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die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

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unsers ist noch unverletzt in mir. Sollt’ ich nun hingehn und auch <strong>die</strong>s begraben? Soll ich ruhelos und ohne<br />

Ziel hinaus, von einer Frem<strong>de</strong> in <strong>die</strong> andre? Hab’ ich darum lieben gelernt?<br />

O nein! du Erste und du Letzte! Mein warst du, du wirst <strong>die</strong> Meine bleiben.<br />

HYPERION AN BELLARMIN<br />

Ich saß mit Alabanda auf einem Hügel <strong>de</strong>r Gegend, in lieblich wärmen<strong>de</strong>r Sonn’, und um uns spielte <strong>de</strong>r<br />

Wind mit abgefallenem Laube. Das Land war stumm+; nur hie und da ertönt’+ im Wald ein stürzen<strong>de</strong>r<br />

Baum, vom Landmann gefällt, und neben uns murmelte+ <strong>de</strong>r vergängliche Regenbach hinab ins ruhige+<br />

Meer.<br />

Ich war so ziemlich sorglos; ich hoffte, nun meine Diotima bald zu sehn, nun bald mit ihr in stillem+<br />

Glücke zu leben. Alabanda hatte <strong>die</strong> Zweifel alle mir ausgere<strong>de</strong>t+; so #*149*#sicher war er selbst hierüber.<br />

Auch er war heiter; nur in andrem Sinne. Die Zukunft hatte keine Macht mehr über ihn. O ich wusst’ es<br />

nicht; er war am En<strong>de</strong> seiner Freu<strong>de</strong>n, sah mit allen seinen Rechten an <strong>die</strong> Welt, mit seiner ganzen<br />

siegrischen Natur sich unnütz, wirkungslos und einsam, und das ließ er so geschehn, als wär’ ein Zeit<br />

verkürzend Spiel verloren.<br />

Jetzt kam ein Bote auf uns zu. Er bracht’ uns <strong>die</strong> Entlassung aus <strong>de</strong>m Kriegs<strong>die</strong>nst, um <strong>die</strong> wir bei<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>r<br />

russischen Flotte gebeten, weil für uns nichts mehr zu tun war, was <strong>de</strong>r Mühe wert schien. Ich konnte nun<br />

Paros verlassen, wenn ich wollte. Auch war ich nun zur Reise gesund genug. Ich wollte nicht auf Diotimas<br />

Antwort+ warten, wollte fort zu ihr, es war, als wenn ein Gott nach Kalaurea mich triebe. Wie das<br />

Alabanda von mir hörte+, verän<strong>de</strong>rte sich seine Farbe und er sah wehmütig mich an. So leicht wird’s<br />

meinem Hyperion, rief+ er, seinen Alabanda zu verlassen?<br />

Verlassen? sagt’+ ich, wie <strong>de</strong>nn das?<br />

O über euch Träumer! rief+ er, siehest du <strong>de</strong>nn nicht, dass wir uns trennen müssen?<br />

Wie sollt’ ich’s sehen? erwi<strong>de</strong>rt’ ich; du sagst+ ja nichts davon; und was mir hie und da erschien an dir, das<br />

wie auf einen Abschied <strong>de</strong>utete+, das nahm ich gerne für Laune, für Herzensüberfluss –<br />

O ich kenn’ es, rief+ er, <strong>die</strong>ses Götterspiel <strong>de</strong>r reichen Liebe, <strong>die</strong> sich selber Not schafft, um sich ihrer Fülle<br />

zu entla<strong>de</strong>n und ich wollt’, es wäre so mit mir, du Guter! aber hier ist’s Ernst!<br />

Ernst? rief+ ich, und warum <strong>de</strong>nn?<br />

Darum, mein Hyperion, sagt’+ er sanft, weil ich <strong>de</strong>in künftig Glück nicht gerne stören möchte, weil ich<br />

Diotimas Nähe fürchten muss. Glaube mir, es ist gewagt, um Lieben<strong>de</strong> zu leben, und ein tatlos Herz, wie<br />

meines nun ist, hält es schwerlich aus.<br />

Ach guter Alabanda! sagt’+ ich lächelnd, wie misskennst du dich! Du bist so wächsern nicht und <strong>de</strong>ine<br />

feste Seele #*150*#springt so leicht nicht über ihre Grenzen. Zum ersten Mal in <strong>de</strong>inem Leben bist du<br />

grillenhaft. Du machtest hier bei mir <strong>de</strong>n Krankenwärter und man sieht, wie wenig du dazu geboren bist.<br />

Das Stillesitzen hat dich scheu gemacht –<br />

Siehst du? rief+ er, das ist’s eben. Werd’ ich tätiger leben mit euch? und wenn es eine Andre wäre! aber<br />

<strong>die</strong>se Diotima! kann ich an<strong>de</strong>rs? kann ich sie mit halber Seele fühlen? sie, <strong>die</strong> um und um so innig Eines ist,<br />

Ein göttlich ungeteiltes Leben? Glaube mir, es ist ein kindischer Versuch, <strong>die</strong>s Wesen sehn zu wollen ohne<br />

Liebe. Du blickst mich an, als kenntest du mich nicht? Bin ich doch selbst mir fremd gewor<strong>de</strong>n, <strong>die</strong>se<br />

letzten Tage, seit ihr Wesen so lebendig ist in mir.<br />

O warum kann ich sie dir nicht schenken? rief+ ich.<br />

Lass das! sagt’+ er. Tröste mich nicht, <strong>de</strong>nn hier ist nichts zu trösten. Ich bin einsam, einsam, und mein<br />

Leben geht, wie eine Sanduhr, aus.<br />

Große Seele! rief+ ich, muss es dahin mit dir kommen?<br />

Sei zufrie<strong>de</strong>n! sagt’+ er. Ich fing schon an zu welken, da wir in Smyrna uns fan<strong>de</strong>n. Ja! da ich noch ein<br />

Schiffsjung war und stark und schnell <strong>de</strong>r Geist und alle Glie<strong>de</strong>r mir wur<strong>de</strong>n bei rauer Kost, in mutiger<br />

Arbeit! Wenn ich da in heiterer Luft nach einer Sturmnacht oben am Gipfel <strong>de</strong>s Masts hing, unter <strong>de</strong>r<br />

wehen<strong>de</strong>n Flagge, und <strong>de</strong>m Seegevögel nach hinaussah über <strong>die</strong> glänzen<strong>de</strong> Tiefe, wenn in <strong>de</strong>r Schlacht oft<br />

unsre zornigen Schiffe <strong>die</strong> See durchwühlten, wie <strong>de</strong>r Zahn <strong>de</strong>s Ebers <strong>die</strong> Erd’ und ich an meines<br />

Hauptmanns Seite stand mit hellem Blick – da lebt’ ich, o da lebt’ ich! Und lange nachher, da <strong>de</strong>r junge<br />

Tiniote mir nun am Smyrner Stran<strong>de</strong> begegnete, mit seinem Ernste, seiner Liebe, und meine verhärtete<br />

Seele wie<strong>de</strong>r aufgetaut war von <strong>de</strong>n Blicken <strong>de</strong>s Jünglings und lieben lernt’ und heilig halten alles, was zu<br />

gut ist, um beherrscht zu wer<strong>de</strong>n, da ich mit ihm ein neues Leben begann, und neue seelenvollere Kräfte<br />

mir keimten zum Genusse <strong>de</strong>r Welt und zum Kampfe mit ihr, da hofft’ ich wie<strong>de</strong>r – ach! und alles was ich<br />

hofft’ und hatte, war an dich gekettet; ich riss dich an mich, wollte #*151*#mit Gewalt dich in mein<br />

Schicksal ziehn, verlor dich, fand dich wie<strong>de</strong>r, unsre Freundschaft nur war meine Welt, mein Wert, mein<br />

Ruhm; nun ist’s auch damit aus, auf immer und all mein Dasein ist vergebens.<br />

Ist <strong>de</strong>nn das wahr? erwi<strong>de</strong>rt’ ich mit Seufzen.<br />

Wahr, wie <strong>die</strong> Sonne, rief+ er, aber lass das gut sein! es ist für alles gesorgt.<br />

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