die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València
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nein, meine Diotima! es schmerzt nicht. Bewahre du dir <strong>de</strong>inen Frie<strong>de</strong>n und lass mich meinen Gang gehn.<br />
Lass dich in <strong>de</strong>iner Ruhe nicht stören, hol<strong>de</strong>r Stern! wenn unter dir es gärt und trüb ist.<br />
O lass dir <strong>de</strong>ine Rose nicht bleichen, selige Götterjugend! Lass in <strong>de</strong>n Kümmernissen <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> <strong>de</strong>ine Schöne<br />
nicht altern.<br />
[...]<br />
Wenn ein kleines Mädchen aus <strong>de</strong>m Wal<strong>de</strong> kam und einen Erdbeerstrauß mir zum Verkaufe reichte, mit einer<br />
Miene, als wollte sie ihn schenken, o<strong>de</strong>r wenn ein Bauer, wo ich vorüberging, auf seinem Kirschbaum<br />
saß und pflückte, und aus <strong>de</strong>n Zweigen herab mir rief, ob ich nicht eine Handvoll kosten möchte; das waren<br />
gute Zeichen für das abergläubische Herz! (Schmidt, 1994: 75)<br />
Das Substantiv „Ruhe“ ist hier synonym für 'Seelenfrie<strong>de</strong>n' und hat somit nichts mit Sprache zu<br />
tun. Das „Zeichen„ ist hier synonym for 'Omen'. Es gibt hier eine Botschaft und einen Empfänger,<br />
aber keinen Sen<strong>de</strong>r, weil alles auf Aberglauben beruht und somit nicht wirklich ist. Deshalb<br />
kann hier nicht von echter Kommunikation <strong>die</strong> Re<strong>de</strong> sein.<br />
Ja, ja! rief ich, wie du willst, wie du es für gut hältst – soll ich vorlesen? Deine Laute ist wohl noch gestimmt<br />
von gestern – vorzulesen hab’ ich auch gera<strong>de</strong> nichts –<br />
Du hast schon mehr, als einmal, sagte sie, versprochen, mir zu erzählen, wie du gelebt hast, ehe wir uns<br />
kannten, möchtest du jetzt nicht?<br />
Das ist wahr, erwi<strong>de</strong>rt’ ich; mein Herz warf sich gerne auf das, und ich erzählt’ ihr nun, wie dir, von Adamas<br />
und meinen einsamen Tagen in Smyrna, von Alabanda und wie ich getrennt wur<strong>de</strong> von ihm, und von<br />
<strong>de</strong>r unbegreiflichen Krankheit meines Wesens, eh ich nach Kalaurea herüberkam – nun weißt du alles,<br />
sagt’ ich zu ihr gelassen, da ich zu En<strong>de</strong> war, nun wirst du weniger dich an mir stoßen; nun wirst du sagen,<br />
setzt’ ich lächelnd hinzu, spottet <strong>die</strong>ses Vulkans nicht, wenn er hinkt, <strong>de</strong>nn ihn haben zweimal <strong>die</strong> Götter<br />
vom Himmel auf <strong>die</strong> Er<strong>de</strong> geworfen.<br />
Stille, rief sie mit erstickter Stimme, und verbarg ihre Tränen ins Tuch, o stille, und scherze über <strong>de</strong>in<br />
Schicksal, über <strong>de</strong>in Herz nicht! <strong>de</strong>nn ich versteh’ es und besser, als du.<br />
Lieber – lieber Hyperion! Dir ist wohl schwer zu helfen.<br />
Weißt du <strong>de</strong>nn, fuhr sie mit erhöhter Stimme fort, weißt du <strong>de</strong>nn, woran du darbest, (Schmidt, 1994: 76)<br />
Die Verben „rufen, sagen“ leiten <strong>die</strong> direkte Re<strong>de</strong> ein. Das Substantiv „Stimme“ bezieht sich<br />
hier lediglich auf <strong>die</strong> Lautstärke von Diotimas Worten. Das Verb „verstehen“ be<strong>de</strong>utet hier 'begreifen,<br />
auffassen' und präsupponiert keine Kommunikation.<br />
Nein, Diotima, rief ich, nein, beim Himmel, nein! So lange noch Eine Melo<strong>die</strong> mir tönt, so scheu’ ich nicht<br />
<strong>die</strong> Totenstille <strong>de</strong>r Wildnis unter <strong>de</strong>n Sternen; so lange <strong>die</strong> Sonne nur scheint und Diotima, so gibt es keine<br />
Nacht für mich.<br />
Lass allen Tugen<strong>de</strong>n <strong>die</strong> Sterbeglocke läuten! ich höre ja dich, dich, <strong>de</strong>ines Herzens Lied, du Liebe! und<br />
fin<strong>de</strong> unsterblich Leben, in<strong>de</strong>ssen alles verlischt und welkt.<br />
O Hyperion, rief sie, wie sprichst du?<br />
Ich spreche, wie ich muss. Ich kann nicht, kann nicht länger all <strong>die</strong> Seligkeit und Furcht und Sorge bergen –<br />
Diotima! – Ja du weißt es, musst es wissen, hast längst es gesehen, dass ich untergehe, wenn du nicht <strong>die</strong><br />
Hand mir reichst.<br />
Sie war betroffen, verwirrt.<br />
Und an mir, rief sie, an mir will sich Hyperion halten? ja, ich wünsch’ es, jetzt zum ersten Male wünsch’<br />
ich, mehr zu sein, <strong>de</strong>nn nur ein sterblich Mädchen. Aber ich bin dir, was ich sein kann.<br />
O so bist du ja mir Alles, rief ich!<br />
Alles? böser Heuchler! und <strong>die</strong> Menschheit, <strong>die</strong> du doch am En<strong>de</strong> einzig liebst?<br />
Die Menschheit? sagt’ ich; ich wollte, <strong>die</strong> Menschheit machte Diotima zum Losungswort und malt’ in ihre<br />
Paniere <strong>de</strong>in Bild, und spräche: heute soll das Göttliche siegen! Engel <strong>de</strong>s Himmels! das müsst’ ein Tag<br />
sein!<br />
Geh, rief sie, geh, und zeige <strong>de</strong>m Himmel <strong>de</strong>ine Verklärung! mir darf sie nicht so nahe sein. (Schmidt,<br />
1994: 77 f.)<br />
Die Verben „rufen, sagen, sprechen“ leiten hier <strong>die</strong> direkte Re<strong>de</strong> ein.<br />
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