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die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

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in beschei<strong>de</strong>ner Knospe,<br />

blühet ewig<br />

ihnen <strong>de</strong>r Geist,<br />

und <strong>die</strong> seligen Augen<br />

blicken in stiller<br />

ewiger Klarheit. (Schmidt, 1992: 207)<br />

Die Himmlischen sind schicksallos wie <strong>die</strong> Säuglinge. Ihr Leben kennt also keine Zeit, son<strong>de</strong>rn<br />

ist ewig. Sie sind selig und still, mit einem ewigen Geist, <strong>de</strong>r in Knospenzustand bleibt und sich<br />

daher nicht entwickelt hat. Das Adjektiv „still“ behält hier seine Doppel<strong>de</strong>utigkeit: 'friedlich,<br />

sprachlos'. Daraus lässt sich folgern, dass <strong>die</strong> Götter sich in einer Dimension befin<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>r es<br />

<strong>die</strong> menschliche Sprache nicht gibt.<br />

B.I.b.3.3. Die Natur bzw. Gottheit spricht wortlos zum<br />

Menschen<br />

Die das Beste gibt aus schöner Fülle,<br />

wenn aus ihr <strong>die</strong> Riesenkraft <strong>de</strong>r Wille<br />

und <strong>de</strong>r Geist sein stilles Urteil nimmt (Schmidt, 1992: 169)<br />

Die Riesenkraft, <strong>de</strong>r Wille und <strong>de</strong>r Geist <strong>de</strong>s Menschen nehmen ihr „stilles Urteil“ aus <strong>de</strong>r Gottheit.<br />

Das „Urteil“ be<strong>de</strong>utet hier etwa 'Urteilskraft, Kenntnisse, gesun<strong>de</strong>n Menschenverstand' und<br />

es ist „still“, weil das Urteil nicht gesprochen und somit nicht gefällt wur<strong>de</strong>, son<strong>de</strong>rn nur als Begriff<br />

im Kopf <strong>de</strong>s menschlichen Geistes blieb. Es ging um innerliches Verständnis, nicht um <strong>de</strong>ssen<br />

Versprachlichung. Und trotz<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong> <strong>die</strong>se Einsicht vermittelt. Ohne Worte.<br />

Um <strong>de</strong>r Haine Gesang, um Gestalten und Farben <strong>de</strong>s Lebens<br />

bat ich, vom lieblichen Glanz heimischer Fluren verwöhnt.<br />

Aber ich bat umsonst; du erschienst mir feurig und herrlich (Schmidt, 1992: 185)<br />

Der Dichter befin<strong>de</strong>t sich in <strong>de</strong>r afrikanischen Wüste und bittet <strong>die</strong> Natur um grüne Wäl<strong>de</strong>r. Der<br />

Genitiv drückt hier Zugehörigkeit aus. Aber <strong>die</strong> Haine können bekanntlich nicht singen. Es muss<br />

sich also um eine Vermenschlichung <strong>de</strong>r Haine han<strong>de</strong>ln. Wenn sie eine heilige musikalische<br />

Sprache besitzen, <strong>die</strong> ein Mensch wie <strong>de</strong>r Dichter empfangen und entschlüsseln kann, dann ist es<br />

notwendigerweise eine wortlose Sprache.<br />

Ach! nicht schlang um <strong>die</strong> Er<strong>de</strong> <strong>de</strong>n wärmen<strong>de</strong>n Arm <strong>de</strong>r Olymp hier<br />

wie Pygmalions Arm um <strong>die</strong> Geliebte sich schlang.<br />

Hier bewegt’ er ihr nicht mit <strong>de</strong>m Sonnenblicke <strong>de</strong>n Busen,<br />

und in Regen und Tau sprach er nicht freundlich zu ihr. (Schmidt, 1992: 185)<br />

Der Wan<strong>de</strong>rer befin<strong>de</strong>t sich am Nordpol und fin<strong>de</strong>t nur Eis aber kein Leben. Es ist hier ein<strong>de</strong>utig,<br />

dass <strong>die</strong> Natur durch „Regen und Tau“ zum Menschen spricht.<br />

O Bru<strong>de</strong>r, Bru<strong>de</strong>r, dass <strong>de</strong>in Schicksal mir<br />

so schrecklich wahr <strong>de</strong>s Lebens Wechsel <strong>de</strong>utet! (Schmidt, 1992: 194)<br />

Die Geliebte <strong>de</strong>s Freun<strong>de</strong>s ist gestorben. Sein Schicksal ist eine wortlose Botschaft <strong>de</strong>r Natur,<br />

<strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Tod ist ein natürliches Phänomen. Der Dichter empfängt <strong>die</strong>se Botschaft und weiß, sie<br />

zu <strong>de</strong>uten.<br />

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