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die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

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B.II.b. Philosophische Vorstellungen<br />

B.II.b.1. Sprache und Wirklichkeit<br />

B.II.b.1.1. Innerhalb <strong>de</strong>r Sprache spiegelt sich <strong>die</strong> Wirklichkeit<br />

wi<strong>de</strong>r<br />

Wie so an<strong>de</strong>rs ist’s gewor<strong>de</strong>n!<br />

Alles was ich hasst’ und mied,<br />

stimmt in freundlichen Akkor<strong>de</strong>n<br />

nun in meines Lebens Lied (Schmidt, 1992: 172)<br />

Ältere Fassung <strong>de</strong>s Gedichts. Vgl. etwas weiter unten <strong>die</strong> Bemerkung zur mittleren Fassung.<br />

Ach und da mein schöner Frie<strong>de</strong><br />

wie ein Saitenspiel, zerriß,<br />

da von Hass und Liebe mü<strong>de</strong><br />

mich mein guter Geist verließ (Schmidt, 1992: 173)<br />

In seiner Kindheit war <strong>de</strong>r Dichter glücklich. Diesen schönen Frie<strong>de</strong>n verdarben aber Hass und<br />

Lebensüberdruss nach enttäuschter Liebe. Diese Störung <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>ns wird mit <strong>de</strong>m Zerreißen<br />

eines „Saitenspiels“ verglichen. Dieser Vergleich präsupponiert, dass auch <strong>de</strong>r Frie<strong>de</strong>n und <strong>die</strong><br />

Musik zumin<strong>de</strong>st vergleichbar und vielleicht sogar auf <strong>die</strong>selbe Weise beschaffen sind.<br />

Da ich flehend mich vergebens<br />

an <strong>de</strong>r Wesen Kleinstes hing,<br />

durch <strong>de</strong>n Sonnenschein <strong>de</strong>s Lebens<br />

einsam, wie ein Blin<strong>de</strong>r, ging,<br />

oft vor treuem Angesichte<br />

stand und keine Deutung fand,<br />

darbend vor <strong>de</strong>s Himmels Lichte,<br />

vor <strong>de</strong>r Mutter Er<strong>de</strong> stand (Schmidt, 1992: 173)<br />

Das Leben <strong>de</strong>s Dichters braucht <strong>de</strong>mnach „Deutung“. Sonst ist es sinnlos und kann we<strong>de</strong>r verstan<strong>de</strong>n<br />

noch genossen wer<strong>de</strong>n. Diese Vorstellung impliziert, dass das Leben eine Art Sprache<br />

ist, <strong>die</strong> Be<strong>de</strong>utung braucht, um als richtiges und nicht entfrem<strong>de</strong>tes Leben empfun<strong>de</strong>n zu wer<strong>de</strong>n.<br />

Wie so an<strong>de</strong>rs ist’s gewor<strong>de</strong>n!<br />

Alles, was ich hasst’ und mied,<br />

stimmt in freundlichen Akkor<strong>de</strong>n<br />

nun in meines Lebens Lied (Schmidt, 1992: 175)<br />

Mittlere Fassung <strong>de</strong>s Gedichts. Diese Bemerkung gilt auch für <strong>die</strong> ältere Fassung. Das Leben <strong>de</strong>s<br />

Dichters ist zu einem Lied gewor<strong>de</strong>n, seit<strong>de</strong>m er Diotima kennengelernt hat. Und alle Erscheinungen<br />

<strong>de</strong>s Lebens nennt er „Akkor<strong>de</strong>“, weil sie so harmonisch zueinan<strong>de</strong>r passen und <strong>die</strong> musikalische<br />

Beschaffenheit und Schönheit <strong>de</strong>s Lebens ausmachen. In <strong>die</strong>ser heiligen musikalischen<br />

Sprache befin<strong>de</strong>t sich gewissermaßen sein Leben, <strong>de</strong>nn <strong>die</strong> Sprache nennt und beschreibt nicht<br />

nur das Leben, son<strong>de</strong>rn sie selbst ist genauso geartet wie das Leben.<br />

Wie so an<strong>de</strong>rs ist’s gewor<strong>de</strong>n!<br />

manches, was ich trauernd mied,<br />

stimmt in freundlichen Akkor<strong>de</strong>n<br />

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