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die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

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O stille+, stille! rief+ ich innigst bewegt; aber dass du noch da bist, dass du dich erhieltest für mich!<br />

Ja wohl! für dich! rief+ er, und es freut mich herzlich, dass ich dir <strong>de</strong>nn doch genießbare Kost bin. Und<br />

schmeck’ ich auch, wie ein Holzapfel, dir zuweilen, so keltre mich so lange, bis ich trinkbar bin.<br />

Lass mich! lass mich! rief+ ich; ich sträubte mich umsonst; <strong>de</strong>r Mensch machte mich zum Kin<strong>de</strong>; ich<br />

verbarg’s ihm auch nicht; er sah meine Tränen, und weh ihm, wenn er sie nicht sehen durfte!<br />

Wir schwelgen, begann nun Alabanda wie<strong>de</strong>r, wir töten im Rausche <strong>die</strong> Zeit.<br />

Wir haben unsre Bräutigamstage zusammen, rief+ ich erheitert, da darf es wohl noch lauten+, als wäre man<br />

in Arka<strong>die</strong>n. – Aber auf unser vorig Gespräch+ zu kommen!<br />

Du räumst <strong>de</strong>m Staate <strong>de</strong>nn doch zu viel Gewalt ein. Er darf nicht for<strong>de</strong>rn, was er nicht erzwingen kann.<br />

Was aber <strong>die</strong> Liebe gibt und <strong>de</strong>r Geist, das lässt sich nicht erzwingen. #*40*#Das lass’ er unangetastet,<br />

o<strong>de</strong>r man nehme sein Gesetz und schlag’ es an <strong>de</strong>n Pranger! Beim Himmel! <strong>de</strong>r weiß nicht, was er sündigt,<br />

<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Staat zur Sittenschule machen will. Immerhin hat das <strong>de</strong>n Staat zur Hölle gemacht, dass ihn <strong>de</strong>r<br />

Mensch zu seinem Himmel machen wollte.<br />

Die raue Hülse um <strong>de</strong>n Kern <strong>de</strong>s Lebens und nichts weiter ist <strong>de</strong>r Staat. Er ist <strong>die</strong> Mauer um <strong>de</strong>n Garten<br />

menschlicher Früchte und Blumen.<br />

Aber was hilft <strong>die</strong> Mauer um <strong>de</strong>n Garten, wo <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>n dürre liegt? Da hilft <strong>de</strong>r Regen vom Himmel allein.<br />

O Regen vom Himmel! o Begeisterung! Du wirst <strong>de</strong>n Frühling <strong>de</strong>r Völker uns wie<strong>de</strong>rbringen. Dich kann<br />

<strong>de</strong>r Staat nicht hergebieten. Aber er störe dich nicht, so wirst du kommen, kommen wirst du, mit <strong>de</strong>inen<br />

allmächtigen Wonnen, in goldne Wolken wirst du uns hüllen und empor uns tragen über <strong>die</strong> Sterblichkeit,<br />

und wir wer<strong>de</strong>n staunen und fragen+, ob wir es noch seien, wir, <strong>die</strong> Dürftigen, <strong>die</strong> wir <strong>die</strong> Sterne fragten+,<br />

ob dort uns ein Frühling blühe – fragst+ du mich, wann <strong>die</strong>s sein wird? Dann, wann <strong>die</strong> Lieblingin <strong>de</strong>r Zeit,<br />

<strong>die</strong> jüngste, schönste Tochter <strong>de</strong>r Zeit, <strong>die</strong> neue Kirche, hervorgehn wird aus <strong>die</strong>sen befleckten veralteten<br />

Formen, wann das erwachte Gefühl <strong>de</strong>s Göttlichen <strong>de</strong>m Menschen seine Gottheit, und seiner Brust <strong>die</strong><br />

schöne Jugend wie<strong>de</strong>rbringen wird, wann – ich kann sie nicht verkün<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nn ich ahne sie kaum, aber sie<br />

kommt gewiss, gewiss. Der Tod ist ein Bote <strong>de</strong>s Lebens, und dass wir jetzt schlafen in unsern<br />

Krankenhäusern, <strong>die</strong>s zeugt vom nahen gesun<strong>de</strong>n Erwachen. Dann, dann erst sind wir, dann ist das Element<br />

<strong>de</strong>r Geister gefun<strong>de</strong>n!<br />

Alabanda schwieg+, und sah eine Weile erstaunt mich an. Ich war hingerissen von unendlichen<br />

Hoffnungen; Götterkräfte trugen, wie ein Wölkchen, mich fort –<br />

Komm! rief+ ich, und fasst’ Alabanda beim Gewan<strong>de</strong>, komm, wer hält es länger aus im Kerker, <strong>de</strong>r uns<br />

umnachtet?<br />

Wohin, mein Schwärmer, erwi<strong>de</strong>rt’ Alabanda trocken, und ein Schatte von Spott schien über sein Gesicht<br />

zu gleiten.<br />

#*41*#Ich war, wie aus <strong>de</strong>n Wolken gefallen. Geh! sagt’+ ich, du bist ein kleiner Mensch!<br />

In <strong>de</strong>mselben Augenblicke traten etliche Frem<strong>de</strong>n ins Zimmer, auffallen<strong>de</strong> Gestalten, meist hager und<br />

blass, so viel ich im Mondlicht sehen konnte, ruhig+, aber in ihren Mienen war etwas, das in <strong>die</strong> Seele ging,<br />

wie ein Schwert, und es war, als stün<strong>de</strong> man vor <strong>de</strong>r Allwissenheit; man hätte gezweifelt, ob <strong>die</strong>s <strong>die</strong><br />

Außenseite wäre von bedürftigen Naturen, hätte nicht hie und da <strong>de</strong>r getötete Affekt seine Spuren<br />

zurückgelassen.<br />

Beson<strong>de</strong>rs einer fiel mir auf. Die Stille+ seiner Züge war <strong>die</strong> Stille+ eines Schlachtfelds. Grimm und Liebe<br />

hatt’ in <strong>die</strong>sem Menschen gerast, und <strong>de</strong>r Verstand leuchtete über <strong>de</strong>n Trümmern <strong>de</strong>s Gemüts, wie das<br />

Auge eines Habichts, <strong>de</strong>r auf zerstörten Palästen sitzt. Tiefe Verachtung war auf seinen Lippen+. Man<br />

ahnete, dass <strong>die</strong>ser Mensch mit keiner unbe<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n+ Absicht sich befasse.<br />

Ein andrer mochte seine Ruhe+ mehr einer natürlichen Herzenshärte danken. Man fand an ihm fast keine<br />

Spur einer Gewaltsamkeit, von Selbstmacht o<strong>de</strong>r Schicksal verübt.<br />

Ein dritter mochte seine Kälte mehr mit <strong>de</strong>r Kraft <strong>de</strong>r Überzeugung <strong>de</strong>m Leben abgedrungen haben, und<br />

wohl noch oft im Kampfe mit sich stehen, <strong>de</strong>nn es war ein geheimer Wi<strong>de</strong>rspruch in seinem Wesen, und es<br />

schien mir, als müsst’ er sich bewachen. Er sprach+ am wenigsten.<br />

Alabanda sprang auf, wie gebogner Stahl, bei ihrem Eintritt. Wir suchten dich, rief+ einer von ihnen.<br />

Ihr wür<strong>de</strong>t mich fin<strong>de</strong>n, sagt’+ er lachend, wenn ich in <strong>de</strong>n Mittelpunkt <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> mich verbärge. Sie sind<br />

meine Freun<strong>de</strong>, setzt’ er hinzu, in<strong>de</strong>s er zu mir sich wandte.<br />

Sie schienen mich ziemlich scharf ins Auge zu fassen. Das ist auch einer von <strong>de</strong>nen, <strong>die</strong> es gerne besser<br />

haben möchten in <strong>de</strong>r Welt, rief+ Alabanda nach einer Weile, und wies+ auf mich.<br />

Das ist <strong>de</strong>in Ernst? fragt’+ einer mich von <strong>de</strong>n Dreien.<br />

#*42*#Es ist kein Scherz, <strong>die</strong> Welt zu bessern, sagt’+ ich.<br />

Du hast viel mit einem Worte+ gesagt! rief+ wie<strong>de</strong>r einer von ihnen. Du bist unser Mann! ein andrer.<br />

Ihr <strong>de</strong>nkt auch so? fragt’+ ich.<br />

Frage+, was wir tun! war <strong>die</strong> Antwort+.<br />

Und wenn ich fragte+?<br />

So wür<strong>de</strong>n wir dir sagen+, dass wir da sind, aufzuräumen auf Er<strong>de</strong>n, dass wir <strong>die</strong> Steine vom Acker lesen,<br />

und <strong>die</strong> harten Er<strong>de</strong>nklöße mit <strong>de</strong>m Karst zerschlagen, und Furchen graben mit <strong>de</strong>m Pflug, und das Unkraut<br />

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