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die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

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Und 'himmlisch' ist auch wie<strong>de</strong>rum synonym für 'göttlich', wie es auch da selbst heißt:<br />

das Göttlichste an ihr war, <strong>die</strong>se Ruhe, <strong>die</strong>se himmlische Genügsamkeit. (Schmidt, 1994: 188, 13)<br />

Diese heilige Sprache kann sowohl gesprochen und gesungen als auch geschrieben wer<strong>de</strong>n. Ein<br />

Beispiel für <strong>die</strong> gesprochene heilige Sprache befin<strong>de</strong>t sich im Hyperion:<br />

<strong>die</strong> an<strong>de</strong>rn guten kindischen Griechen, <strong>die</strong> mit einem lustigen Tanze und einem heiligen Märchen sich trösten<br />

(Schmidt, 1994: 99, 24)<br />

Im Empedokles befin<strong>de</strong>t sich ein Beispiel für <strong>die</strong> gesungene heilige Sprache:<br />

vom Freu<strong>de</strong>ngesang / [...] geheiligt. (Schmidt, 1994: 315, 20)<br />

Und in Patmos ist ein Beispiel für <strong>die</strong> geschriebene heilige Sprache:<br />

Denn noch lebt Christus. / Es sind aber <strong>die</strong> Hel<strong>de</strong>n, seine Söhne / gekommen all und heilige Schriften.<br />

(Schmidt, 1992a: 356, 205)<br />

Höl<strong>de</strong>rlin hält auch <strong>die</strong>se Art Sprache für heilig, weil sie eine erhabene Funktion erfüllt. So in<br />

<strong>de</strong>n nächsten drei Stellen aus <strong>de</strong>m Fragment von Hyperion:<br />

Wir sangen heilige Gesänge [...] und aller Augen gingen über vom Gefühle <strong>die</strong>ser Verwandtschaft und<br />

Unsterblichkeit. (Schmidt, 1994: 195, 4)<br />

Diese heilige Sprache kann <strong>de</strong>mnach bewirken, dass so ein tiefes Gefühl vermittelt wird. Es ist<br />

also kein Wun<strong>de</strong>r, dass so eine Sprache für Höl<strong>de</strong>rlin das Attribut 'heilig' ver<strong>die</strong>nte.<br />

Melite sprach manch himmlisches Wort, kunstlos, ohne alle Absicht, in lauterer heiliger Einfalt. (Schmidt,<br />

1994: 183, 1)<br />

Winfried Kudszus schreibt zu <strong>die</strong>ser Stelle, dass Melitens Sprache <strong>die</strong> Attribute höchster Kunst<br />

besitzt, gera<strong>de</strong> weil sie spontan und ungekünstelt (= „kunstlos“) ist. Er meint, dass <strong>die</strong>se „himmlischen“,<br />

„lauteren“, „heiligen“ Worte eine Sprache bil<strong>de</strong>n, <strong>die</strong> nach Höl<strong>de</strong>rlins eigener Meinung<br />

einem Dichter angemessen wäre. 174<br />

Man sprach endlich auch von so manchen Wun<strong>de</strong>rn griechischer Freundschaft, von <strong>de</strong>n Dioskuren.<br />

[...] Wir sollten davon nicht sprechen, rief ich.<br />

Solche Herrlichkeit zernichtet uns Arme. Freilich waren es gol<strong>de</strong>ne Tage, [...] und himmlische Gesänge,<br />

und ewige Worte <strong>de</strong>r Weisheit. (Schmidt, 1994: 183, 11)<br />

Man kann folglich bei Höl<strong>de</strong>rlin – in Anlehnung an seine Differenzierung <strong>de</strong>r „zwei I<strong>de</strong>ale unseres<br />

Daseins“ 175 – neben <strong>de</strong>r gemeinen, alltäglichen, materialistischen, typisch „<strong>de</strong>utschen“ 176 , unpoetischen,<br />

in <strong>die</strong>sem Sinn unheiligen Sprache zwei Sorten heiliger Sprachen unterschei<strong>de</strong>n: <strong>die</strong><br />

alltägliche <strong>de</strong>r einfachen Leute, welche <strong>de</strong>r tiefen zwischenmenschlichen Kommunikation <strong>die</strong>nt<br />

– wie z.B. <strong>die</strong> Melitens – und <strong>die</strong> <strong>de</strong>r altgriechischen Gesänge, welche noch göttlicher und<br />

himmlischer sind, weil sie so viel Weisheit enthalten, und weil sie <strong>de</strong>n Menschen so sehr mit <strong>de</strong>r<br />

Weisheit und mit <strong>de</strong>m Bewusstsein <strong>de</strong>s Alls vertraut machen.<br />

174<br />

Kudszus, 1969: 76.<br />

175<br />

In <strong>de</strong>r Vorre<strong>de</strong> zum Fragment von Hyperion. (Schmidt, 1994: 177, 1).<br />

176<br />

In <strong>de</strong>r so genannten „Scheltre<strong>de</strong> auf <strong>die</strong> Deutschen“ im Hyperion. (Schmidt 1994: 168 f.) u. (Schmidt, 1994: 1068<br />

ff.).<br />

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