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die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

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Das Substantiv „Ruhe“ be<strong>de</strong>utet hier 'Frie<strong>de</strong>n' und hat nichts mit <strong>de</strong>r Sprache zu tun.<br />

Da will <strong>die</strong> Eule <strong>die</strong> jungen Adler aus <strong>de</strong>m Neste jagen, will ihnen <strong>de</strong>n Weg zur Sonne weisen!<br />

Verzeih mir, Geist meines Adamas!<br />

[...]<br />

O dass nur du mir ewig gegenwärtig wärest, mit allem, was dir verwandt ist, trauren<strong>de</strong>r Halbgott, <strong>de</strong>n ich<br />

meine! Wen du umgibst, mit <strong>de</strong>iner Ruhe und Stärke, Sieger und Kämpfer, wem du begegnest mit <strong>de</strong>iner<br />

Liebe und Weisheit, <strong>de</strong>r fliehe, o<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>, wie du! Unedles und Schwaches besteht nicht neben dir.<br />

[...]<br />

Er hatt’ an seinem Stoffe, <strong>de</strong>r sogenannten kultivierten Welt, lange genug Geduld und Kunst geübt, aber<br />

sein Stoff war Stein und Holz gewesen und geblieben, nahm wohl zur Not <strong>die</strong> edle Menschenform von außen<br />

an, aber um <strong>die</strong>s war’s meinem Adamas nicht zu tun; er wollte Menschen, und, um <strong>die</strong>se zu schaffen,<br />

hatt’ er seine Kunst zu arm gefun<strong>de</strong>n. Sie waren einmal da gewesen, <strong>die</strong> er suchte, <strong>die</strong> zu schaffen, seine<br />

Kunst zu arm war, das erkannt’ er <strong>de</strong>utlich. (Schmidt, 1994: 20 f.)<br />

Das Substantiv „Kunst“ be<strong>de</strong>utet hier mal 'psychologische Geschicklichkeit', mal 'Wissen, Gelehrtheit'<br />

und hat keinen direkten Bezug auf <strong>die</strong> Sprache. Die „Ruhe“ ist hier synonym für 'Gelassenheit,<br />

Frie<strong>de</strong>n' und hat mit <strong>de</strong>r Sprache auch nichts zu tun. Das Verb „weisen“ be<strong>de</strong>utet hier<br />

'zeigen'.<br />

Noch seh’ ich ihn vor mich treten in lächeln<strong>de</strong>r Betrachtung, noch hör’ ich seinen Gruß und seine Fragen.<br />

Wie eine Pflanze, wenn ihr Frie<strong>de</strong> <strong>de</strong>n streben<strong>de</strong>n Geist besänftigt, und <strong>die</strong> einfältige Genügsamkeit wie<strong>de</strong>rkehrt<br />

in <strong>die</strong> Seele – so stand er vor mir.<br />

[...]<br />

Wie unvermögend ist doch <strong>de</strong>r gutwilligste Fleiß <strong>de</strong>r Menschen gegen <strong>die</strong> Allmacht <strong>de</strong>r ungeteilten Begeisterung.<br />

Sie weilt nicht auf <strong>de</strong>r Oberfläche, fasst nicht da und dort uns an, braucht keiner Zeit und keines Mittels;<br />

Gebot und Zwang und Überredung braucht sie nicht; auf allen Seiten, in allen Tiefen und Höhen ergreift sie<br />

im Augenblick uns, und wan<strong>de</strong>lt, ehe sie da ist für uns, ehe wir fragen, wie uns geschiehet, durch und<br />

durch in ihre Schönheit, ihre Seligkeit uns um.<br />

[...]<br />

Bald führte mein Adamas in <strong>die</strong> Heroenwelt <strong>de</strong>s Plutarch, bald in das Zauberland <strong>de</strong>r griechischen Götter<br />

mich ein, bald ordnet’ und beruhigt’ er mit Zahl und Maß das jugendliche Treiben, bald stieg er auf <strong>die</strong><br />

Berge mit mir; <strong>de</strong>s Tags, um <strong>die</strong> Blumen <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> und <strong>de</strong>s Walds und <strong>die</strong> wil<strong>de</strong>n Moose <strong>de</strong>s Felsen, <strong>de</strong>s<br />

Nachts, um über uns <strong>die</strong> heiligen Sterne zu schauen, und nach menschlicher Weise zu verstehen. (Schmidt,<br />

1994: 21)<br />

In <strong>de</strong>r Wendung „wir fragen, wie uns geschiehet“, versteht man, dass je<strong>de</strong>r sich selbst fragt, ohne<br />

Worte, ohne eigentliche Kommunikation mit an<strong>de</strong>ren. Hier be<strong>de</strong>utet „hören“ einfach nur 'akustisch<br />

wahrnehmen'. Der Ausdruck „nach menschlicher Weise verstehen“ be<strong>de</strong>utet 'wissenschaftlich<br />

untersuchen' im Gegensatz zu einem intuitiven, emotionalen und mystischen Verständnis <strong>de</strong>r<br />

Naturphänomene. Für <strong>die</strong> Wissenschaft ist <strong>die</strong> Natur kein Gesprächspartner, son<strong>de</strong>rn ein<br />

Forschungsobjekt.<br />

Aber dreifach fühlt’ ich ihn und mich, wenn wir, wie Manen aus vergangner Zeit, mit Stolz und Freu<strong>de</strong>, mit<br />

Zürnen und Trauern an <strong>de</strong>n Athos hinauf und von da hinüberschifften in <strong>de</strong>n Hellespont und dann hinab an<br />

<strong>die</strong> Ufer von Rhodus und <strong>die</strong> Bergschlün<strong>de</strong> von Tänarum, durch <strong>die</strong> stillen Inseln alle, wenn da <strong>die</strong> Sehnsucht<br />

über <strong>die</strong> Küsten hinein uns trieb, ins düstre Herz <strong>de</strong>s alten Peloponnes, an <strong>die</strong> einsamen Gesta<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />

Eurotas, ach! <strong>die</strong> ausgestorbnen Tale von Elis und Nemea und Olympia, wenn wir da, an eine Tempelsäule<br />

<strong>de</strong>s vergessnen Jupiters gelehnt, umfangen von Lorbeerrosen und Immergrün, ins wil<strong>de</strong> Flussbett sahn<br />

[...]<br />

in<strong>de</strong>s mein Adamas <strong>die</strong> Landschaft zeichnete, wie sie freundlich tröstend <strong>de</strong>n Ruin umgab, <strong>de</strong>n Weizenhügel,<br />

<strong>die</strong> Oliven, <strong>die</strong> Ziegenher<strong>de</strong>, <strong>die</strong> am Felsen <strong>de</strong>s Gebirgs hing, <strong>de</strong>n Ulmenwald, <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>n Gipfeln in<br />

das Tal sich stürzte; und <strong>die</strong> Lacerte spielte zu unsern Füßen, und <strong>die</strong> Fliegen umsummten uns in <strong>de</strong>r Stille<br />

<strong>de</strong>s Mittags (Schmidt, 1994: 22)<br />

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