bei<strong>de</strong> Extreme vermei<strong>de</strong>n, in<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Unterschied zur Kenntnis genommen<br />
und zum strukturieren<strong>de</strong>n Prinzip wird.<br />
4<br />
Eagleton, 1988: 103.<br />
5<br />
Vgl. dazu auch Fokkema / Ibsch, 1988: 93.<br />
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