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die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

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nun in meiner Freu<strong>de</strong> Lied (Schmidt, 1992: 179)<br />

Jüngere Fassung <strong>de</strong>s Gedichts. Das Leben <strong>de</strong>s Dichters hat sich verän<strong>de</strong>rt, seit<strong>de</strong>m er Diotima<br />

kennengelernt hat. Und alles, was er mied, weil es ihn traurig machte, passt jetzt zu einem harmonischen<br />

und freudigen Bild zusammen. All <strong>die</strong>se Erscheinungen <strong>de</strong>s Lebens nennt er „Akkor<strong>de</strong>“,<br />

weil sie <strong>die</strong> musikalische Beschaffenheit und Schönheit <strong>de</strong>s Lebens ausmachen. In <strong>die</strong>ser<br />

heiligen musikalischen Sprache befin<strong>de</strong>n sich gewissermaßen alle Erscheinungen seines Lebens,<br />

<strong>de</strong>nn <strong>die</strong> Sprache – hier konkret in <strong>de</strong>r Form vom „Lied“ – nennt und beschreibt nicht nur das<br />

Leben, son<strong>de</strong>rn ist wie das Leben selbst.<br />

Drum lasst <strong>die</strong> Lust, das Große zu ver<strong>de</strong>rben,<br />

und geht und sprecht von eurem Glücke nicht!<br />

Pflanzt keinen Ze<strong>de</strong>rnbaum in eure Scherben! (Schmidt, 1992: 190)<br />

Der Jüngling spricht zu <strong>de</strong>n Ratgebern. Sie sollen nicht von ihrem Glück re<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nn sie haben<br />

gar keine Ahnung, was echtes Glück ist. Dem liegt <strong>die</strong> Vorstellung zugrun<strong>de</strong>, dass man nur davon<br />

sprechen darf, was man kennt, weil nur dann das Gesagte mit <strong>de</strong>r Wirklichkeit übereinstimmt.<br />

Und <strong>die</strong>s präsupponiert, dass <strong>die</strong> Sprache immer mit <strong>de</strong>r Wirklichkeit übereinstimmen<br />

soll.<br />

B.II.b.2. Sprache und Kommunikation<br />

B.II.b.2.1. Verlorene Sprache als Anzeichen entfrem<strong>de</strong>ter<br />

Existenz<br />

da <strong>die</strong> Last <strong>de</strong>r Zeit mich beugte,<br />

und mein Leben, kalt und bleich,<br />

sehnend schon hinab sich neigte<br />

in <strong>de</strong>r Schatten stummes Reich (Schmidt, 1992: 176)<br />

Mittlere Fassung <strong>de</strong>s Gedichts. Das Reich <strong>de</strong>r Schatten ist in <strong>de</strong>r antiken Mythologie <strong>die</strong> Unterwelt,<br />

das Totenreich. Dort weilen <strong>die</strong> Seelen <strong>de</strong>r Toten. Sie haben <strong>de</strong>n Fluss Lethe überquert und<br />

haben dadurch ihr früheres Leben vergessen. Der Tod ist somit <strong>die</strong> extremste Entfremdung. Deswegen<br />

gibt es da keine Sprache. Das Adjektiv „stumm“ be<strong>de</strong>utet hier 'sprachlos'.<br />

da <strong>die</strong> Last <strong>de</strong>r Zeit mich beugte,<br />

und mein Leben, kalt und bleich,<br />

sehnend schon hinab sich neigte<br />

in <strong>de</strong>r Toten stummes Reich (Schmidt, 1992: 179 f.)<br />

Jüngere Fassung <strong>de</strong>s Gedichts. Der Tod ist <strong>die</strong> extremste Entfremdung. Deswegen gibt es da keine<br />

Sprache. Das Adjektiv „stumm“ be<strong>de</strong>utet hier 'sprachlos'.<br />

Unter <strong>de</strong>m Strauche saß ein ernster Vogel gesanglos,<br />

ängstig und eilend flohn wan<strong>de</strong>rn<strong>de</strong> Störche vorbei. (Schmidt, 1992: 185)<br />

Der Dichter beschreibt hier <strong>die</strong> afrikanische Wüste, wo kaum Leben möglich ist. Es ist eine lebensfeindliche<br />

Region, wo kaum ein Lebewesen sich zu Hause fühlt. Deswegen ist <strong>de</strong>r Vogel<br />

ernst und singt nicht.<br />

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