die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València
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Die vorliegen<strong>de</strong> Arbeit untersucht <strong>die</strong> Sprachauffassung Höl<strong>de</strong>rlins. Da <strong>die</strong> Analysemetho<strong>de</strong> <strong>de</strong>n<br />
impliziten Be<strong>de</strong>utungen nachgeht, versteht sich von selbst, dass immer <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>llautor <strong>de</strong>r höl<strong>de</strong>rlinischen<br />
Texte gemeint wird, wenn von 'Höl<strong>de</strong>rlin' <strong>die</strong> Re<strong>de</strong> ist.<br />
1.2.4. Problematisierung <strong>de</strong>r hier angewandten literaturwissenschaftlichen<br />
Metho<strong>de</strong><br />
Die vorliegen<strong>de</strong> Arbeit hat keinerlei Kompromiss mit einer bestimmten Metho<strong>de</strong> geschlossen,<br />
son<strong>de</strong>rn ist eklektisch und lässt sich gerne von allen literaturwissenschaftlichen Strömungen belehren,<br />
<strong>die</strong> hierzu ein Wort zu sagen haben. Darunter sind <strong>die</strong> pragmatische Literaturwissenschaft,<br />
<strong>die</strong> Mentalstilistik und <strong>die</strong> phänomenologische Kritik hervorzuheben.<br />
Die pragmatische Literaturwissenschaft 64 geht auf <strong>die</strong> Pragmatik zurück, <strong>die</strong> auf <strong>de</strong>r Sprechakttheorie<br />
von Austin und Searle und auf Wittgensteins Aussage aufbaut, dass <strong>de</strong>r Gebrauch eines<br />
Wortes seine Be<strong>de</strong>utung bestimmt. Die literaturwissenschaftliche Pragmatik untersucht <strong>die</strong><br />
Sprachverwendung in literarischen Texten und analysiert zugleich auch Lebensform und Situationswelt.<br />
Da Sprachgebrauch und be<strong>de</strong>utung sich aus lebenspraktischer Erfahrung <strong>de</strong>finieren,<br />
führt <strong>die</strong> Analyse letztlich zu <strong>de</strong>m Welt und Selbstverständnis, das durch Sprache immer vermittelt<br />
wird, aber keineswegs ständig bewusst ist. Die pragmatische Literaturwissenschaft erforscht<br />
<strong>die</strong> Schreibsituationen, <strong>die</strong> für ganz bestimmte Personen in spezifischen Epochen und bei<br />
Verwendung konkreter Gattungen gelten, und fragt danach, welches Verhältnis im und durch<br />
<strong>de</strong>n Text zu bestimmten Welten aufgezeigt wird, und letztlich welche Lebenswelt durch <strong>die</strong> Zeichen<br />
<strong>de</strong>s Textes erstellt wird, aber sie erforscht auch, wie <strong>de</strong>r Text implizit o<strong>de</strong>r explizit auf <strong>de</strong>n<br />
Leser wirkt. Die literaturwissenschaftliche Pragmatik sieht <strong>de</strong>n kulturellen Kontext nie außerhalb<br />
<strong>de</strong>s Textes, son<strong>de</strong>rn immer innerhalb <strong>de</strong>r Lebenswelt von Autor und Leser, als konstitutiven Teil<br />
<strong>de</strong>s Textes mit seiner entsprechen<strong>de</strong>n Funktion darin. Die vorliegen<strong>de</strong> Arbeit befin<strong>de</strong>t sich <strong>de</strong>mnach<br />
zum großen Teil im Rahmen <strong>de</strong>r literaturwissenschaftlichen Pragmatik.<br />
R.M. Nischik hat <strong>die</strong> Mentalstilistik 65 in <strong>die</strong> <strong>de</strong>utschsprachige Philologie eingeführt. Der Mentalstil<br />
ist ein primär sprachbezogenes literarisches Kunstmittel indirekter Figurencharakterisierung.<br />
Er manifestiert sich sprachlich und transportiert über <strong>die</strong> spezifische Wahl lexikogrammatischer<br />
Elemente implizit Be<strong>de</strong>utungen, <strong>die</strong> Rückschlüsse auf Einstellungen bzw. mentale Befindlichkeiten<br />
<strong>de</strong>s Sprachträgers zulassen. Die Mentalstilistik hat ihren Ursprung in <strong>de</strong>r klassischen Stilistik,<br />
u.a. auch in <strong>de</strong>r Aussage Wilhelm von Humboldts: „Die Sprache ist das bil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Organ <strong>de</strong>s Gedankens.“<br />
Demnach kann man durch <strong>de</strong>n sprachlichliterarischen Stil Einsichten in <strong>die</strong> Einstellungen<br />
<strong>de</strong>s Autors gewinnen. Ein weiterer zu betrachten<strong>de</strong>r Faktor ist <strong>die</strong> Verschiebung vom Autorenstil<br />
zum Figurenstil als ästhetische Wahl <strong>de</strong>s Schriftstellers zur indirekten Figurencharakterisierung.<br />
Figurale Mentalstile erscheinen einerseits als Interpretationsresultate figuraler Welt<strong>de</strong>utung,<br />
an<strong>de</strong>rerseits als Interpretationsangebote an <strong>de</strong>n literarisch geschulten Leser. Nun, da es<br />
kein Inventar sprachlicher Formen geben kann, das in einer invarianten Relation zu semantischen<br />
und psychologischen Kategorien stün<strong>de</strong>, muss gera<strong>de</strong> beim mentalstilistischen Ansatz <strong>de</strong>r jeweils<br />
sprachliche, inhaltliche und pragmatische Kontext berücksichtigt wer<strong>de</strong>n, wobei <strong>die</strong> literarische<br />
Kompetenz <strong>de</strong>s Lesers ebenfalls unabdingbar ist. Demzufolge ist <strong>die</strong> vorliegen<strong>de</strong> Arbeit<br />
großenteils in <strong>die</strong> Mentalstilistik einzuordnen.<br />
64<br />
Nünning, 2001: 527 f.<br />
65<br />
Nünning, 2001: 426 f.<br />
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