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die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

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B.I.b.2.3. Worte sind vergänglich<br />

Im Roman nicht belegt.<br />

B.I.b.3. Sprache und das Göttliche<br />

B.I.b.3.1. Worte sind manchmal untauglich, das Göttliche zu<br />

vermitteln<br />

Von <strong>die</strong>sem Tag an wur<strong>de</strong>n wir uns immer heiliger und lieber. Tiefer unbeschreiblicher Ernst war unter<br />

uns gekommen. Aber wir waren nur um so seliger zusammen. Nur in <strong>de</strong>n ewigen Grundtönen seines Wesens<br />

lebte je<strong>de</strong>r, und schmucklos schritten wir fort von einer großen Harmonie zur an<strong>de</strong>rn. Voll herrlicher<br />

Strenge und Kühnheit war unser gemeinsames Leben.<br />

Wie bist du <strong>de</strong>nn so wortarm gewor<strong>de</strong>n? fragte mich einmal Alabanda mit Lächeln. In <strong>de</strong>n heißen Zonen,<br />

sagt’ ich, näher <strong>de</strong>r Sonne, singen ja auch <strong>die</strong> Vögel nicht.<br />

[...]. So stehn wir da, und ringen, das wan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong> Schicksal anzuhalten.<br />

O wer ihm nur so still und sinnend, wie <strong>de</strong>m Gange <strong>de</strong>r Sterne, zusehn könnte! (Schmidt, 1994: 38)<br />

Das Wichtigste <strong>de</strong>s Lebens, <strong>de</strong>r „tiefe Ernst“, <strong>die</strong> „Grundtöne <strong>de</strong>s Wesens“, <strong>die</strong> „große Harmonie“,<br />

das „Herrliche“, „das wan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong> Schicksal“, wie z.B. <strong>de</strong>r „Gang <strong>de</strong>r Sterne“, <strong>die</strong>s alles ist<br />

„unbeschreiblich“ und kann mit Worten gar nicht ausgedrückt wer<strong>de</strong>n. Angesichts <strong>de</strong>s großen<br />

Wun<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>s Lebens kann man nur schweigen, d.h. „still“ sein.<br />

Not und Angst und Nacht sind eure Herren. Die son<strong>de</strong>rn euch, <strong>die</strong> treiben euch mit Schlägen aneinan<strong>de</strong>r.<br />

Den Hunger nennt ihr Liebe, und wo ihr nichts mehr seht, da wohnen eure Götter. Götter und Liebe?<br />

(Schmidt, 1994: 55)<br />

Die Absicht <strong>die</strong>ses inneren Monologs richtet Hyperion an seine Mitmenschen. Die Sprache kann<br />

<strong>de</strong>mnach dazu verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n, heilige Wörter wie „Liebe“ und „Götter“ zu missbrauchen.<br />

Alles ist schmutzig, wenn man eine unreine Sprache benutzt, selbst dann, wenn man heilige<br />

Wörter verwen<strong>de</strong>t, so dass man dadurch <strong>die</strong> Gottheit und <strong>die</strong> erhabenen Gefühle nicht erklären<br />

kann.<br />

So lagst du hingegossen, süßes Leben, so blicktest du auf, erhubst dich, standst nun da, in schlanker Fülle,<br />

göttlich ruhig, und das himmlische Gesicht noch voll <strong>de</strong>s heitern Entzückens, worin ich dich störte!<br />

O wer in <strong>die</strong> Stille <strong>die</strong>ses Auges gesehn, wem <strong>die</strong>se süßen Lippen sich aufgeschlossen, wovon mag <strong>de</strong>r<br />

noch sprechen?<br />

Frie<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Schönheit! göttlicher Frie<strong>de</strong>! wer einmal an dir das toben<strong>de</strong> Leben und <strong>de</strong>n zweifeln<strong>de</strong>n Geist<br />

besänftigt, wie kann <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>res helfen?<br />

Ich kann nicht sprechen von ihr, aber es gibt ja Stun<strong>de</strong>n, wo das Beste und Schönste, wie in Wolken, erscheint,<br />

und <strong>de</strong>r Himmel <strong>de</strong>r Vollendung vor <strong>de</strong>r ahnen<strong>de</strong>n Liebe sich öffnet, da, Bellarmin! da <strong>de</strong>nke ihres<br />

Wesens, da beuge <strong>die</strong> Knie mit mir, und <strong>de</strong>nke meiner Seligkeit! aber vergiss nicht, dass ich hatte, was du<br />

ahnest, dass ich mit <strong>die</strong>sen Augen sah, was nur, wie in Wolken, dir erscheint.<br />

Dass <strong>die</strong> Menschen manchmal sagen möchten: sie freueten sich! O glaubt, ihr habt von Freu<strong>de</strong> noch nichts<br />

geahnet! Euch ist <strong>de</strong>r Schatten ihres Schattens noch nicht erschienen! O geht, und sprecht vom blauen<br />

Äther nicht, ihr Blin<strong>de</strong>n! (Schmidt, 1994: 60)<br />

Diotima verkörpert für Hyperion das Göttliche und Himmlische. Davon kann er gar nicht sprechen,<br />

<strong>de</strong>nn Worte vermögen nicht, eine solche Vollendung zu beschreiben. Diotima bereitet ihm<br />

<strong>die</strong> höchste Freu<strong>de</strong>. Die Leute, <strong>die</strong> <strong>die</strong>ses Wort für irgen<strong>de</strong>twas an<strong>de</strong>res verwen<strong>de</strong>n wollen, was<br />

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