die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València
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Ach! da du einst, Unschuldige, an <strong>de</strong>n Fingern <strong>die</strong> Treppen zähltest, von unsrem Berge herab zu <strong>de</strong>inem<br />
Hause, da du <strong>de</strong>ine Spaziergänge mir wiesest, <strong>die</strong> Plätze, wo du sonst gesessen, und mir erzähltest, wie <strong>die</strong><br />
Zeit dir da vergangen, und mir am En<strong>de</strong> sagtest, es sei dir jetzt, als wär’ ich auch von jeher dagewesen –<br />
Gehörten wir da nicht längst uns an?<br />
[...]<br />
Wir saßen einst mit Notara – so hieß <strong>de</strong>r Freund, bei <strong>de</strong>m ich lebte – und einigen an<strong>de</strong>rn, <strong>die</strong> auch, wie wir,<br />
zu <strong>de</strong>n Son<strong>de</strong>rlingen in Kalaurea gehörten, in Diotimas Garten, unter blühen<strong>de</strong>n Man<strong>de</strong>lbäumen, und sprachen<br />
unter andrem über <strong>die</strong> Freundschaft. (Schmidt, 1994: 72)<br />
Hyperion sagt Diotima <strong>die</strong>se Worte. Durch Gesten und Worte erklärte Diotima ihm, wie ihr Leben<br />
gewesen war und wie sie sich fühlte. Notara und <strong>die</strong> an<strong>de</strong>ren tauschten später Meinungen<br />
über Themen aus, <strong>die</strong> ihre Gefühle angingen, <strong>de</strong>nn <strong>die</strong> Freundschaft liegt für alle Menschen, <strong>die</strong><br />
sich nicht von Berufs wegen mit ihr beschäftigen, nicht im sachlichen Bereich, son<strong>de</strong>rn im Bereich<br />
<strong>de</strong>r Empfindungen.<br />
ich habe genug gesagt, um klar zu machen, was ich <strong>de</strong>nke.<br />
Da hättest du Diotima sehen sollen, wie sie aufsprang und <strong>die</strong> bei<strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong> mir reichte und rief: ich hab’<br />
es verstan<strong>de</strong>n, Lieber, ganz verstan<strong>de</strong>n, so viel es sagt. (Schmidt, 1994: 73)<br />
Das „Sagen“ ist hier das sprachliche Mittel, wodurch Hyperion und Diotima ihre Meinungen und<br />
Gefühle austauschen. Das „Verstehen“ ist <strong>de</strong>r Empfang <strong>die</strong>ser Botschaft.<br />
Fragst du, wie mir gewesen sei um <strong>die</strong>se Zeit? Wie einem, <strong>de</strong>r alles verloren hat, um alles zu gewinnen.<br />
(Schmidt, 1994: 74)<br />
Bellarmin fragt Hyperion per Brief, <strong>de</strong>nn er will erfahren, was geschehen ist, und wie es Hyperion<br />
geht. Dieser antwortet und gibt Auskunft über seine Gefühlslage.<br />
Aber endlich brach <strong>de</strong>nn doch <strong>de</strong>r Stolz in Tränen aus, und das Lei<strong>de</strong>n, das ich gerne verleugnet hätte, wur<strong>de</strong><br />
mir lieb, und ich legt’ es, wie ein Kind, mir an <strong>die</strong> Brust.<br />
Nein, rief mein Herz, nein, meine Diotima! es schmerzt nicht. Bewahre du dir <strong>de</strong>inen Frie<strong>de</strong>n und lass<br />
mich meinen Gang gehn. Lass dich in <strong>de</strong>iner Ruhe nicht stören, hol<strong>de</strong>r Stern! wenn unter dir es gärt und<br />
trüb ist. (Schmidt, 1994: 75)<br />
Hyperion lässt hier seine tiefen Gefühle, d.h. sein „Herz“ sprechen. Das Verb „rufen“ präsupponiert<br />
einen Menschen als Subjekt, und wenn es aber ein Herz ist, dann ist es eine Metonymie für<br />
<strong>de</strong>n Menschen, <strong>de</strong>r hier somit als Wesen voller Gefühle aufgefasst wird.<br />
nun weißt du alles, sagt’ ich zu ihr gelassen, da ich zu En<strong>de</strong> war, nun wirst du weniger dich an mir stoßen;<br />
nun wirst du sagen, setzt’ ich lächelnd hinzu, spottet <strong>die</strong>ses Vulkans nicht, wenn er hinkt, <strong>de</strong>nn ihn haben<br />
zweimal <strong>die</strong> Götter vom Himmel auf <strong>die</strong> Er<strong>de</strong> geworfen. (Schmidt, 1994: 76)<br />
Das „Sagen“ ist hier das sprachliche Mittel, wodurch Hyperion Diotima seine Meinungen und<br />
Gefühle offenbart.<br />
Zweimal, sagtest du? o du wirst in Einem Tage siebzigmal vom Himmel auf <strong>die</strong> Er<strong>de</strong> geworfen. Soll ich<br />
dir es sagen? Ich fürchte für dich, du hältst das Schicksal <strong>die</strong>ser Zeiten schwerlich aus. (Schmidt, 1994: 77)<br />
Das „Sagen“ ist hier das sprachliche Mittel, wodurch Hyperion und Diotima ihre Meinungen und<br />
Gefühle austauschen.<br />
O so bist du ja mir Alles, rief ich!<br />
Alles? böser Heuchler! und <strong>die</strong> Menschheit, <strong>die</strong> du doch am En<strong>de</strong> einzig liebst? (Schmidt, 1994: 78)<br />
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