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die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

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In Kalaureas Wäl<strong>de</strong>rn? – Ja! im grünen Dunkel dort, wo unsre Bäume, <strong>die</strong> Vertrauten unsrer Liebe stehn,<br />

wo, wie ein Abendrot, ihr sterbend Laub auf Diotimas Urne fällt und ihre schönen Häupter sich auf<br />

Diotimas Urne neigen, mählich alternd, bis auch sie zusammensinken über <strong>de</strong>r geliebten Asche, – da, da<br />

könnt’ ich wohl nach meinem Sinne wohnen!<br />

Aber du rätst mir, wegzubleiben, meinst, ich sei nicht sicher in Kalaurea und das mag so sein.<br />

#*167*#Ich weiß es wohl, du wirst an Alabanda mich verweisen. Aber höre+ nur! zertrümmert ist er!<br />

verwittert ist <strong>de</strong>r feste, schlanke Stamm, auch er, und <strong>die</strong> Buben wer<strong>de</strong>n <strong>die</strong> Späne auflesen und damit ein<br />

lustig Feuer sich machen. Er ist fort; er hat gewisse gute Freun<strong>de</strong>, <strong>die</strong> ihn erleichtern wer<strong>de</strong>n, <strong>die</strong> ganz<br />

eigentlich geschickt sind, je<strong>de</strong>m abzuhelfen, <strong>de</strong>m das Leben etwas schwer aufliegt; zu <strong>die</strong>sen ist er auf<br />

Besuch gegangen, und warum? weil sonst nichts für ihn zu tun ist, o<strong>de</strong>r, wenn du alles wissen willst, weil<br />

eine Lei<strong>de</strong>nschaft am Herzen ihm nagt, und weißt du auch für wen? für Diotima, <strong>die</strong> er noch im Leben<br />

glaubt, vermählt mit mir und glücklich – armer Alabanda! nun gehört sie dir und mir!<br />

Er fuhr nach Osten hinaus und ich, ich schiffe nach Nordwest, weil es <strong>die</strong> Gelegenheit so haben will. –<br />

Und nun lebt wohl, ihr Alle! all ihr Teuern, <strong>die</strong> ihr mir am Herzen gelegen, Freun<strong>de</strong> meiner Jugend und ihr<br />

Eltern und ihr lieben Griechen all, ihr Lei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n!<br />

Ihr Lüfte, <strong>die</strong> ihr mich genährt, in zarter Kindheit, und ihr dunkeln Lorbeerwäl<strong>de</strong>r und ihr Uferfelsen und<br />

ihr majestätischen Gewässer, <strong>die</strong> ihr Großes ahnen meinen Geist gelehrt – und ach! ihr Trauerbil<strong>de</strong>r, ihr,<br />

wo meine Schwermut anhub, heilige Mauern, womit <strong>die</strong> Hel<strong>de</strong>nstädte sich umgürtet und ihr alten Tore, <strong>die</strong><br />

manch schöner Wan<strong>de</strong>rer durchzog, ihr Tempelsäulen und du Schutt <strong>de</strong>r Götter! und du, o Diotima! und ihr<br />

Täler meiner Liebe, und ihr Bäche, <strong>die</strong> ihr sonst <strong>die</strong> selige Gestalt gesehn, ihr Bäume, wo sie sich erheitert,<br />

ihr Frühlinge, wo sie gelebt, <strong>die</strong> Hol<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>n Blumen, schei<strong>de</strong>t, schei<strong>de</strong>t nicht aus mir! doch, soll es sein,<br />

ihr süßen Ange<strong>de</strong>nken! so erlöscht auch ihr und lasst mich, <strong>de</strong>nn es kann <strong>de</strong>r Mensch nichts än<strong>de</strong>rn und das<br />

Licht <strong>de</strong>s Lebens kommt und schei<strong>de</strong>t, wie es will.<br />

#*168*#HYPERION AN BELLARMIN<br />

So kam ich unter <strong>die</strong> Deutschen. Ich for<strong>de</strong>rte nicht viel und war gefasst, noch weniger zu fin<strong>de</strong>n. Demütig<br />

kam ich, wie <strong>de</strong>r heimatlose blin<strong>de</strong> Oedipus zum Tore von Athen, wo ihn <strong>de</strong>r Götterhain empfing; und<br />

schöne Seelen ihm begegneten –<br />

Wie an<strong>de</strong>rs ging es mir!<br />

Barbaren von alters her, durch Fleiß und Wissenschaft und selbst durch Religion barbarischer gewor<strong>de</strong>n,<br />

tiefunfähig je<strong>de</strong>s göttlichen Gefühls, verdorben bis ins Mark zum Glück <strong>de</strong>r heiligen Grazien, in je<strong>de</strong>m<br />

Grad <strong>de</strong>r Übertreibung und <strong>de</strong>r Ärmlichkeit beleidigend für je<strong>de</strong> gut geartete Seele, dumpf und<br />

harmonielos, wie <strong>die</strong> Scherben eines weggeworfenen Gefäßes – das, mein Bellarmin! waren meine Tröster.<br />

Es ist ein hartes Wort+ und <strong>de</strong>nnoch sag’+ ich’s, weil es Wahrheit ist: ich kann kein Volk mir <strong>de</strong>nken, das<br />

zerrissner wäre, wie <strong>die</strong> Deutschen. Handwerker siehst du, aber keine Menschen, Denker, aber keine<br />

Menschen, Priester+, aber keine Menschen, Herrn und Knechte, Jungen und gesetzte Leute, aber keine<br />

Menschen – ist das nicht, wie ein Schlachtfeld, wo Hän<strong>de</strong> und Arme und alle Glie<strong>de</strong>r zerstückelt<br />

untereinan<strong>de</strong>r liegen, in<strong>de</strong>ssen das vergossne Lebensblut im San<strong>de</strong> zerrinnt?<br />

Ein je<strong>de</strong>r treibt das Seine, wirst du sagen+, und ich sag’+ es auch. Nur muss er es mit ganzer Seele treiben,<br />

muss nicht je<strong>de</strong> Kraft in sich ersticken, wenn sie nicht gera<strong>de</strong> sich zu seinem Titel passt, muss nicht mit<br />

<strong>die</strong>ser kargen Angst, buchstäblich heuchlerisch das, was er heißt, nur sein, mit Ernst, mit Liebe muss er das<br />

sein, was er ist, so lebt ein Geist in seinem Tun, und ist er in ein Fach gedrückt, wo gar <strong>de</strong>r Geist nicht<br />

leben darf, so stoß er’s mit Verachtung weg und lerne pflügen! Deine Deutschen aber bleiben gerne beim<br />

Notwendigsten, und darum ist bei ihnen auch so viele Stümperarbeit und so wenig Freies, Echterfreuliches.<br />

Doch #*169*#das wäre zu verschmerzen, müssten solche Menschen nur nicht fühllos sein für alles schöne<br />

Leben, ruhte+ nur nicht überall <strong>de</strong>r Fluch+ <strong>de</strong>r gottverlassnen Unnatur auf solchem Volke. –<br />

Die Tugen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Alten sei’n nur glänzen<strong>de</strong> Fehler, sagt’+ einmal, ich weiß nicht, welche böse Zunge+;<br />

und es sind doch selber ihre Fehler Tugen<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nn da noch lebt’ ein kindlicher, ein schöner Geist, und<br />

ohne Seele war von allem, was sie taten, nichts getan. Die Tugen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Deutschen aber sind ein glänzend<br />

Übel und nichts weiter; <strong>de</strong>nn Notwerk sind sie nur, aus feiger Angst, mit Sklavenmühe, <strong>de</strong>m wüsten Herzen<br />

abgedrungen, und lassen trostlos je<strong>de</strong> reine Seele, <strong>die</strong> von Schönem gern sich nährt, ach! <strong>die</strong> verwöhnt vom<br />

heiligen Zusammenklang+ in edleren Naturen, <strong>de</strong>n Misslaut+ nicht erträgt, <strong>de</strong>r schreiend+ ist in all <strong>de</strong>r<br />

toten Ordnung <strong>die</strong>ser Menschen.<br />

Ich sage+ dir: es ist nichts Heiliges, was nicht entheiligt, nicht zum ärmlichen Behelf herabgewürdigt ist bei<br />

<strong>die</strong>sem Volk, und was selbst unter Wil<strong>de</strong>n göttlich rein sich meist erhält, das treiben <strong>die</strong>se all berechnen<strong>de</strong>n<br />

Barbaren, wie man so ein Handwerk treibt, und können es nicht an<strong>de</strong>rs, <strong>de</strong>nn wo einmal ein menschlich<br />

Wesen abgerichtet ist, da <strong>die</strong>nt es seinem Zweck, da sucht es seinen Nutzen, es schwärmt nicht mehr,<br />

bewahre Gott! es bleibt gesetzt, und wenn es feiert und wenn es liebt und wenn es betet+ und selber, wenn<br />

<strong>de</strong>s Frühlings hol<strong>de</strong>s Fest, wenn <strong>die</strong> Versöhnungszeit <strong>de</strong>r Welt <strong>die</strong> Sorgen alle löst, und Unschuld zaubert<br />

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