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die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

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glie<strong>de</strong>rn. So bekommt das Wort erst im Satz seinen Sinn, und nur in <strong>die</strong>sem Rahmen kann seine<br />

Funktion zufrie<strong>de</strong>nstellend ver<strong>de</strong>utlicht wer<strong>de</strong>n. Ebenfalls kann <strong>de</strong>r Satz nur innerhalb <strong>de</strong>s Textes,<br />

und <strong>de</strong>r Text seinerseits nur innerhalb <strong>de</strong>r kommunikativen Situation genügend erklärt wer<strong>de</strong>n<br />

74 . Die Linguistin Kerbrat­Orecchioni bringt es auf <strong>de</strong>n Punkt: „Die Interpretation eines Textes<br />

ist <strong>de</strong>r Versuch, mittels Vermutungen <strong>die</strong> semantisch­pragmatische Absicht, mit <strong>de</strong>r er verschlüsselt<br />

wor<strong>de</strong>n war, zu rekonstruieren.“ 75 Dabei ist <strong>die</strong> Pragmatik nicht im engen linguistischen<br />

Sinn zu verstehen, son<strong>de</strong>rn im weitesten Sinn einschließlich <strong>de</strong>s Weltwissens <strong>de</strong>r Kommunikationspartner,<br />

ihrer individuellen kommunikativen Kompetenz und ihrer Erwartungen hinsichtlich<br />

<strong>de</strong>r kommunikativen Situation, wie Bernár<strong>de</strong>z 76 bemerkt.<br />

Die vorliegen<strong>de</strong> ist keine linguistische, son<strong>de</strong>rn eine literaturwissenschaftliche Arbeit. Die Be<strong>de</strong>utungsebene<br />

<strong>de</strong>r Wörter, welche hier analysiert wird, ist nicht semantisch, son<strong>de</strong>rn kontextuell<br />

– im Bajtin'schen Sinne <strong>de</strong>s Wortes, d.h. sowohl <strong>die</strong> linguistische als auch <strong>die</strong> soziale und <strong>die</strong><br />

i<strong>de</strong>ologische Dimension mit einbeziehend –. Wichtige Literaturkritiker haben ihre Arbeiten auf<br />

eben <strong>die</strong>sem Unterschied basiert 77 . Da <strong>die</strong> höl<strong>de</strong>rlinischen Texte, <strong>die</strong> ich im Folgen<strong>de</strong>n analysiere,<br />

literarischer Natur sind, befin<strong>de</strong>t sich meine Analyse <strong>de</strong>mnach im Grenzbereich zwischen <strong>de</strong>r<br />

Pragmatik und <strong>de</strong>r Literaturwissenschaft. Da sich aber meine Arbeit nicht mit <strong>de</strong>r Interpretation<br />

<strong>de</strong>r Texte erschöpft, son<strong>de</strong>rn <strong>die</strong>se erst als Ausgangspunkt nimmt, kann sie aus gutem Grund als<br />

literaturwissenschaftlich bezeichnet wer<strong>de</strong>n.<br />

Trotz<strong>de</strong>m ist es sinnvoll, eine wichtige linguistische Theorie kurz zu erwähnen, <strong>die</strong> viel mit <strong>de</strong>r<br />

vorliegen<strong>de</strong>n Analysemetho<strong>de</strong> zu tun hat und mit <strong>die</strong>ser leicht verwechselt wer<strong>de</strong>n könnte. Es<br />

han<strong>de</strong>lt sich nämlich um <strong>die</strong> Theorie <strong>de</strong>r Wortfel<strong>de</strong>r bzw. <strong>de</strong>r semantischen Fel<strong>de</strong>r, wie sie von<br />

mehreren Autoren auf vielerlei Art und Weise entwickelt wur<strong>de</strong>, u.a. Coseriu, Ullmann und<br />

Hjelmslev 78 . Die Wortfel<strong>de</strong>r kann man nach Calvo Pérez 79 folgen<strong>de</strong>rweise <strong>de</strong>finieren:<br />

● ein Wort erhält erst innerhalb <strong>de</strong>s ganzen Wortfel<strong>de</strong>s seine Be<strong>de</strong>utung,<br />

● <strong>die</strong> lexikalischen Be<strong>de</strong>utungen müssen eine bestimmte Regelmäßigkeit aufweisen,<br />

● <strong>die</strong> Be<strong>de</strong>utung je<strong>de</strong>s Wortes kommt auf seine Stellung innerhalb <strong>de</strong>s Wortfel<strong>de</strong>s an,<br />

● je<strong>de</strong>s Wort gehört einem und nur einem Wortfeld an,<br />

● es kann Lücken in <strong>de</strong>r Gesamtheit <strong>de</strong>r Wortfel<strong>de</strong>r geben,<br />

● <strong>die</strong> Be<strong>de</strong>utung je<strong>de</strong>s Wortes kann in Seme zerlegt wer<strong>de</strong>n. Ein Sem ist <strong>die</strong> kleinste Komponente<br />

einer Wortbe<strong>de</strong>utung. Je nach An­ o<strong>de</strong>r Abwesenheit <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen Seme<br />

kann man <strong>die</strong> jeweiligen Wörter unterschei<strong>de</strong>n und organisieren.<br />

Es liegt klar auf <strong>de</strong>r Hand, dass <strong>die</strong>se semantischen Unterscheidungen und Klassifizierungen sich<br />

mit <strong>de</strong>r lange und nicht mit <strong>de</strong>r parole beschäftigen, um es mit Saussures Terminologie auszudrücken.<br />

Es ist also offensichtlich, dass eine Wortfel<strong>de</strong>ranalyse linguistischer Natur wäre, während<br />

<strong>die</strong> Analyse, <strong>die</strong> im Folgen<strong>de</strong>n durchgeführt wird, sich mit <strong>de</strong>r konkreten und persönlichen<br />

Realisation <strong>de</strong>r Wörter bei Höl<strong>de</strong>rlin befasst. Die Ergebnisse <strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong>n Arbeit dürften<br />

jenseits <strong>de</strong>r hier untersuchten Werke Höl<strong>de</strong>rlins nur beschränkte Gültigkeit, und außerhalb <strong>de</strong>r<br />

Werke Höl<strong>de</strong>rlins überhaupt keine Gültigkeit besitzen. Es geht nicht um linguistische Kategorien,<br />

son<strong>de</strong>rn um durch Sprache ausgedrückte Kategorien <strong>de</strong>r persönlichen Weltanschauung Höl<strong>de</strong>rlins.<br />

Diese Zielsetzung <strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong>n Arbeit fin<strong>de</strong>t ihre theoretische Fun<strong>die</strong>rung bei M.<br />

Bajtin, <strong>de</strong>r dafür eintritt 80 , <strong>de</strong>n sprachlichen und <strong>de</strong>n situationellen Kontext zu einem neuen Kon­<br />

74<br />

González Nieto, 2001: 217 ff.<br />

75<br />

Kerbrat­Orecchioni, 1980: 233.<br />

76<br />

Bernár<strong>de</strong>z, 1995: 139.<br />

77<br />

Fokkema / Ibsch, 1988: 94 f.<br />

78<br />

Calvo Pérez, 1990: 203 ff.<br />

79<br />

Calvo Pérez, 1990: 215 f.<br />

80<br />

González Nieto, 2001: 82.<br />

19

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