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die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

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Mittlere Fassung <strong>de</strong>s Gedichts. Diese Bemerkung gilt ebenfalls für <strong>die</strong> ältere Fassung. Der Dichter<br />

war tot und <strong>de</strong>r Welt verschlossen, aber jetzt kehrt er dank Diotima zum Leben zurück und<br />

sein Herz „grüßt“ <strong>die</strong> Welt. Das Substantiv „Herz“ impliziert hier, dass es sich um <strong>die</strong> tiefen<br />

Gefühle <strong>de</strong>s Dichters han<strong>de</strong>lt. Er hat gleichzeitig <strong>die</strong> Lebenslust, <strong>de</strong>n Kontakt zur Natur und <strong>die</strong><br />

heilige Sprache zurückgewonnen, <strong>die</strong> ihn mit <strong>de</strong>r Natur zu verbin<strong>de</strong>n vermag.<br />

Leuchtest du wie vormals nie<strong>de</strong>r,<br />

goldner Tag! und sprossen mir<br />

<strong>de</strong>s Gesanges Blumen wie<strong>de</strong>r<br />

Leben atmend auf zu dir?<br />

Wie so an<strong>de</strong>rs ist’s gewor<strong>de</strong>n! (Schmidt, 1992: 179)<br />

Der Dichter kehrt dank Diotima zur Lebensfreu<strong>de</strong> zurück und fin<strong>de</strong>t seine dichterische Schöpfungskraft<br />

wie<strong>de</strong>r.<br />

Wie <strong>de</strong>in Vater und <strong>de</strong>r meine,<br />

<strong>de</strong>r in heitrer Majestät<br />

über seinem Eichenhaine<br />

dort in lichter Höhe geht,<br />

wie er in <strong>die</strong> Meereswogen,<br />

wo <strong>die</strong> kühle Tiefe blaut,<br />

steigend von <strong>de</strong>s Himmels Bogen,<br />

klar und still herunterschaut:<br />

So will ich aus Götterhöhen,<br />

neu geweiht in schön’rem Glück,<br />

froh zu singen und zu sehen,<br />

nun zu Sterblichen zurück. (Schmidt, 1992: 181)<br />

Der Dichter spricht hier Diotima an. Mit ihr hat er sich im Himmel aufgehalten und <strong>die</strong> Götter<br />

kennengelernt, <strong>die</strong> still sind. Dann kehrt er zu <strong>de</strong>n Sterblichen zurück und bekommt seine Sinne<br />

wie<strong>de</strong>r, so dass er erneut sehen kann. Er bekommt auch seine Sprache wie<strong>de</strong>r, so dass er erneut<br />

singen kann. Demnach liegt <strong>de</strong>r Bereich <strong>de</strong>s Göttlichen jenseits <strong>de</strong>r menschlichen Sprache, so<br />

dass <strong>de</strong>r Mensch erst nach <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> seiner mystischen Anschauung <strong>de</strong>s Göttlichen wie<strong>de</strong>r zu<br />

Worten kommen kann.<br />

O Bru<strong>de</strong>r, komm nach jahrelanger Trennung<br />

an meine Brust! Vielleicht gelingt es uns<br />

noch einen jener schönen Aben<strong>de</strong>,<br />

<strong>die</strong> wir so oft am Herzen <strong>de</strong>r Natur<br />

mit reinem Sinn und mit Gesang gefeiert,<br />

zurück zu zaubern, und noch einmal froh<br />

hinein zu schauen in das Leben! (Schmidt, 1992: 194)<br />

Falls es <strong>de</strong>n Freun<strong>de</strong>n gelingt, dann wer<strong>de</strong>n sie dank <strong>de</strong>r Reinheit ihrer Seelen und durch <strong>de</strong>n heiligen<br />

Gesang mitten in <strong>de</strong>r Natur <strong>die</strong> Lebensfreu<strong>de</strong> zurückerlangen, <strong>die</strong> <strong>de</strong>r Freund <strong>de</strong>s Dichters<br />

verloren hat.<br />

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