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die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

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ein Marmorbild und #*114*#ihre Hand starb fühlbar in meiner. Alles hatt’ ich um mich her getötet, ich war<br />

einsam und mir schwin<strong>de</strong>lte vor <strong>de</strong>r grenzenlosen Stille+, wo mein überwallend Leben keinen Halt mehr<br />

fand.<br />

Ach! rief+ ich, mir ist’s brennend heiß im Herzen, und ihr steht alle so kalt, ihr Lieben! und nur <strong>die</strong> Götter<br />

<strong>de</strong>s Hauses neigen ihr Ohr+? – Diotima! – du bist stille+, du siehst nicht! – o wohl dir, dass du nicht siehst!<br />

So geh nur, seufzte sie, es muss ja sein; geh nur, du teures Herz!<br />

O süßer Ton+ aus <strong>die</strong>sen Wonnelippen+! rief+ ich, und stand wie ein Beten<strong>de</strong>r+, vor <strong>de</strong>r hol<strong>de</strong>n Statue –<br />

süßer Ton+! noch Einmal wehe mich an, noch Einmal tage, liebes Augenlicht!<br />

Re<strong>de</strong>+ so nicht, Lieber! rief+ sie, re<strong>de</strong>+ mir ernster, re<strong>de</strong>+ mit größerem Herzen mir zu!<br />

Ich wollte mich halten, aber ich war wie im Traume.<br />

Wehe! rief+ ich, das ist kein Abschied, wo man wie<strong>de</strong>rkehrt.<br />

Du wirst sie töten, rief+ Notara. Siehe, wie sanft sie ist, und du bist so außer dir.<br />

Ich sahe sie an und Tränen stürzten mir aus brennen<strong>de</strong>m Auge.<br />

So lebe <strong>de</strong>nn wohl, Diotima! rief+ ich, Himmel meiner Liebe, lebe wohl! – Lasset uns stark sein, teure<br />

Freun<strong>de</strong>! teure Mutter! ich gab dir Freu<strong>de</strong> und Leid. Lebt wohl! lebt wohl!<br />

Ich wankte fort. Diotima folgte mir allein.<br />

Es war Abend gewor<strong>de</strong>n und <strong>die</strong> Sterne gingen herauf am Himmel. Wir stan<strong>de</strong>n still+ unter <strong>de</strong>m Hause.<br />

Ewiges war in uns, über uns. Zart, wie <strong>de</strong>r Äther, umwand mich Diotima. Törichter, was ist <strong>de</strong>nn<br />

Trennung? flüsterte+ sie geheimnisvoll mir zu, mit <strong>de</strong>m Lächeln einer Unsterblichen.<br />

Es ist mir auch jetzt an<strong>de</strong>rs, sagt’+ ich, und ich weiß nicht, was von bei<strong>de</strong>n ein Traum ist, mein Lei<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r<br />

meine Freudigkeit.<br />

Bei<strong>de</strong>s ist, erwi<strong>de</strong>rte sie, und bei<strong>de</strong>s ist gut.<br />

#*115*#Vollen<strong>de</strong>te! rief+ ich, ich spreche+ wie du. Am Sternenhimmel wollen wir uns erkennen. Er sei<br />

das Zeichen+ zwischen mir und dir, solange <strong>die</strong> Lippen+ verstummen+.<br />

Das sei er! sprach+ sie mit einem langsamen nie gehörten+ Tone+ – es war ihr letzter. Im Dämmerlichte<br />

entschwand mir ihr Bild und ich weiß nicht, ob sie es wirklich war, da ich zum letzten Male mich<br />

umwandt’ und <strong>die</strong> erlöschen<strong>de</strong> Gestalt noch einen Augenblick vor meinem Auge zückte und dann in <strong>die</strong><br />

Nacht verschied.<br />

HYPERION AN BELLARMIN<br />

Warum erzähl’+ ich dir und wie<strong>de</strong>rhole mein Lei<strong>de</strong>n und rege <strong>die</strong> ruhelose Jugend wie<strong>de</strong>r auf in mir? Ist’s<br />

nicht genug, Einmal das Sterbliche durchwan<strong>de</strong>rt zu haben? warum bleib’ ich im Frie<strong>de</strong>n meines Geistes<br />

nicht stille+?<br />

Darum, mein Bellarmin! weil je<strong>de</strong>r Atemzug <strong>de</strong>s Lebens unserm Herzen wert bleibt, weil alle<br />

Verwandlungen <strong>de</strong>r reinen Natur auch mit zu ihrer Schöne gehören. Unsre Seele, wenn sie <strong>die</strong> sterblichen<br />

Erfahrungen ablegt und allein nur lebt in heiliger Ruhe+, ist sie nicht, wie ein unbelaubter Baum? wie ein<br />

Haupt ohne Locken? Lieber Bellarmin! ich habe eine Weile geruht+; wie ein Kind, hab’ ich unter <strong>de</strong>n<br />

stillen+ Hügeln von Salamis gelebt, vergessen <strong>de</strong>s Schicksals und <strong>de</strong>s Strebens <strong>de</strong>r Menschen. Seit<strong>de</strong>m ist<br />

manches an<strong>de</strong>rs in meinem Auge gewor<strong>de</strong>n, und ich habe nun so viel Frie<strong>de</strong>n in mir, um ruhig+ zu bleiben,<br />

bei je<strong>de</strong>m Blick ins menschliche Leben. O Freund! am En<strong>de</strong> söhnet <strong>de</strong>r Geist mit allem uns aus. Du wirst’s<br />

nicht glauben, wenigstens von mir nicht. Aber ich meine, du solltest sogar meinen Briefen es ansehn, wie<br />

meine Seele täglich stiller+ wird und stiller+. Und ich will künftig noch so viel davon sagen+, bis du es<br />

glaubst.<br />

Hier sind Briefe von Diotima und mir, <strong>die</strong> wir uns nach meinem Abschied von Kalaurea geschrieben+. Sie<br />

sind das Liebste, was ich dir vertraue+. Sie sind das wärmste Bild aus #*116*#jenen Tagen meines Lebens.<br />

Vom Kriegslärm sagen+ sie dir wenig. Desto mehr von meinem eigneren Leben und das ist’s ja, was du<br />

willst. Ach und du musst auch sehen, wie geliebt ich war. Das konnt’ ich nie dir sagen+, das sagt+ Diotima<br />

nur.<br />

HYPERION AN DIOTIMA<br />

Ich bin erwacht aus <strong>de</strong>m To<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Abschieds, meine Diotima! gestärkt, wie aus <strong>de</strong>m Schlafe, richtet mein<br />

Geist sich auf.<br />

Ich schreibe+ dir von einer Spitze <strong>de</strong>r Epidaurischen Berge. Da dämmert fern in <strong>de</strong>r Tiefe <strong>de</strong>ine Insel,<br />

Diotima! und dorthinaus mein Stadium, wo ich siegen o<strong>de</strong>r fallen muss. O Peloponnes! o ihr Quellen <strong>de</strong>s<br />

Eurotas und Alpheus! Da wird es gelten! Aus <strong>de</strong>n spartanischen Wäl<strong>de</strong>rn, da wird, wie ein Adler, <strong>de</strong>r alte<br />

Lan<strong>de</strong>sgenius stürzen mit unsrem Heere, wie mit rauschen<strong>de</strong>n Fittichen.<br />

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