die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València
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O, rief+ er endlich, da ist’s wohl <strong>de</strong>r Mühe wert, für unser Griechenland zu streiten, wenn es solche<br />
Gewächse noch trägt!<br />
Ja wohl, mein Alabanda, sagt’+ ich; da gehn wir heiter in <strong>de</strong>n Kampf, da treibt uns himmlisch Feuer zu<br />
Taten, wenn unser Geist vom Bil<strong>de</strong> solcher Naturen verjüngt ist, und da läuft man auch nach einem kleinen<br />
Ziele nicht, da sorgt man nicht für <strong>die</strong>s und das und künstelt, <strong>de</strong>n Geist nicht achtend, von außen und trinkt<br />
um <strong>de</strong>s Kelchs willen <strong>de</strong>n Wein; da ruhn+ wir dann erst, Alabanda, wenn <strong>de</strong>s Genius Wonne kein<br />
Geheimnis mehr ist, dann erst, wenn <strong>die</strong> Augen all in Triumphbogen sich wan<strong>de</strong>ln, wo <strong>de</strong>r Menschengeist,<br />
<strong>de</strong>r lang abwesen<strong>de</strong>, hervorglänzt aus <strong>de</strong>n Irren und Lei<strong>de</strong>n und siegesfroh <strong>de</strong>n väterlichen Äther grüßt+. –<br />
Ha! an <strong>de</strong>r Fahne allein soll niemand unser künftig Volk erkennen; es muss sich alles verjüngen, es muss<br />
von Grund aus an<strong>de</strong>rs sein; voll Ernsts <strong>die</strong> Lust und heiter alle Arbeit! nichts, auch das kleinste, das<br />
alltäglichste nicht ohne <strong>de</strong>n Geist und <strong>die</strong> Götter! Lieb’ und Hass und je<strong>de</strong>r Laut+ von uns muss <strong>die</strong><br />
gemeinere Welt befrem<strong>de</strong>n und auch kein Augenblick darf Einmal noch uns mahnen an <strong>die</strong> platte<br />
Vergangenheit!<br />
HYPERION AN DIOTIMA<br />
Der Vulkan bricht los. In Koron und Modon wer<strong>de</strong>n <strong>die</strong> Türken belagert und wir rücken mit unserem<br />
Bergvolk gegen <strong>de</strong>n Peloponnes hinauf.<br />
Nun hat <strong>die</strong> Schwermut all ein En<strong>de</strong>, Diotima, und mein Geist ist fester und schneller, seit ich in lebendiger<br />
Arbeit bin und sieh! ich habe nun auch eine Tagesordnung.<br />
#*125*#Mit <strong>de</strong>r Sonne beginn’ ich. Da geh’ ich hinaus, wo im Schatten <strong>de</strong>s Walds mein Kriegsvolk liegt<br />
und grüße+ <strong>die</strong> tausend hellen Augen, <strong>die</strong> jetzt vor mir mit wil<strong>de</strong>r Freundlichkeit sich auftun. Ein<br />
erwachen<strong>de</strong>s Heer! ich kenne nichts Gleiches und alles Leben in Städten und Dörfern ist, wie ein<br />
Bienenschwarm, dagegen.<br />
Der Mensch kann’s nicht verleugnen, dass er einst glücklich war, wie <strong>die</strong> Hirsche <strong>de</strong>s Forsts und nach<br />
unzähligen Jahren klimmt noch in uns ein Sehnen nach <strong>de</strong>n Tagen <strong>de</strong>r Urwelt, wo je<strong>de</strong>r <strong>die</strong> Er<strong>de</strong><br />
durchstreifte, wie ein Gott, eh, ich weiß nicht was? <strong>de</strong>n Menschen zahm gemacht, und noch, statt Mauern<br />
und totem Holz, <strong>die</strong> Seele <strong>de</strong>r Welt, <strong>die</strong> heilige Luft allgegenwärtig ihn umfing.<br />
Diotima! mir geschieht oft wun<strong>de</strong>rbar, wenn ich mein unbekümmert Volk durchgehe und, wie aus <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong><br />
gewachsen, einer um <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>rn aufsteht und <strong>de</strong>m Morgenlicht entgegen sich <strong>de</strong>hnt, und unter <strong>de</strong>n Haufen<br />
<strong>de</strong>r Männer <strong>die</strong> knattern<strong>de</strong> Flamme emporsteigt, wo <strong>die</strong> Mutter sitzt mit <strong>de</strong>m frieren<strong>de</strong>n Kindlein, wo <strong>die</strong><br />
erquicken<strong>de</strong> Speise kocht, in<strong>de</strong>s <strong>die</strong> Rosse, <strong>de</strong>n Tag witternd, schnauben und schrein+, und <strong>de</strong>r Wald<br />
ertönt+ von allerschüttern<strong>de</strong>r Kriegsmusik, und rings von Waffen schimmert und rauscht – aber das sind<br />
Worte+ und <strong>die</strong> eigne Lust von solchem Leben erzählt+ sich nicht.<br />
Dann sammelt mein Haufe sich um mich her, mit Lust, und es ist wun<strong>de</strong>rbar, wie auch <strong>die</strong> Ältesten und<br />
Trotzigsten in aller meiner Jugend mich ehren. Wir wer<strong>de</strong>n vertrauter und mancher erzählt+, wie’s ihm<br />
erging im Leben und mein Herz schwillt oft von mancherlei Schicksal. Dann fang’ ich an, von besseren<br />
Tagen zu re<strong>de</strong>n+, und glänzend gehn <strong>die</strong> Augen ihnen auf, wenn sie <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s ge<strong>de</strong>nken, <strong>de</strong>r uns einigen<br />
soll, und das stolze Bild <strong>de</strong>s wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Freistaats dämmert vor ihnen.<br />
Alles für je<strong>de</strong>n und je<strong>de</strong>r für alle! Es ist ein freudiger Geist in <strong>de</strong>n Worten+ und er ergreift auch immer<br />
meine Menschen, wie Göttergebot. O Diotima! so zu sehn, wie von Hoffnungen da <strong>die</strong> starre Natur<br />
erweicht und all ihre #*126*#Pulse mächtiger schlagen und von Entwürfen <strong>die</strong> verdüsterte Stirne sich<br />
entfaltet und glänzt, so da zu stehn in einer Sphäre von Menschen, umrungen von Glauben und Lust, das ist<br />
doch mehr, als Erd’ und Himmel und Meer in aller ihrer Glorie zu schaun.<br />
Dann üb’ ich sie in Waffen und Märschen bis um Mittag. Der frohe Mut macht sie gelehrig, wie er zum<br />
Meister mich macht. Bald stehn sie dicht gedrängt in macedonischer Reih’ und regen <strong>de</strong>n Arm nur, bald<br />
fliegen sie, wie Strahlen, auseinan<strong>de</strong>r zum gewagteren Streit in einzelnen Haufen, wo <strong>die</strong> geschmeidige<br />
Kraft in je<strong>de</strong>r Stelle sich än<strong>de</strong>rt und je<strong>de</strong>r selbst sein Feldherr ist, und sammeln sich wie<strong>de</strong>r in sicherem<br />
Punkt – und immer, wo sie gehen und stehn in solchem Waffentanze, schwebt ihnen und mir das Bild <strong>de</strong>r<br />
Tyrannenknechte und <strong>de</strong>r ernstere Walplatz vor Augen.<br />
Drauf, wenn <strong>die</strong> Sonne heißer scheint, wird Rat gehalten im Innern <strong>de</strong>s Walds und es ist Freu<strong>de</strong>, so mit<br />
stillen+ Sinnen über <strong>de</strong>r großen Zukunft zu walten. Wir nehmen <strong>de</strong>m Zufall <strong>die</strong> Kraft, wir meistern das<br />
Schicksal. Wir lassen Wi<strong>de</strong>rstand nach unserem Willen entstehn, wir reizen <strong>de</strong>n Gegner zu <strong>de</strong>m, worauf<br />
wir gerüstet sind. O<strong>de</strong>r sehen wir zu und scheinen furchtsam und lassen ihn näher kommen, bis er das<br />
Haupt zum Schlag uns reicht, auch nehmen wir ihm mit Schnelle <strong>die</strong> Fassung und das ist meine Panacee.<br />
Doch halten <strong>die</strong> erfahrneren Ärzte nichts auf solche alles heilen<strong>de</strong> Mittel.<br />
Wie wohl ist dann <strong>de</strong>s Abends mir bei meinem Alabanda, wenn wir zur Lust auf muntern Rossen <strong>die</strong><br />
sonnenroten Hügel umschweifen, und auf <strong>de</strong>n Gipfeln, wo wir weilen, <strong>die</strong> Luft in <strong>de</strong>n Mähnen unserer<br />
Tiere spielt, und das freundliche Säuseln in unsere Gespräche+ sich mischt, in<strong>de</strong>s wir hinaussehn in <strong>die</strong><br />
Fernen von Sparta, <strong>die</strong> unser Kampfpreis sind! und wenn wir nun zurück sind und zusammensitzen in<br />
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