22.11.2013 Aufrufe

die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

zücken und im Schmerz, wenn ich <strong>de</strong>n Tod <strong>de</strong>r Freu<strong>de</strong> über sie und <strong>de</strong>n Tod <strong>de</strong>r Trauer um sie nicht sterben<br />

soll. (Schmidt, 1994: 69)<br />

Wenn Hyperion seine vergangene Geschichte mit Diotima zur Sprache bringt, lebt <strong>die</strong> Erinnerung<br />

in ihm auf, was zur Folge hat, dass seine Gefühle ihn überwältigen, so dass er bald aufhören<br />

und schweigen muss. Es kostet ihn viel Kraft und Überwindung, sich mit seinem eigenen zutiefst<br />

tragischen Schicksal auseinan<strong>de</strong>rzusetzen.<br />

Bald, da du fort warst, und noch in <strong>de</strong>n Tagen <strong>de</strong>s Abschieds fing es an. Eine Kraft im Geiste, vor <strong>de</strong>r ich<br />

erschrak, ein innres Leben, vor <strong>de</strong>m das Leben <strong>de</strong>r Erd’ erblasst’ und schwand, wie Nachtlampen im Morgenrot<br />

– soll ich’s sagen? ich hätte mögen nach Delphi gehn und <strong>de</strong>m Gott <strong>de</strong>r Begeisterung einen Tempel<br />

bauen unter <strong>de</strong>n Felsen <strong>de</strong>s alten Parnass, und, eine neue Pythia, <strong>die</strong> schlaffen Völker mit Göttersprüchen<br />

entzün<strong>de</strong>n, und meine Seele weiß, <strong>de</strong>n Gottverlassnen allen hätte <strong>de</strong>r jungfräuliche Mund <strong>die</strong> Augen geöffnet<br />

und <strong>die</strong> dumpfen Stirnen entfaltet, so mächtig war <strong>de</strong>r Geist <strong>de</strong>s Lebens in mir! (Schmidt, 1994: 159)<br />

Dies schreibt Diotima in ihrem letzten Brief an Hyperion. Sie fragt sich, ob sie <strong>die</strong>s erzählen soll,<br />

weil es ein Geständnis ist, das sie Mühe kostet.<br />

B.II.a.3.2. Durch Sprache können <strong>die</strong> Menschen Gefühle<br />

ausdrücken und austauschen<br />

Lieber Bellarmin! ich hätte Lust, so pünktlich dir, wie Nestor, zu erzählen; ich ziehe durch <strong>die</strong> Vergangenheit,<br />

wie ein Ährenleser über <strong>die</strong> Stoppeläcker, wenn <strong>de</strong>r Herr <strong>de</strong>s Lands geerntet hat; da liest man je<strong>de</strong>n<br />

Strohhalm auf. (Schmidt, 1994: 22)<br />

Hyperion erzählt davon, wie schön <strong>die</strong> Zeit mit seinem Lehrer und Mentor Adamas war, und wie<br />

glücklich er selbst dabei war.<br />

Sprach ich einmal auch vom alten Griechenland ein warmes Wort, so gähnten sie (Schmidt, 1994: 30)<br />

Wenn das Wort warm ist, dann wird präsupponiert, dass es voller Gefühl ist. Gefühle kann man<br />

vermitteln, auch wenn sie nicht verstan<strong>de</strong>n bzw. nicht akzeptiert wer<strong>de</strong>n.<br />

Ich habe meine Lust an <strong>de</strong>r Zukunft, begann er endlich wie<strong>de</strong>r, und fasste feurig meine bei<strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>. Gott<br />

sei Dank! ich wer<strong>de</strong> kein gemeines En<strong>de</strong> nehmen. Glücklich sein, heißt schläfrig sein im Mun<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

Knechte. Glücklich sein! mir ist, als hätt’ ich Brei und laues Wasser auf <strong>de</strong>r Zunge, wenn ihr mir sprecht<br />

von glücklich sein. So albern und so heillos ist das alles, wofür ihr hingebt eure Lorbeerkronen, eure Unsterblichkeit.<br />

(Schmidt, 1994: 37)<br />

Alabanda kritisiert hier <strong>die</strong> Albernheit und Heillosigkeit unterwürfiger Menschen. Der „Mund“<br />

wird hier als Sprechorgan aufgefasst. Wenn <strong>die</strong> untertänigen Menschen vom Glück sprechen,<br />

dann haben sie <strong>die</strong>ses Wort im Mund. Alabanda ist mit ihrer Vorstellung <strong>de</strong>s Glücks gar nicht<br />

einverstan<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>swegen ist <strong>die</strong> Sprache hier kein Spiegelbild <strong>de</strong>r Wirklichkeit, son<strong>de</strong>rn nur Vermittlungsmittel<br />

<strong>de</strong>r Gefühle untertäniger Menschen.<br />

und Alabanda mir vertraute, wie er oft ein Kind sei und sich <strong>de</strong>nke, dass wir einst in Einem Schlachttal<br />

fallen und zusammen ruhen wer<strong>de</strong>n unter Einem Baum (Schmidt, 1994: 44)<br />

Das Verb „vertrauen“ be<strong>de</strong>utet hier 'von Intimem sprechen'.<br />

138

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!