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die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

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Scheltre<strong>de</strong> Hyperions gegen <strong>die</strong> Deutschen. Das Substantiv „Fluch“ be<strong>de</strong>utet hier 'missliche<br />

Lage, Unheil' und hat eigentlich mit Sprache nichts zu tun. Das Verb „ruhen“ be<strong>de</strong>utet hier 'daran<br />

haften bleiben'. Das Verb „sagen“ leitet hier <strong>die</strong> direkte Re<strong>de</strong> ein. Das Substantiv „Zunge“<br />

steht metonymisch für 'Person, <strong>die</strong> spricht'. Selbst <strong>die</strong> Tätigkeit <strong>de</strong>s „Betens“ ist für <strong>die</strong>se Barbaren<br />

entheiligt und herabgewürdigt, so dass Beten zu einem sinnlosen Ritual gewor<strong>de</strong>n ist. Und<br />

Kommunikation ohne Sinn, also ohne Inhalt, ist keine echte Kommunikation.<br />

Die Guten! Sie leben in <strong>de</strong>r Welt, wie Fremdlinge im eigenen Hause, sie sind so recht, wie <strong>de</strong>r Dul<strong>de</strong>r<br />

Ulyß, da er in Bettlersgestalt an seiner Türe saß, in<strong>de</strong>s <strong>die</strong> unverschämten Freier im Saale lärmten und fragten,<br />

wer hat uns <strong>de</strong>n Landläufer gebracht?<br />

[...]<br />

und wenn sie sprechen, wehe <strong>de</strong>m! <strong>de</strong>r sie versteht, <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r stürmen<strong>de</strong>n Titanenkraft, wie in ihren Proteuskünsten<br />

<strong>de</strong>n Verzweiflungskampf nur sieht, <strong>de</strong>n ihr gestörter schöner Geist mit <strong>de</strong>n Barbaren kämpft,<br />

mit <strong>de</strong>nen er zu tun hat. (Schmidt, 1994: 170)<br />

Hyperion spricht hier von <strong>de</strong>n noch unverdorbenen jungen <strong>de</strong>utschen Dichtern. Das Verb „fragen“<br />

leitet hier <strong>die</strong> direkte Re<strong>de</strong> ein. Die „schönen Geister“ sind <strong>die</strong> <strong>de</strong>utschen Jünglinge und<br />

junge Dichter, <strong>die</strong> empfindsam und noch unverdorben sind. Die „Proteuskünste“ sind hier 'Verwandlungs­<br />

bzw. Tarnungsfähigkeiten und Finten' <strong>de</strong>r schönen Geister, um von <strong>de</strong>n totalitären<br />

Autoritäten nicht erkannt und zerstört zu wer<strong>de</strong>n. Diese Künste haben mit Sprache nichts zu tun.<br />

Wüster immer, ö<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n da <strong>die</strong> Menschen, <strong>die</strong> doch alle schön geboren sind; <strong>de</strong>r Knechtsinn wächst,<br />

mit ihm <strong>de</strong>r grobe Mut, <strong>de</strong>r Rausch wächst mit <strong>de</strong>n Sorgen, und mit <strong>de</strong>r Üppigkeit <strong>de</strong>r Hunger und <strong>die</strong> Nahrungsangst;<br />

zum Fluche wird <strong>de</strong>r Segen je<strong>de</strong>s Jahrs und alle Götter fliehn.<br />

[...]<br />

du kennst mich, wirst es gut aufnehmen, Bellarmin! Ich sprach in <strong>de</strong>inem Namen auch, ich sprach für alle,<br />

<strong>die</strong> in <strong>die</strong>sem Lan<strong>de</strong> sind und lei<strong>de</strong>n, wie ich dort gelitten. (Schmidt, 1994: 171)<br />

Die Substantive „Segen“ und „Fluch“ be<strong>de</strong>uten hier jeweils 'gute' und 'schlechte Situation' und<br />

haben mit Sprache nichts zu tun, obwohl sie im Prinzip <strong>die</strong>se Be<strong>de</strong>utung mit einbeziehen. Die<br />

Fügung „in <strong>de</strong>inem Namen“ ist ein gewöhnlicher Ausdruck und be<strong>de</strong>utet 'für dich, anstelle von<br />

dir'.<br />

wenn ich im Grase ruht’, und zartes Leben mich umgrünte, wenn ich hinauf, wo wild <strong>die</strong> Rose um <strong>de</strong>n<br />

Steinpfad wuchs, <strong>de</strong>n warmen Hügel ging (Schmidt, 1994: 172)<br />

Dies schreibt Hyperion an Bellarmin, nach<strong>de</strong>m er vom Tod Diotimas erfahren hat. Das Verb „ruhen“<br />

be<strong>de</strong>utet hier 'friedlich liegen' und hat somit nichts mit Sprache zu tun.<br />

O<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Abends, wenn ich fern ins Tal hinein geriet, zur Wiege <strong>de</strong>s Quells, wo rings <strong>die</strong> dunkeln Eichhöhn<br />

mich umrauschten, mich, wie einen Heiligsterben<strong>de</strong>n, in ihren Frie<strong>de</strong>n <strong>die</strong> Natur begrub, wenn nun<br />

<strong>die</strong> Erd’ ein Schatte war, und unsichtbares Leben durch <strong>die</strong> Zweige säuselte, durch <strong>die</strong> Gipfel, und über <strong>de</strong>n<br />

Gipfeln still <strong>die</strong> Abendwolke stand, ein glänzend Gebirg’, wovon herab zu mir <strong>de</strong>s Himmels Strahlen, wie<br />

<strong>die</strong> Wasserbäche flossen, um <strong>de</strong>n durstigen Wan<strong>de</strong>rer zu tränken –<br />

O Sonne, o ihr Lüfte, rief ich dann<br />

[...]<br />

Es war <strong>de</strong>r schönste Mittag, <strong>de</strong>n ich kenne. Süße Lüfte wehten und in morgendlicher Frische glänzte noch<br />

das Land und still in seinem heimatlichen Äther lächelte das Licht. Die Menschen waren weggegangen, am<br />

häuslichen Tische von <strong>de</strong>r Arbeit zu ruhn; allein war meine Liebe mit <strong>de</strong>m Frühling, und ein unbegreiflich<br />

Sehnen war in mir. Diotima, rief ich, wo bist du, o wo bist du? Und mir war, als hört’ ich Diotimas Stimme,<br />

<strong>die</strong> Stimme, <strong>die</strong> mich einst erheitert in <strong>de</strong>n Tagen <strong>de</strong>r Freu<strong>de</strong> –<br />

Bei <strong>de</strong>n Meinen, rief sie, bin ich, bei <strong>de</strong>n Deinen, <strong>die</strong> <strong>de</strong>r irre Menschengeist misskennt!<br />

Ein sanfter Schrecken ergriff mich und mein Denken entschlummerte in mir.<br />

O liebes Wort aus heilgem Mun<strong>de</strong>, rief ich, da ich wie<strong>de</strong>r erwacht war, liebes Rätsel, fass’ ich dich?<br />

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