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die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

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Die Beziehung zwischen Diotima und Hyperion ist ganz beson<strong>de</strong>rs, weil sie einan<strong>de</strong>r sehr tief<br />

aus <strong>de</strong>r Seele sprechen. Das tiefe Gesprächsthema ist <strong>die</strong>smal <strong>die</strong> Zusammengehörigkeit von<br />

Gottheit, Schönheit, Kunst, Natur und Mensch.<br />

Re<strong>de</strong> so nicht, Lieber! rief sie, re<strong>de</strong> mir ernster, re<strong>de</strong> mit größerem Herzen mir zu! (Schmidt, 1994: 114)<br />

Hyperion verabschie<strong>de</strong>t sich gera<strong>de</strong> von Diotima und zieht in <strong>de</strong>n Krieg. Da ta<strong>de</strong>lt sie ihn, weil<br />

er leichtfertig Banales gesprochen hat. Dies präsupponiert, dass Diotima meint, dass <strong>die</strong> Sprache,<br />

<strong>die</strong> sich für <strong>die</strong> bei<strong>de</strong>n in <strong>die</strong>ser Situation gehört, eine ernste und gefühlsmäßig tiefe Sprache ist,<br />

<strong>die</strong> ihre Seelen miteinan<strong>de</strong>r in Verbindung setzten kann.<br />

Vollen<strong>de</strong>te! rief ich, ich spreche wie du. Am Sternenhimmel wollen wir uns erkennen. Er sei das Zeichen<br />

zwischen mir und dir, solange <strong>die</strong> Lippen verstummen.<br />

Das sei er! sprach sie mit einem langsamen nie gehörten Tone. (Schmidt, 1994: 115)<br />

Hyperion und Diotima erklären sich <strong>die</strong> höchste Liebe. Die Natur soll ihnen als Kommunikationsmittel<br />

<strong>die</strong>nen. Es han<strong>de</strong>lt sich ein<strong>de</strong>utig um <strong>die</strong> heilige Sprache, <strong>die</strong> sowohl <strong>die</strong> Menschen als<br />

auch <strong>die</strong> Natur vereinigt.<br />

oft seh’ ich sie, wie eine Katarakte, dort herunterwogen durch <strong>die</strong> Epidaurischen Wäl<strong>de</strong>r und ihre Waffen<br />

fernher glänzen im Sonnenlichte, das, wie ein Herold, sie geleitet, o mein Hyperion! und du kommst geschwin<strong>de</strong><br />

nach Kalaurea herüber und grüßest <strong>die</strong> stillen Wäl<strong>de</strong>r unserer Liebe, grüßest mich (Schmidt,<br />

1994: 129)<br />

Diotima schreibt <strong>die</strong>s an Hyperion, <strong>de</strong>r sich gera<strong>de</strong> an <strong>de</strong>r Kriegsfront befin<strong>de</strong>t. Sie sieht ihn in<br />

ihrer Fantasie kommen. Wenn er <strong>die</strong> Natur grüßt, benutzt er <strong>die</strong> heilige Sprache. Auf <strong>die</strong>selbe<br />

Weise grüßt er Diotima, und <strong>de</strong>r Parallelismus legt nahe, dass es sich auch um <strong>die</strong> heilige Sprache<br />

han<strong>de</strong>lt, zumal <strong>de</strong>r Leser schon weiß, welch tiefe Beziehung <strong>die</strong> bei<strong>de</strong>n Lieben<strong>de</strong>n verbin<strong>de</strong>t.<br />

Große Seele! du wirst dich fin<strong>de</strong>n können in <strong>die</strong>sen Abschied und so lass mich wan<strong>de</strong>rn! Grüße <strong>de</strong>ine Mutter!<br />

Grüße Notara und <strong>die</strong> an<strong>de</strong>rn Freun<strong>de</strong>!<br />

Auch <strong>die</strong> Bäume grüße, wo ich dir zum ersten Male begegnete und <strong>die</strong> fröhlichen Bäche, wo wir gingen<br />

und <strong>die</strong> schönen Gärten von Angele (Schmidt, 1994: 136)<br />

Hyperion glaubt, er wird bald sterben und verabschie<strong>de</strong>t sich von Diotima in einem Brief. Er<br />

lässt <strong>die</strong> Familie und Freun<strong>de</strong> grüßen, genauso wie <strong>die</strong> Bäume, Bäche und Gärten auch. Es han<strong>de</strong>lt<br />

sich um <strong>die</strong> heilige Sprache, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Menschen auf tiefe Weise miteinan<strong>de</strong>r verbin<strong>de</strong>t, genauso<br />

wie mit <strong>de</strong>r Natur.<br />

Aber o süße Stimme! noch hört’ ich dich wie<strong>de</strong>r, noch einmal rührte, wie Mailuft, mich <strong>die</strong> Sprache <strong>de</strong>s<br />

Lieben, und <strong>de</strong>ine schöne Hoffnungsfreu<strong>de</strong>, das hol<strong>de</strong> Phantom unsers künftigen Glücks, hat einen Augenblick<br />

auch mich getäuscht. (Schmidt, 1994: 158)<br />

Diotima stirbt an <strong>de</strong>r Trauer, ihren Geliebten tot geglaubt zu haben. Als sie erfährt, dass er <strong>de</strong>n<br />

Krieg überlebt hat und zu ihr zurück will, schreibt sie <strong>die</strong>se Worte an ihn. Es han<strong>de</strong>lt sich um <strong>die</strong><br />

heilige Sprache <strong>de</strong>r Liebe, weil sie mit <strong>de</strong>r Mailuft verglichen wird, und weil durch sie <strong>die</strong> intimste<br />

Kommunikation zwischen <strong>de</strong>n Menschen stattfin<strong>de</strong>t.<br />

Es ist alles vorbei; und wenn ich gleich auch weinen könnte, schöne Gottheit, wie du um Adonis einst geweint,<br />

doch kehrt mir meine Diotima nicht wie<strong>de</strong>r und meines Herzens Wort hat seine Kraft verloren, <strong>de</strong>nn<br />

es hören mich <strong>die</strong> Lüfte nur. (Schmidt, 1994: 165)<br />

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