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die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

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willkommen dann, o Stille <strong>de</strong>r Schattenwelt!<br />

Zufrie<strong>de</strong>n bin ich, wenn auch mein Saitenspiel<br />

mich nicht hinab geleitet; Einmal<br />

lebt’ ich, wie Götter, und mehr bedarf’s nicht. (Schmidt, 1992: 197)<br />

Der Tod ist <strong>die</strong> extremste Entfremdung. Deswegen gibt es in <strong>de</strong>r Schattenwelt keine Sprache.<br />

Das Substantiv „Stille“ be<strong>de</strong>utet hier 'Sprachlosigkeit'. Das „Saitenspiel“ ist das musikalische Instrument,<br />

womit <strong>de</strong>r Dichter seinen heiligen Gesang dichtet.<br />

Du schweigst und dul<strong>de</strong>st, und sie versteh’n dich nicht,<br />

du heilig Leben! welkest hinweg und schweigst,<br />

<strong>de</strong>nn ach, vergebens bei Barbaren<br />

suchst du <strong>die</strong> Deinen im Sonnenlichte (Schmidt, 1992: 197)<br />

Diotimas Schweigen ist <strong>die</strong> bittere Folge davon, dass sie in ihrer Welt nicht verstan<strong>de</strong>n wird,<br />

weil sie an<strong>de</strong>rs ist, weil sie ein heiliges Wesen in einer Welt von Barbaren ist.<br />

„Warum bist du so kurz? liebst du, wie vormals, <strong>de</strong>nn<br />

nun nicht mehr <strong>de</strong>n Gesang? fandst du, als Jüngling, doch<br />

in <strong>de</strong>n Tagen <strong>de</strong>r Hoffnung,<br />

wenn du sangest, das En<strong>de</strong> nie!“<br />

Wie mein Glück, ist mein Lied. – Willst du im Abendrot<br />

froh dich ba<strong>de</strong>n? hinweg ist’s! und <strong>die</strong> Erd’ ist kalt,<br />

und <strong>de</strong>r Vogel <strong>de</strong>r Nacht schwirrt<br />

unbequem vor das Auge dir. (Schmidt, 1992: 199)<br />

Der Dichter ist nicht mehr so jung und hat zu einem großen Teil seine Hoffnungen und sein<br />

Glück eingebüßt. Er fühlt sich immer einsamer und frem<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Welt. Dementsprechend<br />

schwin<strong>de</strong>t seine Sprache auch, und seine Gedichte wer<strong>de</strong>n immer kürzer.<br />

B.II.b.2.2. Wie<strong>de</strong>rgefun<strong>de</strong>ne Sprache als Anzeichen <strong>de</strong>s wie<strong>de</strong>rgefun<strong>de</strong>nen<br />

Weges zu sich selbst<br />

Lange tot und tief verschlossen,<br />

grüßt mein Herz <strong>die</strong> schöne Welt,<br />

seine Zweige blühn und sprossen,<br />

neu von Lebenskraft geschwellt;<br />

o! ich kehre noch ins Leben,<br />

wie heraus in Luft und Licht,<br />

meiner Blumen selig Streben<br />

aus <strong>de</strong>r dürren Hülse bricht. (Schmidt, 1992: 172)<br />

Ältere Fassung <strong>de</strong>s Gedichts. Diese Strophe ist i<strong>de</strong>ntisch in bei<strong>de</strong>n Fassungen, wird aber doppelt<br />

zitiert, weil das relevant gebrauchte Wort zweimal vorkommt.<br />

Lange tot und tief verschlossen,<br />

grüßt mein Herz <strong>die</strong> schöne Welt,<br />

seine Zweige blühn und sprossen,<br />

neu von Lebenskraft geschwellt;<br />

o! ich kehre noch ins Leben,<br />

wie heraus in Luft und Licht,<br />

meiner Blumen selig Streben<br />

aus <strong>de</strong>r dürren Hülse bricht. (Schmidt, 1992: 175)<br />

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