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die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

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men im Wi<strong>de</strong>rspruch steht. Höl<strong>de</strong>rlin suche – so Walser – „lieben<strong>de</strong> Namen“, weil auch ihm<br />

„heilige Namen“ fehlen. Die „Namen“ – erkläre ich dazu – sind „liebend“, aber nicht „heilig“,<br />

weil sie keine würdigen Träger o<strong>de</strong>r Vertreter o<strong>de</strong>r Darsteller <strong>de</strong>s großen Alls sein können.<br />

Höl<strong>de</strong>rlin war sich <strong>de</strong>ssen bewusst: Im programmatischen Brief an <strong>de</strong>n Bru<strong>de</strong>r vom 1. Januar<br />

1799 heißt es, <strong>die</strong> Poesie vereinige <strong>die</strong> Menschen<br />

mit all <strong>de</strong>m mannigfachen Leid und Glück und Streben und Hoffen und Fürchten, mit all ihren Meinungen<br />

und Fehlern, all ihren Tugen<strong>de</strong>n und I<strong>de</strong>en [...] immer mehr zu einem lebendigen, tausendfach geglie<strong>de</strong>rten,<br />

innigen Ganzen, <strong>de</strong>nn eben <strong>die</strong>s soll <strong>die</strong> Poesie selber sein, und wie <strong>die</strong> Ursache, so <strong>die</strong> Wirkung. (Schmidt,<br />

1992b: 333)<br />

Höl<strong>de</strong>rlin selbst fasst es ganz am Anfang seines Hyperion (Schmidt, 1994: 12) zusammen:<br />

Non coerceri maximo, contineri minimo, divinum est. 274<br />

Dieses letzte Kapitel wird durch ein Zitat aus <strong>de</strong>m fernen Osten abgeschlossen, das sowohl <strong>die</strong>se<br />

innigen Wi<strong>de</strong>rsprüche als auch ihre einzig mögliche, wenn auch nur unzureichend befriedigen<strong>de</strong><br />

poetische Überwindung zusammenfasst:<br />

Ein Mönch fragte einst Zen­Meister Fuketsu: „Das Sprechen verdirbt <strong>die</strong> Transzen<strong>de</strong>nz <strong>de</strong>r Wirklichkeit,<br />

das Schweigen verdirbt <strong>die</strong> Manifestation <strong>de</strong>r Wirklichkeit. Wie kann man das Sprechen mit <strong>de</strong>m Schweigen<br />

vereinen, ohne <strong>die</strong> Wirklichkeit zu ver<strong>de</strong>rben?“ Der Meister antwortete: „Ich erinnere mich immer wie<strong>de</strong>r<br />

an <strong>die</strong> Frühlingslandschaft, <strong>die</strong> ich einst in Konan sah. Die Rebhühner riefen laut inmitten duften<strong>de</strong>r<br />

Blumen.“ 275<br />

274<br />

„Vom Größten nicht gezwungen wer<strong>de</strong>n, vom Kleinsten aufgehalten wer<strong>de</strong>n, ist göttlich“. Diese Übersetzung <strong>de</strong>s<br />

lateinischen Spruches, <strong>de</strong>r angeblich auf <strong>de</strong>r Grabinschrift <strong>de</strong>s Ignacio <strong>de</strong> Loyola, <strong>de</strong>s großen spanischen Mystikers,<br />

steht, stammt von Verfasser <strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong>n Arbeit. Schmidt schlägt eine an<strong>de</strong>re, wenn auch ebenso richtige – und<br />

ebenso wörtliche – Übersetzung vor: „Nicht eingeschränkt wer<strong>de</strong>n vom Größten und doch umschlossen wer<strong>de</strong>n vom<br />

Kleinsten ist göttlich“. Wenn bei<strong>de</strong> Übersetzungen zusammen gelesen wer<strong>de</strong>n, ergibt sich wohl <strong>de</strong>r wahre Sinn <strong>de</strong>s<br />

Spruches.<br />

275<br />

Aldinger, 1998: 87.<br />

276

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