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die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

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wenn ich im Grase ruht’+, und zartes Leben mich umgrünte, wenn ich hinauf, wo wild <strong>die</strong> Rose um <strong>de</strong>n<br />

Steinpfad wuchs, <strong>de</strong>n warmen Hügel ging, auch wenn ich <strong>de</strong>s Stroms Gesta<strong>de</strong>, <strong>die</strong> luftigen umschifft’ und<br />

alle <strong>die</strong> Inseln, <strong>die</strong> er zärtlich hegt.<br />

Und wenn ich oft <strong>de</strong>s Morgens, wie <strong>die</strong> Kranken zum Heilquell, auf <strong>de</strong>n Gipfel <strong>de</strong>s Gebirgs stieg, durch <strong>die</strong><br />

schlafen<strong>de</strong>n Blumen, aber vom süßen Schlummer gesättiget, neben mir <strong>die</strong> lieben Vögel aus <strong>de</strong>m Busche<br />

flogen, im Zwielicht taumelnd und begierig nach <strong>de</strong>m Tag, und <strong>die</strong> regere Luft nun schon <strong>die</strong> Gebete+ <strong>de</strong>r<br />

Täler, <strong>die</strong> Stimmen+ <strong>de</strong>r Her<strong>de</strong> und <strong>die</strong> Töne+ <strong>de</strong>r Morgenglocken herauftrug, und jetzt das hohe Licht, das<br />

göttlich heitre <strong>de</strong>n gewohnten Pfad daherkam, <strong>die</strong> Er<strong>de</strong> bezaubernd mit unsterblichem Leben, dass ihr Herz<br />

erwarmt’ und all ihre Kin<strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>r sich fühlten – o wie <strong>de</strong>r Mond, <strong>de</strong>r noch am Himmel blieb, <strong>die</strong> Lust<br />

<strong>de</strong>s Tags zu teilen, so stand ich Einsamer dann auch #*173*#über <strong>de</strong>n Ebnen und weinte Liebestränen zu<br />

<strong>de</strong>n Ufern hinab und <strong>de</strong>n glänzen<strong>de</strong>n Gewässern und konnte lange das Auge nicht wen<strong>de</strong>n.<br />

O<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Abends, wenn ich fern ins Tal hinein geriet, zur Wiege <strong>de</strong>s Quells, wo rings <strong>die</strong> dunkeln<br />

Eichhöhn mich umrauschten, mich, wie einen Heiligsterben<strong>de</strong>n, in ihren Frie<strong>de</strong>n <strong>die</strong> Natur begrub, wenn<br />

nun <strong>die</strong> Erd’ ein Schatte war, und unsichtbares Leben durch <strong>die</strong> Zweige säuselte, durch <strong>die</strong> Gipfel, und über<br />

<strong>de</strong>n Gipfeln still+ <strong>die</strong> Abendwolke stand, ein glänzend Gebirg’, wovon herab zu mir <strong>de</strong>s Himmels Strahlen,<br />

wie <strong>die</strong> Wasserbäche flossen, um <strong>de</strong>n durstigen Wan<strong>de</strong>rer zu tränken –<br />

O Sonne, o ihr Lüfte, rief+ ich dann, bei euch allein noch lebt mein Herz, wie unter Brü<strong>de</strong>rn!<br />

So gab ich mehr und mehr <strong>de</strong>r seligen Natur mich hin und fast zu endlos. Wär’ ich so gerne doch zum<br />

Kin<strong>de</strong> gewor<strong>de</strong>n, um ihr näher zu sein, hätt’ ich so gern doch weniger gewusst und wäre gewor<strong>de</strong>n, wie <strong>de</strong>r<br />

reine Lichtstrahl, um ihr näher zu sein! o einen Augenblick in ihrem Frie<strong>de</strong>n, ihrer Schöne mich zu fühlen,<br />

wie viel mehr galt es vor mir, als Jahre voll Gedanken, als alle Versuche <strong>de</strong>r alles versuchen<strong>de</strong>n Menschen!<br />

Wie Eis, zerschmolz, was ich gelernt, was ich getan im Leben, und alle Entwürfe <strong>de</strong>r Jugend verhallten in<br />

mir; und o ihr Lieben, <strong>die</strong> ihr ferne seid, ihr Toten und ihr Leben<strong>de</strong>n, wie innig Eines waren wir!<br />

Einst saß ich fern im Feld, an einem Brunnen, im Schatten efeugrüner Felsen und überhängen<strong>de</strong>r<br />

Blütenbüsche. Es war <strong>de</strong>r schönste Mittag, <strong>de</strong>n ich kenne. Süße Lüfte wehten und in morgendlicher Frische<br />

glänzte noch das Land und still+ in seinem heimatlichen Äther lächelte das Licht. Die Menschen waren<br />

weggegangen, am häuslichen Tische von <strong>de</strong>r Arbeit zu ruhn+; allein war meine Liebe mit <strong>de</strong>m Frühling,<br />

und ein unbegreiflich Sehnen war in mir. Diotima, rief+ ich, wo bist du, o wo bist du? Und mir war, als<br />

hört’+ ich Diotimas Stimme+, <strong>die</strong> Stimme, <strong>die</strong> mich einst erheitert in <strong>de</strong>n Tagen <strong>de</strong>r Freu<strong>de</strong> –<br />

#*174*#Bei <strong>de</strong>n Meinen, rief+ sie, bin ich, bei <strong>de</strong>n Deinen, <strong>die</strong> <strong>de</strong>r irre Menschengeist misskennt!<br />

Ein sanfter Schrecken ergriff mich und mein Denken entschlummerte in mir.<br />

O liebes Wort+ aus heilgem Mun<strong>de</strong>+, rief+ ich, da ich wie<strong>de</strong>r erwacht war, liebes Rätsel, fass’ ich dich?<br />

Und Einmal sah ich noch in <strong>die</strong> kalte Nacht <strong>de</strong>r Menschen zurück und schauert’ und weinte vor Freu<strong>de</strong>n,<br />

dass ich so selig war und Worte+ sprach+ ich, wie mir dünkt, aber sie waren, wie <strong>de</strong>s Feuers Rauschen,<br />

wenn es auffliegt und <strong>die</strong> Asche hinter sich lässt –<br />

›O du, so dacht’ ich, mit <strong>de</strong>inen Göttern, Natur! ich hab’ ihn ausgeträumt, von Menschendingen <strong>de</strong>n Traum<br />

und sage+, nur du lebst, und was <strong>die</strong> Frie<strong>de</strong>nslosen erzwungen, erdacht, es schmilzt, wie Perlen von Wachs,<br />

hinweg von <strong>de</strong>inen Flammen!<br />

Wie lang ist’s, dass sie dich entbehren? o wie lang ist’s, dass ihre Menge dich schilt, gemein nennt+ dich<br />

und <strong>de</strong>ine Götter, <strong>die</strong> Lebendigen, <strong>die</strong> Seligstillen+!<br />

Es fallen <strong>die</strong> Menschen, wie faule Früchte von dir, o lass sie untergehn, so kehren sie zu <strong>de</strong>iner Wurzel<br />

wie<strong>de</strong>r, und ich, o Baum <strong>de</strong>s Lebens, dass ich wie<strong>de</strong>r grüne mit dir und <strong>de</strong>ine Gipfel umatme mit all <strong>de</strong>inen<br />

knospen<strong>de</strong>n Zweigen! friedlich und innig, <strong>de</strong>nn alle wuchsen wir aus <strong>de</strong>m goldnen Samkorn herauf!<br />

Ihr Quellen <strong>de</strong>r Erd’! ihr Blumen! und ihr Wäl<strong>de</strong>r und ihr Adler und du brü<strong>de</strong>rliches Licht! wie alt und neu<br />

ist unsere Liebe! – Frei sind wir, gleichen uns nicht ängstig von außen; wie sollte nicht wechseln <strong>die</strong> Weise<br />

<strong>de</strong>s Lebens? wir lieben <strong>de</strong>n Äther doch all und innigst im Innersten gleichen wir uns.<br />

Auch wir, auch wir sind nicht geschie<strong>de</strong>n, Diotima, und <strong>die</strong> Tränen um dich verstehen+ es nicht. Lebendige<br />

Töne+ sind wir, stimmen zusammen in <strong>de</strong>inem Wohllaut+, Natur! wer reißt <strong>de</strong>n? wer mag <strong>die</strong> Lieben<strong>de</strong>n<br />

schei<strong>de</strong>n? –<br />

O Seele! Seele! Schönheit <strong>de</strong>r Welt! du unzerstörbare! du entzücken<strong>de</strong>! mit <strong>de</strong>iner ewigen Jugend! du bist;<br />

was ist #*175*#<strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Tod und alles Wehe <strong>de</strong>r Menschen? – Ach! viel <strong>de</strong>r leeren Worte+ haben <strong>die</strong><br />

Wun<strong>de</strong>rlichen gemacht. Geschiehet doch alles aus Lust, und en<strong>de</strong>t doch alles mit Frie<strong>de</strong>n.<br />

Wie <strong>de</strong>r Zwist <strong>de</strong>r Lieben<strong>de</strong>n, sind <strong>die</strong> Dissonanzen <strong>de</strong>r Welt. Versöhnung ist mitten im Streit und alles<br />

Getrennte fin<strong>de</strong>t sich wie<strong>de</strong>r.<br />

Es schei<strong>de</strong>n und kehren im Herzen <strong>die</strong> A<strong>de</strong>rn und einiges, ewiges, glühen<strong>de</strong>s Leben ist Alles.‹<br />

So dacht’ ich. Nächstens mehr.<br />

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