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die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

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A. Irrelevanter Gebrauch <strong>de</strong>r Wörter<br />

Ich verspräche gerne <strong>die</strong>sem Buche <strong>die</strong> Liebe <strong>de</strong>r Deutschen. (Schmidt, 1994: 13)<br />

Das „Buch“ ist hier ein Objekt aus Papier und Tinte, das Werk <strong>de</strong>s Mo<strong>de</strong>llautors, eine Marktware.<br />

Wohl <strong>de</strong>m Manne, <strong>de</strong>m ein blühend Vaterland das Herz erfreut und stärkt! Mir ist, als würd’ ich in <strong>de</strong>n<br />

Sumpf geworfen, als schlüge man <strong>de</strong>n Sarg<strong>de</strong>ckel über mir zu, wenn einer an das Meinige mich mahnt, und<br />

wenn mich einer einen Griechen nennt, so wird mir immer, als schnürt’ er mit <strong>de</strong>m Halsband eines Hun<strong>de</strong>s<br />

mir <strong>die</strong> Kehle zu. (Schmidt, 1994: 14)<br />

Die „Kehle“ kann als Sprechorgan o<strong>de</strong>r aber Atmungsorgan aufgefasst wer<strong>de</strong>n. Die zweite Möglichkeit<br />

ist hier <strong>de</strong>r Fall.<br />

<strong>die</strong> taten dann sich gütlich, ließen sich beigehn, mir zu sagen: klage nicht, handle!<br />

O hätt’ ich doch nie gehan<strong>de</strong>lt! um wie manche Hoffnung wär ich reicher! –<br />

Ja, vergiss nur, dass es Menschen gibt, darben<strong>de</strong>s, angefochtenes, tausendfach geärgertes Herz! und kehre<br />

wie<strong>de</strong>r dahin, wo du ausgingst, in <strong>die</strong> Arme <strong>de</strong>r Natur, <strong>de</strong>r wan<strong>de</strong>llosen, stillen und schönen. (Schmidt,<br />

1994: 15)<br />

Das Verb „sagen“ leitet hier <strong>die</strong> direkte Re<strong>de</strong> ein. Das Adjektiv „still“ be<strong>de</strong>utet hier 'friedlich'<br />

und hat mit <strong>de</strong>r Sprachauffasung nichts zu tun.<br />

Eines zu sein mit Allem, was lebt, in seliger Selbstvergessenheit wie<strong>de</strong>rzukehren ins All <strong>de</strong>r Natur, das ist<br />

<strong>de</strong>r Gipfel <strong>de</strong>r Gedanken und Freu<strong>de</strong>n, das ist <strong>die</strong> heilige Bergeshöhe, <strong>de</strong>r Ort <strong>de</strong>r ewigen Ruhe, wo <strong>de</strong>r<br />

Mittag seine Schwüle und <strong>de</strong>r Donner seine Stimme verliert und das kochen<strong>de</strong> Meer <strong>de</strong>r Woge <strong>de</strong>s Kornfelds<br />

gleicht. (Schmidt, 1994: 16)<br />

Das Substantiv „Stimme“ heißt hier bloß 'Geräusch, Donner' und hat nichts mit <strong>de</strong>r Sprache zu<br />

tun. Die „Ruhe“ ist hier synonym für 'Frie<strong>de</strong>n' und hat auch nichts mit <strong>de</strong>r Sprache zu tun.<br />

Wie <strong>de</strong>r Arbeiter in <strong>de</strong>n erquicken<strong>de</strong>n Schlaf, sinkt oft mein angefochtenes Wesen in <strong>die</strong> Arme <strong>de</strong>r unschuldigen<br />

Vergangenheit.<br />

Ruhe <strong>de</strong>r Kindheit! himmlische Ruhe! wie oft steh’ ich stille vor dir in lieben<strong>de</strong>r Betrachtung, und möchte<br />

dich <strong>de</strong>nken! Aber wir haben ja nur Begriffe von <strong>de</strong>m, was einmal schlecht gewesen und wie<strong>de</strong>r gut gemacht<br />

ist; von Kindheit, Unschuld haben wir keine Begriffe.<br />

Da ich noch ein stilles Kind war und von <strong>de</strong>m allem, was uns umgibt, nichts wusste, war ich da nicht mehr,<br />

als jetzt, nach all <strong>de</strong>n Mühen <strong>de</strong>s Herzens und all <strong>de</strong>m Sinnen und Ringen?<br />

Ja! ein göttlich Wesen ist das Kind, solang es nicht in <strong>die</strong> Chamäleonsfarbe <strong>de</strong>r Menschen getaucht ist.<br />

Es ist ganz, was es ist, und darum ist es so schön.<br />

Der Zwang <strong>de</strong>s Gesetzes und <strong>de</strong>s Schicksals betastet es nicht; im Kind ist Freiheit allein.<br />

[...]<br />

Aber das können <strong>die</strong> Menschen nicht lei<strong>de</strong>n. Das Göttliche muss wer<strong>de</strong>n, wie ihrer einer, muss erfahren,<br />

dass sie auch da sind, und eh es <strong>die</strong> Natur aus seinem Para<strong>die</strong>se treibt, so schmeicheln und schleppen <strong>die</strong><br />

Menschen es heraus, auf das Feld <strong>de</strong>s Fluchs, dass es, wie sie, im Schweiße <strong>de</strong>s Angesichts sich abarbeite.<br />

(Schmidt, 1994: 17)<br />

Das Substantiv „Fluch“ be<strong>de</strong>utet hier 'verfluchtes Leben' und hat eigentlich mit <strong>de</strong>r Sprache<br />

nichts zu tun. Ebenso <strong>die</strong> „Ruhe“, <strong>die</strong> hier '<strong>de</strong>r Frie<strong>de</strong>n' be<strong>de</strong>utet, und das Wort „still“, das hier<br />

'friedlich' be<strong>de</strong>utet.<br />

o<strong>de</strong>r wenn <strong>de</strong>r Abendstern voll friedlichen Geistes heraufkam mit <strong>de</strong>n alten Jünglingen, <strong>de</strong>n übrigen Hel<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>s Himmels, und ich so sah, wie das Leben in ihnen in ewiger müheloser Ordnung durch <strong>de</strong>n Äther sich<br />

fortbewegte, und <strong>die</strong> Ruhe <strong>de</strong>r Welt mich umgab und erfreute (Schmidt, 1994: 18)<br />

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