die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València
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<strong>de</strong>n Gedichten Höl<strong>de</strong>rlins erscheint sie aber lebendig dank <strong>de</strong>s rhythmischen Wechsels, <strong>de</strong>r <strong>die</strong><br />
Harmonie <strong>de</strong>r Gegensätze fühlbar macht 235 .<br />
Fritz Martini erklärt, dass für Höl<strong>de</strong>rlin <strong>die</strong> verlorene Einheit von Subjekt und Objekt, von<br />
Mensch und Gottheit, notwendig nur ästhetisch, nicht theoretischphilosophisch wie<strong>de</strong>rherstellbar<br />
ist. Die Tragö<strong>die</strong> wird somit mittels <strong>de</strong>r Negation <strong>de</strong>s Negativen zur Form <strong>de</strong>r poetischen<br />
Vergegenwärtigung <strong>de</strong>s Absoluten 236 . Andreas Thomasberger entwickelt <strong>die</strong>selbe I<strong>de</strong>e, in<strong>de</strong>m er<br />
erörtert, wie für Höl<strong>de</strong>rlin <strong>die</strong> Sprache <strong>die</strong> transzen<strong>de</strong>ntale Empfindung, <strong>de</strong>r das unbestimmte<br />
Unendliche gegenwärtig ist, so zum Ausdruck bringen soll, dass <strong>die</strong>se nicht einseitig auf eine beson<strong>de</strong>re<br />
Art <strong>de</strong>s Verstehens reduziert erscheint, dass sie also nicht gemäß <strong>de</strong>n Verstan<strong>de</strong>sbestimmungen<br />
einem vorgegebenen und scheinbar ein<strong>de</strong>utigen Sprachausdruck subsumiert wer<strong>de</strong>n<br />
kann, son<strong>de</strong>rn dass <strong>die</strong> Wirklichkeit <strong>de</strong>r Empfindung schön – d.h. in <strong>de</strong>r Offenheit ihrer gesamten<br />
Beziehungsmöglichkeiten und in ihrem Gewor<strong>de</strong>nsein für das Bewusstsein – weitestgehend<br />
zum Ausdruck kommt 237 . Gerhard Kurz geht mit Martini und Thomasberger konform, in<strong>de</strong>m er<br />
<strong>de</strong>n literaturtheoretischen Hintergrund Höl<strong>de</strong>rlins folgen<strong>de</strong>rmaßen erklärt: So wie philosophisches<br />
Bewusstsein Entgegensetzung voraussetzt, setzt poetisches Bewusstsein, das <strong>de</strong>s Dichters<br />
und das <strong>de</strong>s Gedichts, <strong>die</strong> Entgegensetzung von Geist und Stoff voraus. Das Grundschema besteht<br />
in <strong>de</strong>r Darstellung durch Gegensatz. Die Einheit <strong>de</strong>s Geistes wird indirekt, an seinem Gegensatz,<br />
am Wechsel <strong>de</strong>r sinnlichen Teile <strong>de</strong>s Gedichts, dargestellt. Die „Be<strong>de</strong>utung“ <strong>de</strong>s Gedichts<br />
liegt in <strong>de</strong>r Vermittlung zwischen <strong>de</strong>m „Geist“ <strong>de</strong>s Gedichtes und <strong>de</strong>m sinnlichen „Ausdruck“<br />
o<strong>de</strong>r „Kunstcharakter“ 238 .<br />
Für Jiménez Heffernan sind Höl<strong>de</strong>rlins Vaterländische Gesänge eine fast mystische Herbeirufung<br />
<strong>de</strong>s unbestimmten Absoluten. Der poetologische Konflikt Höl<strong>de</strong>rlins besteht im Versuch,<br />
das radikalste An<strong>de</strong>rssein mit <strong>de</strong>r intimsten I<strong>de</strong>ntität, <strong>die</strong> naive Vielfalt <strong>de</strong>r Dinge mit <strong>de</strong>m subjektiven<br />
I<strong>de</strong>alismus zu versöhnen. Die Lyrik wird episch in einem Immanenzbereich, <strong>de</strong>n sowohl<br />
<strong>die</strong> Götter als auch <strong>die</strong> wesentliche Natur <strong>de</strong>s Ichs verlassen haben 239 . Dieser Immanenzbereich<br />
ist <strong>die</strong> Sprache, <strong>die</strong> we<strong>de</strong>r an <strong>de</strong>r vielfältigen Erscheinungswelt völlig teilhat, wo <strong>die</strong> naiven Naturgötter<br />
heimisch sind, noch an <strong>de</strong>m Absoluten Ego <strong>de</strong>s jungen <strong>de</strong>utschen I<strong>de</strong>alismus, <strong>de</strong>r alles<br />
im Bewusstsein <strong>de</strong>s <strong>de</strong>nken<strong>de</strong>n Subjekts umfasst sehen will, son<strong>de</strong>rn zwischen ihnen zu vermitteln<br />
versucht. Die Lyrik wird episch, weil sie sich ein so erhabenes Ziel gesetzt hat, dass ihre Absicht<br />
nobel wird.<br />
Gerhard Kurz legt dar, dass Höl<strong>de</strong>rlin in seiner Lehre vom Wechsel <strong>de</strong>r Töne zeigt, wie Einheit<br />
mit Trennung und Wechsel zusammen gedacht wer<strong>de</strong>n muss. Das Wer<strong>de</strong>n im Vergehen erklärt<br />
<strong>die</strong> Trennungen und Wi<strong>de</strong>rsprüche <strong>de</strong>r Geschichte als eine „Darstellung“ <strong>de</strong>r Einheit <strong>de</strong>r Geschichte<br />
in <strong>de</strong>r Zeit. Die Wi<strong>de</strong>rsprüchlichkeit und Zeitlichkeit <strong>de</strong>r Welt ist nur „ein Zustand <strong>de</strong>s<br />
ursprünglichen Einen“, in <strong>de</strong>n es sich entäußern muss, damit „alles allem begegne“, wie Höl<strong>de</strong>rlin<br />
theologisch formuliert. Im 1798/99 entstan<strong>de</strong>nen Fragment Über Religion heißt es, dass aus<br />
<strong>de</strong>r Einheitsstruktur <strong>de</strong>s Kunstwerks eine Vereinigungswirkung abgeleitet wird. Die Poesie soll<br />
<strong>de</strong>n „höheren Zusammenhang“ zwischen <strong>de</strong>n Menschen untereinan<strong>de</strong>r und zwischen <strong>de</strong>n Menschen<br />
und <strong>de</strong>r Welt darstellen, nicht als Ersatz, son<strong>de</strong>rn als Vergegenwärtigung <strong>de</strong>ssen, was in<br />
„wirklicher Welt“ geleistet wer<strong>de</strong>n soll und kann. Die <strong>de</strong>m Kunstwerk eigentümliche „Vollkommenheit<br />
und Unvollkommenheit“ treibt wie<strong>de</strong>r ins wirkliche Leben. Dichtung geht aus von<br />
235<br />
Konrad, 1967: 125 f.<br />
236<br />
Martini, 1979: 9.<br />
237<br />
Thomasberger, 1982: 201.<br />
238<br />
Kurz, 1993: 297 f.<br />
239<br />
Jiménez Heffernan, 2004: 157.<br />
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