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die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

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B.I.b. Philosophische Vorstellungen<br />

B.I.b.1. Sprache und Wirklichkeit<br />

B.I.b.1.1. Durch Sprache kann man <strong>die</strong> Wirklichkeit nicht<br />

richtig darstellen bzw. erklären<br />

So ist’s mit <strong>de</strong>inem Mädchen gewor<strong>de</strong>n, Hyperion. Frage nicht wie? erkläre <strong>die</strong>sen Tod dir nicht! Wer<br />

solch ein Schicksal zu ergrün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>nkt, <strong>de</strong>r flucht am En<strong>de</strong> sich und allem, und doch hat keine Seele<br />

Schuld daran. (Schmidt, 1994: 160)<br />

Dies schreibt Diotima in ihrem Abschiedsbrief an Hyperion. Auf seine Frage soll er eine Antwort<br />

bekommen, <strong>die</strong> ihren Tod zur Sprache bringen und erklären sollte. Aber Diotima rät Hyperion<br />

davon ab, <strong>de</strong>nn das wür<strong>de</strong> ihrer Meinung nach nicht funktionieren, er wür<strong>de</strong> sich selbst nur<br />

verfluchen.<br />

B.I.b.2. Sprache und Kommunikation<br />

B.I.b.2.1. Zwischenmenschliche Vereinigung bzw. Verbindung<br />

durch Aufhebung <strong>de</strong>r Sprache<br />

Wir hatten eine herrliche Fahrt nach Chios gemacht, hatten tausend Freu<strong>de</strong> an uns gehabt. Wie Lüftchen<br />

über <strong>die</strong> Meeresfläche, walteten über uns <strong>die</strong> freundlichen Zauber <strong>de</strong>r Natur. Mit freudigem Staunen sah einer<br />

<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>rn, ohne ein Wort zu sprechen, aber das Auge sagte, so hab’ ich dich nie gesehen! So<br />

verherrlicht waren wir von <strong>de</strong>n Kräften <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> und <strong>de</strong>s Himmels. (Schmidt, 1994: 38)<br />

Beeinflusst von <strong>de</strong>r Herrlichkeit <strong>de</strong>r Natur fühlen sich <strong>die</strong> Menschen herrlich und verstehen sich<br />

auf beson<strong>de</strong>rs tiefe Weise. Ohne Worte vermögen sie, sich Vieles zu sagen.<br />

Wir sprachen sehr wenig zusammen. Man schämt sich seiner Sprache. Zum Tone möchte man wer<strong>de</strong>n<br />

und sich vereinen in Einen Himmelsgesang.<br />

Wovon auch sollten wir sprechen? Wir sahn nur uns. Von uns zu sprechen, scheuten wir uns. (Schmidt,<br />

1994: 63)<br />

Hyperion spricht über seine himmlische und sowohl körperliche als auch vergeistigte Liebesbeziehung<br />

zu Diotima. Die normale Sprache ist in einer solchen Situation fehl am Platz. Sie vereinigen<br />

sich besser, in<strong>de</strong>m sie nicht sprechen.<br />

Eh es eines von uns bei<strong>de</strong>n wusste, gehörten wir uns an.<br />

Wenn ich so, mit allen Huldigungen <strong>de</strong>s Herzens, selig überwun<strong>de</strong>n, vor ihr stand, und schwieg, und all<br />

mein Leben sich hingab in <strong>de</strong>n Strahlen <strong>de</strong>s Augs, das sie nur sah, nur sie umfasste, und sie dann wie<strong>de</strong>r<br />

zärtlich zweifelnd mich betrachtete, und nicht wusste, wo ich war mit meinen Gedanken (Schmidt, 1994:<br />

71)<br />

Hyperion und Diotima waren so tief und innig verbun<strong>de</strong>n, dass sie <strong>die</strong> Sprache gar nicht brauchten,<br />

um sich in Liebe vereint zu fühlen.<br />

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