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die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

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Mutter <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>! rief ich, du bist zur Witwe gewor<strong>de</strong>n (Schmidt, 1992: 185)<br />

Der Wan<strong>de</strong>rer spricht hier direkt zur Mutter Er<strong>de</strong>.<br />

Viele gesellten sich ihm, da <strong>de</strong>r Priester wan<strong>de</strong>lt’ im Vorhof,<br />

aber ins Heiligtum wagten sich wenige nach. (Schmidt, 1992: 191)<br />

Der Priester ist <strong>de</strong>r Mensch, <strong>de</strong>ssen Beruf u.a. darin besteht, im Kontakt mit <strong>de</strong>r Gottheit zu bleiben,<br />

wie es hier offensichtlich <strong>de</strong>r Fall ist. Ob er dabei eine wortlose o<strong>de</strong>r wortreiche Sprache benutzt,<br />

ist belanglos.<br />

Leben! Leben <strong>de</strong>r Welt! du liegst wie ein heiliger Wald da,<br />

sprech’ ich dann (Schmidt, 1992: 196 f.)<br />

Der Dichter spricht hier direkt das Leben <strong>de</strong>r Welt – d.h. <strong>die</strong> Naturgottheit – an.<br />

Wenn <strong>de</strong>r Meister euch ängstigt,<br />

fragt <strong>die</strong> große Natur um Rat. (Schmidt, 1992: 202)<br />

Die jungen Dichter sollen sich an <strong>die</strong> Natur wen<strong>de</strong>n und sie um Rat bitten. Wenn ein Mensch auf<br />

<strong>die</strong>se Weise mit <strong>de</strong>r Natur kommunizieren kann, dann han<strong>de</strong>lt es sich unverkennbar um <strong>die</strong> heilige<br />

Sprache.<br />

Des Ganges Ufer hörten <strong>de</strong>s Freu<strong>de</strong>ngotts<br />

Triumph, als allerobernd vom Indus her<br />

<strong>de</strong>r junge Bacchus kam, mit heilgem<br />

Weine vom Schlafe <strong>die</strong> Völker weckend. (Schmidt, 1992: 206)<br />

Der Freu<strong>de</strong>ngott ist Bacchus. Er erweckte <strong>die</strong> Völker und läutete ein neues Zeitalter <strong>de</strong>r bewussten<br />

Geschichte ein. „Des Ganges Ufer“ bezieht sich hier auf <strong>die</strong> Völker, <strong>die</strong> <strong>die</strong>se Ufer bewohnten.<br />

Demnach hörten <strong>die</strong> Menschen <strong>de</strong>n Gott, also fand Kommunikation zwischen ihnen statt.<br />

B.II.b.2.5. Sprache als Vermittlung göttlicher Wahrheit<br />

An <strong>die</strong> jungen Dichter.<br />

Lieben Brü<strong>de</strong>r! es reift unsere Kunst vielleicht,<br />

da, <strong>de</strong>m Jünglinge gleich, lange sie schon gegärt,<br />

bald zur Stille <strong>de</strong>r Schönheit;<br />

seid nur fromm, wie <strong>de</strong>r Grieche war!<br />

Liebt <strong>die</strong> Götter und <strong>de</strong>nkt freundlich <strong>de</strong>r Sterblichen!<br />

Hasst <strong>de</strong>n Rausch, wie <strong>de</strong>n Frost! lehrt und beschreibet nicht! (Schmidt, 1992: 201 f.)<br />

Die „Kunst“ ist hier ein<strong>de</strong>utig <strong>die</strong> Dichtung. Zwar wird ausgesagt, dass sie zur Stille <strong>de</strong>r Schönheit<br />

reifen soll, aber auch, dass <strong>die</strong> Dichter ihre Kunst weiterhin betreiben sollen, aber ohne Belehrung<br />

o<strong>de</strong>r Beschreibung. Folglich kann das Substantiv „Stille“ hier unmöglich 'absolute<br />

Sprachlosikeit' be<strong>de</strong>uten. Entwe<strong>de</strong>r be<strong>de</strong>utet es eine mäßige Wortkargheit o<strong>de</strong>r aber eine wür<strong>de</strong>volle<br />

Geruhsamkeit, Beschaulichkeit und Gemächlichkeit, einen ungestörten leisen Frie<strong>de</strong>n. Die<br />

Sprache soll nach Empfehlung <strong>de</strong>s Dichters <strong>die</strong>sen ruhigen Stil aufweisen und von <strong>de</strong>n Göttern<br />

sprechen, um <strong>die</strong> göttliche Botschaft zu vermitteln.<br />

Aber kommt, wie <strong>de</strong>r Strahl aus <strong>de</strong>m Gewölke kommt,<br />

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