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die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

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Volk und gerne mag <strong>de</strong>r Frem<strong>de</strong> sich verweilen. Wo aber so beleidigt wird <strong>die</strong> göttliche Natur und ihre<br />

Künstler, ach! da ist <strong>de</strong>s Lebens beste Lust hinweg, und je<strong>de</strong>r andre Stern ist besser, <strong>de</strong>nn <strong>die</strong> Er<strong>de</strong>.<br />

(Schmidt, 1994: 171)<br />

Für Hyperion stehen <strong>die</strong> Künstler Seite an Seite mit <strong>de</strong>r göttlichen Natur, so dass ihre Kunst, <strong>die</strong><br />

zumin<strong>de</strong>st als semiotisches Kommunikationssystem auch Sprache ist, heilig ist, weil sie <strong>die</strong> Liebe<br />

zur Schönheit und somit zu <strong>de</strong>n Göttern und zur Natur ausdrückt.<br />

B.II.b.2.5. Sprache als Vermittlung göttlicher Wahrheit<br />

Ich verspräche gerne <strong>die</strong>sem Buche <strong>die</strong> Liebe <strong>de</strong>r Deutschen. Aber ich fürchte, <strong>die</strong> einen wer<strong>de</strong>n es lesen,<br />

wie ein Kompendium, und um das fabula docet sich zu sehr bekümmern, in<strong>de</strong>s <strong>die</strong> an<strong>de</strong>rn gar zu leicht es<br />

nehmen, und bei<strong>de</strong> Teile verstehen es nicht.<br />

Wer bloß an meiner Pflanze riecht, <strong>de</strong>r kennt sie nicht, und wer sie pflückt, bloß, um daran zu lernen, kennt<br />

sie auch nicht.<br />

Die Auflösung <strong>de</strong>r Dissonanzen in einem gewissen Charakter ist we<strong>de</strong>r für das bloße Nach<strong>de</strong>nken, noch für<br />

<strong>die</strong> leere Lust. (Schmidt, 1994: 13)<br />

Die Absicht <strong>de</strong>s Buches ist, <strong>die</strong> Auflösung <strong>de</strong>r Dissonanzen zu vermitteln. Es geht um einen sehr<br />

tiefen Begriff, <strong>de</strong>n Hyperion bestimmt als göttliche Wahrheit, als Harmonie <strong>de</strong>r Lebenstöne in<br />

<strong>de</strong>r alles umfassen<strong>de</strong>n Natur beschreiben wür<strong>de</strong>. Der Mo<strong>de</strong>llautor versucht, seinem Leser zu erklären,<br />

wie er das Buch verstehen soll.<br />

Des Herzens Woge schäumte nicht so schön empor, und wür<strong>de</strong> Geist, wenn nicht <strong>de</strong>r alte stumme Fels, das<br />

Schicksal, ihr entgegenstän<strong>de</strong>.<br />

Aber <strong>de</strong>nnoch stirbt <strong>de</strong>r Trieb in unserer Brust, und mit ihm unsre Götter und ihr Himmel.<br />

Das Feuer geht empor in freudigen Gestalten, aus <strong>de</strong>r dunkeln Wiege, wo es schlief, und seine Flamme<br />

steigt und fällt, und bricht sich und umschlingt sich freudig wie<strong>de</strong>r, bis ihr Stoff verzehrt ist, nun raucht und<br />

ringt sie und erlischt; was übrig ist, ist Asche.<br />

So geht’s mit uns. Das ist <strong>de</strong>r Inbegriff von allem, was in schreckend reizen<strong>de</strong>n Mysterien <strong>die</strong> Weisen uns<br />

erzählen. (Schmidt, 1994: 50)<br />

Die von Hyperion verehrten Weisen vermitteln, „in schreckend reizen<strong>de</strong>n Mysterien“ gehüllt,<br />

eine Botschaft, <strong>die</strong> <strong>de</strong>n Sinn <strong>de</strong>s Lebens, das Wesen <strong>de</strong>r menschlichen Existenz und <strong>die</strong> Rolle <strong>de</strong>r<br />

Götter erklärt. Etwas Wesentlicheres kann wohl nicht vermittelt wer<strong>de</strong>n. So tief und komplex<br />

sind <strong>die</strong> vermittelten Einsichten, dass sie als schreckliche Mysterien dargestellt wer<strong>de</strong>n (müssen).<br />

Ich war einst glücklich, Bellarmin! Bin ich es nicht noch? Wär’ ich es nicht, wenn auch <strong>de</strong>r heilige Moment,<br />

wo ich zum ersten Male sie sah, <strong>de</strong>r letzte wäre gewesen?<br />

Ich hab’ es Einmal gesehn, das Einzige, das meine Seele suchte, und <strong>die</strong> Vollendung, <strong>die</strong> wir über <strong>die</strong> Sterne<br />

hinauf entfernen, <strong>die</strong> wir hinausschieben bis ans En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Zeit, <strong>die</strong> hab’ ich gegenwärtig gefühlt. Es war<br />

da, das Höchste, in <strong>die</strong>sem Kreise <strong>de</strong>r Menschennatur und <strong>de</strong>r Dinge war es da!<br />

Ich frage nicht mehr, wo es sei; es war in <strong>de</strong>r Welt, es kann wie<strong>de</strong>rkehren in ihr, es ist jetzt nur verborgner<br />

in ihr. Ich frage nicht mehr, was es sei; ich hab’ es gesehn, ich hab’ es kennen gelernt.<br />

O ihr, <strong>die</strong> ihr das Höchste und Beste sucht, in <strong>de</strong>r Tiefe <strong>de</strong>s Wissens, im Getümmel <strong>de</strong>s Han<strong>de</strong>lns, im Dunkel<br />

<strong>de</strong>r Vergangenheit, im Labyrinthe <strong>de</strong>r Zukunft, in <strong>de</strong>n Gräbern o<strong>de</strong>r über <strong>de</strong>n Sternen! wisst ihr seinen<br />

Namen? <strong>de</strong>n Namen <strong>de</strong>s, das Eins ist und Alles?<br />

Sein Name ist Schönheit. (Schmidt, 1994: 61 f.)<br />

Hyperion hält sich für „glücklich“ seit <strong>de</strong>m „heiligen Moment“, als er Diotima zum ersten Mal<br />

sah. Da hat er <strong>die</strong> echte „Schönheit“ „gegenwärtig gefühlt“, „das Höchste und Beste“, „das Eins<br />

ist und Alles“, das Ziel aller menschlichen Sehnsucht, <strong>die</strong> „Vollendung“, zu <strong>de</strong>r man glaubte, <strong>die</strong><br />

könne man oft nur „über <strong>de</strong>n Sternen und am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Zeit“ fin<strong>de</strong>n. Die in Diotima verkörperte<br />

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