die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València
die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València
die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
seiner ewigen Jugend, <strong>de</strong>r alte Sonnengott, zufrie<strong>de</strong>n und mühelos, wie immer, flog <strong>de</strong>r unsterbliche Titan<br />
mit seinen tausend eignen Freu<strong>de</strong>n herauf, und lächelt’ herab auf sein verö<strong>de</strong>t Land, auf seine Tempel,<br />
seine Säulen, <strong>die</strong> das Schicksal vor ihn hingeworfen hatte, wie <strong>die</strong> dürren Rosenblätter, <strong>die</strong> im<br />
Vorübergehen ein Kind gedankenlos vom Strauche riss, und auf <strong>die</strong> Er<strong>de</strong> säete.<br />
Sei, wie <strong>die</strong>ser! rief+ mir Adamas zu, ergriff mich bei <strong>de</strong>r Hand und hielt sie <strong>de</strong>m Gott entgegen, und mir<br />
war, als trügen uns <strong>die</strong> Morgenwin<strong>de</strong> mit sich fort, und brächten uns ins Geleite <strong>de</strong>s heiligen Wesens, das<br />
nun hinaufstieg auf <strong>de</strong>n Gipfel <strong>de</strong>s Himmels, freundlich und groß, und wun<strong>de</strong>rbar mit seiner Kraft und<br />
seinem Geist <strong>die</strong> Welt und uns erfüllte.<br />
Noch trauert und frohlockt mein Innerstes über je<strong>de</strong>s Wort+, das mir damals Adamas sagte+, und ich<br />
begreife meine Bedürftigkeit nicht, wenn oft mir wird, wie damals ihm sein musste. Was ist Verlust, wenn<br />
so <strong>de</strong>r Mensch in seiner eignen Welt sich fin<strong>de</strong>t? In uns ist alles. Was kümmert’s dann <strong>de</strong>n Menschen,<br />
wenn ein Haar von seinem Haupte fällt? Was ringt er so nach Knechtschaft, da er ein Gott sein könnte! Du<br />
wirst einsam sein, mein Liebling! sagte+ mir damals Adamas auch, du wirst sein wie <strong>de</strong>r Kranich, <strong>de</strong>n<br />
seine Brü<strong>de</strong>r zurückließen in rauer Jahrszeit, in<strong>de</strong>s sie <strong>de</strong>n Frühling suchen im fernen Lan<strong>de</strong>.<br />
#*24*#Und das ist’s, Lieber! Das macht uns arm bei allem Reichtum, dass wir nicht allein sein können,<br />
dass <strong>die</strong> Liebe in uns, so lange wir leben, nicht erstirbt. Gib mir meinen Adamas wie<strong>de</strong>r, und komm mit<br />
allen, <strong>die</strong> mir angehören, dass <strong>die</strong> alte schöne Welt sich unter uns erneure, dass wir uns versammeln und<br />
vereinen in <strong>de</strong>n Armen unserer Gottheit, <strong>de</strong>r Natur, und siehe! so weiß ich nichts von Notdurft.<br />
Aber sage+ nur niemand, dass uns das Schicksal trenne! Wir sind’s, wir! wir haben unsre Lust daran, uns in<br />
<strong>die</strong> Nacht <strong>de</strong>s Unbekannten, in <strong>die</strong> kalte Frem<strong>de</strong> irgend einer an<strong>de</strong>rn Welt zu stürzen, und, wär’ es möglich,<br />
wir verließen <strong>de</strong>r Sonne Gebiet und stürmten über <strong>de</strong>s Irrsterns Grenzen hinaus. Ach! für <strong>de</strong>s Menschen<br />
wil<strong>de</strong> Brust ist keine Heimat möglich; und wie <strong>de</strong>r Sonne Strahl <strong>die</strong> Pflanzen <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>, <strong>die</strong> er entfaltete,<br />
wie<strong>de</strong>r versengt, so tötet <strong>de</strong>r Mensch <strong>die</strong> süßen Blumen, <strong>die</strong> an seiner Brust ge<strong>de</strong>ihten, <strong>die</strong> Freu<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r<br />
Verwandtschaft und <strong>de</strong>r Liebe.<br />
Es ist, als zürnt’ ich meinem Adamas, dass er mich verließ, aber ich zürn’ ihm nicht. O er wollte ja wie<strong>de</strong>r<br />
kommen!<br />
In <strong>de</strong>r Tiefe von Asien soll ein Volk von seltner Trefflichkeit verborgen sein; dahin trieb ihn seine<br />
Hoffnung weiter.<br />
Bis Nio begleitet’ ich ihn. Es waren bittere Tage. Ich habe <strong>de</strong>n Schmerz ertragen gelernt, aber für solch ein<br />
Schei<strong>de</strong>n hab’ ich keine Kraft in mir.<br />
Mit je<strong>de</strong>m Augenblicke, <strong>de</strong>r uns <strong>de</strong>r letzten Stun<strong>de</strong> näher brachte, wurd’ es sichtbarer, wie <strong>die</strong>ser Mensch<br />
verwebt war in mein Wesen. Wie ein Sterben<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n fliehen<strong>de</strong>n Atem, hielt ihn meine Seele.<br />
Am Grabe Homers brachten wir noch einige Tage zu, und Nio wur<strong>de</strong> mir <strong>die</strong> heiligste unter <strong>de</strong>n Inseln.<br />
Endlich rissen wir uns los. Mein Herz hatte sich mü<strong>de</strong> gerungen. Ich war ruhiger+ im letzten Augenblicke.<br />
Auf <strong>de</strong>n Knien lag ich vor ihm, umschloss ihn zum letzten Male mit <strong>die</strong>sen Armen; gib mir einen Segen,<br />
mein Vater! rief+ ich leise+ zu ihm hinauf, und er lächelte groß, und seine Stirne breitete vor <strong>de</strong>n Sternen<br />
<strong>de</strong>s Morgens sich aus und sein Auge #*25*#durchdrang <strong>die</strong> Räume <strong>de</strong>s Himmels – Bewahrt ihn mir, rief+<br />
er, ihr Geister besserer Zeit! und zieht zu eurer Unsterblichkeit ihn auf, und all ihr freundlichen Kräfte <strong>de</strong>s<br />
Himmels und <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>, seid mit ihm!<br />
Es ist ein Gott in uns, setzt’ er ruhiger+ hinzu, <strong>de</strong>r lenkt, wie Wasserbäche, das Schicksal, und alle Dinge<br />
sind sein Element. Der sei vor allem mit dir!<br />
So schie<strong>de</strong>n wir. Leb wohl, mein Bellarmin!<br />
HYPERION AN BELLARMIN<br />
Wohin könnt’ ich mir entfliehen, hätt’ ich nicht <strong>die</strong> lieben Tage meiner Jugend?<br />
Wie ein Geist, <strong>de</strong>r keine Ruhe+ am Acheron fin<strong>de</strong>t, kehr’ ich zurück in <strong>die</strong> verlassnen Gegen<strong>de</strong>n meines<br />
Lebens. Alles altert und verjüngt sich wie<strong>de</strong>r. Warum sind wir ausgenommen vom schönen Kreislauf <strong>de</strong>r<br />
Natur? O<strong>de</strong>r gilt er auch für uns?<br />
Ich wollt’ es glauben, wenn Eines nicht in uns wäre, das ungeheure Streben, Alles zu sein, das, wie <strong>de</strong>r<br />
Titan <strong>de</strong>s Ätna, heraufzürnt aus <strong>de</strong>n Tiefen unsers Wesens.<br />
Und doch, wer wollt’ es nicht lieber in sich fühlen, wie ein sie<strong>de</strong>nd Öl, als sich gestehn, er sei für <strong>die</strong><br />
Geißel und fürs Joch geboren? Ein tobend Schlachtroß o<strong>de</strong>r eine Mähre, <strong>die</strong> das Ohr+ hängt, was ist edler?<br />
Lieber! es war eine Zeit, da auch meine Brust an großen Hoffnungen sich sonnte, da auch mir <strong>die</strong> Freu<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>r Unsterblichkeit in allen Pulsen schlug, da ich wan<strong>de</strong>lt’ unter herrlichen Entwürfen, wie in weiter<br />
Wäl<strong>de</strong>rnacht, da ich glücklich, wie <strong>die</strong> Fische <strong>de</strong>s Ozeans, in meiner uferlosen Zukunft weiter, ewig weiter<br />
drang.<br />
Wie mutig, selige Natur! entsprang <strong>de</strong>r Jüngling <strong>de</strong>iner Wiege! wie freut’ er sich in seiner unversuchten<br />
Rüstung! Sein Bogen war gespannt und seine Pfeile rauschten im Köcher, und <strong>die</strong> Unsterblichen, <strong>die</strong> hohen<br />
Geister <strong>de</strong>s Altertums führten ihn an, und sein Adamas war mitten unter ihnen.<br />
290