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die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

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Aber das können <strong>die</strong> Menschen nicht lei<strong>de</strong>n. Das Göttliche muss wer<strong>de</strong>n, wie ihrer einer, muss erfahren,<br />

dass sie auch da sind, und eh es <strong>die</strong> Natur aus seinem Para<strong>die</strong>se treibt, so schmeicheln und schleppen <strong>die</strong><br />

Menschen es heraus, auf das Feld <strong>de</strong>s Fluchs+, dass es, wie sie, im Schweiße <strong>de</strong>s Angesichts sich abarbeite.<br />

#*18*#Aber schön ist auch <strong>die</strong> Zeit <strong>de</strong>s Erwachens, wenn man nur zur Unzeit uns nicht weckt.<br />

O es sind heilige Tage, wo unser Herz zum ersten Male <strong>die</strong> Schwingen übt, wo wir, voll schnellen feurigen<br />

Wachstums, dastehn in <strong>de</strong>r herrlichen Welt, wie <strong>die</strong> junge Pflanze, wenn sie <strong>de</strong>r Morgensonne sich<br />

aufschließt, und <strong>die</strong> kleinen Arme <strong>de</strong>m unendlichen Himmel entgegenstreckt.<br />

Wie es mich umhertrieb an <strong>de</strong>n Bergen und am Meeresufer! ach wie ich oft da saß mit klopfen<strong>de</strong>m Herzen,<br />

auf <strong>de</strong>n Höhen von Tina, und <strong>de</strong>n Falken und Kranichen nachsah, und <strong>de</strong>n kühnen fröhlichen Schiffen,<br />

wenn sie hinunterschwan<strong>de</strong>n am Horizont! Dort hinunter! dacht’ ich, dort wan<strong>de</strong>rst du auch einmal<br />

hinunter, und mir war, wie einem Schmachten<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r ins kühlen<strong>de</strong> Bad sich stürzt und <strong>die</strong> schäumen<strong>de</strong>n<br />

Wasser über <strong>die</strong> Stirne sich schüttet.<br />

Seufzend kehrt’ ich dann nach meinem Hause wie<strong>de</strong>r um. Wenn nur <strong>die</strong> Schülerjahre erst vorüber wären,<br />

dacht’ ich oft.<br />

Guter Junge! sie sind noch lange nicht vorüber.<br />

Dass <strong>de</strong>r Mensch in seiner Jugend das Ziel so nahe glaubt! Es ist <strong>die</strong> schönste aller Täuschungen, womit <strong>die</strong><br />

Natur <strong>de</strong>r Schwachheit unsers Wesens aufhilft.<br />

Und wenn ich oft dalag unter <strong>de</strong>n Blumen und am zärtlichen Frühlingslichte mich sonnte, und hinaufsah ins<br />

heitre Blau, das <strong>die</strong> warme Er<strong>de</strong> umfing, wenn ich unter <strong>de</strong>n Ulmen und Wei<strong>de</strong>n, im Schoße <strong>de</strong>s Berges<br />

saß, nach einem erquicken<strong>de</strong>n Regen, wenn <strong>die</strong> Zweige noch bebten von <strong>de</strong>n Berührungen <strong>de</strong>s Himmels,<br />

und über <strong>de</strong>m tröpfeln<strong>de</strong>n Wal<strong>de</strong> sich goldne Wolken bewegten, o<strong>de</strong>r wenn <strong>de</strong>r Abendstern voll friedlichen<br />

Geistes heraufkam mit <strong>de</strong>n alten Jünglingen, <strong>de</strong>n übrigen Hel<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Himmels, und ich so sah, wie das<br />

Leben in ihnen in ewiger müheloser Ordnung durch <strong>de</strong>n Äther sich fortbewegte, und <strong>die</strong> Ruhe+ <strong>de</strong>r Welt<br />

mich umgab und erfreute, dass ich aufmerkte und lauschte+, ohne zu wissen, wie mir geschah – hast du<br />

mich lieb, guter Vater im Himmel! fragt’+ ich dann leise+, und fühlte seine Antwort+ so sicher und selig<br />

am Herzen.<br />

#*19*#O du, zu <strong>de</strong>m ich rief+, als wärst du über <strong>de</strong>n Sternen, <strong>de</strong>n ich Schöpfer <strong>de</strong>s Himmels nannte+ und<br />

<strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>, freundlich Idol meiner Kindheit, du wirst nicht zürnen, dass ich <strong>de</strong>iner vergaß! – Warum ist <strong>die</strong><br />

Welt nicht dürftig genug, um außer ihr noch Einen zu suchen?*)<br />

O wenn sie eines Vaters Tochter ist, <strong>die</strong> herrliche Natur, ist das Herz <strong>de</strong>r Tochter nicht sein Herz? Ihr<br />

Innerstes, ist’s nicht Er? Aber hab’ ich’s <strong>de</strong>nn? kenn’ ich es <strong>de</strong>nn?<br />

Es ist, als säh’ ich, aber dann erschreck’ ich wie<strong>de</strong>r, als wär’ es meine eigne Gestalt, was ich gesehn, es ist,<br />

als fühlt’ ich ihn, <strong>de</strong>n Geist <strong>de</strong>r Welt, wie eines Freun<strong>de</strong>s warme Hand, aber ich erwache und meine, ich<br />

habe meine eignen Finger gehalten.<br />

*) Es ist wohl nicht nötig, zu erinnern, dass <strong>de</strong>rlei Äußerungen+ als bloße Phänomene <strong>de</strong>s menschlichen<br />

Gemüts von Rechts wegen niemand skandalisieren sollten.<br />

HYPERION AN BELLARMIN<br />

Weißt du, wie Plato und sein Stella sich liebten?<br />

So liebt’ ich, so war ich geliebt. O ich war ein glücklicher Knabe!<br />

Es ist erfreulich, wenn Gleiches sich zu Gleichem gesellt, aber es ist göttlich, wenn ein großer Mensch <strong>die</strong><br />

kleineren zu sich aufzieht.<br />

Ein freundlich Wort+ aus eines tapfern Mannes Herzen, ein Lächeln, worin <strong>die</strong> verzehren<strong>de</strong> Herrlichkeit<br />

<strong>de</strong>s Geistes sich verbirgt, ist wenig und viel, wie ein zauberisch Losungswort+, das Tod und Leben in<br />

seiner einfältigen Silbe+ verbirgt, ist, wie ein geistig Wasser, das aus <strong>de</strong>r Tiefe <strong>de</strong>r Berge quillt, und <strong>die</strong><br />

geheime Kraft <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> uns mitteilt+ in seinem kristallenen Tropfen.<br />

Wie hass’ ich dagegen alle <strong>die</strong> Barbaren, <strong>die</strong> sich einbil<strong>de</strong>n, sie seien weise, weil sie kein Herz mehr haben,<br />

alle <strong>die</strong> rohen Unhol<strong>de</strong>, <strong>die</strong> tausendfältig <strong>die</strong> jugendliche Schönheit #*20*#töten und zerstören, mit ihrer<br />

kleinen unvernünftigen Mannszucht!<br />

Guter Gott! Da will <strong>die</strong> Eule <strong>die</strong> jungen Adler aus <strong>de</strong>m Neste jagen, will ihnen <strong>de</strong>n Weg zur Sonne<br />

weisen+!<br />

Verzeih mir, Geist meines Adamas! dass ich <strong>die</strong>ser ge<strong>de</strong>nke vor dir. Das ist <strong>de</strong>r Gewinn, <strong>de</strong>n uns Erfahrung<br />

gibt, dass wir nichts Treffliches uns <strong>de</strong>nken, ohne sein ungestaltes Gegenteil.<br />

O dass nur du mir ewig gegenwärtig wärest, mit allem, was dir verwandt ist, trauren<strong>de</strong>r Halbgott, <strong>de</strong>n ich<br />

meine! Wen du umgibst, mit <strong>de</strong>iner Ruhe+ und Stärke, Sieger und Kämpfer, wem du begegnest mit <strong>de</strong>iner<br />

Liebe und Weisheit, <strong>de</strong>r fliehe, o<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>, wie du! Unedles und Schwaches besteht nicht neben dir.<br />

Wie oft warst du mir nahe, da du längst mir ferne warst, verklärtest mich mit <strong>de</strong>inem Lichte, und wärmtest<br />

mich, dass mein erstarrtes Herz sich wie<strong>de</strong>r bewegte, wie <strong>de</strong>r verhärtete Quell, wenn <strong>de</strong>r Strahl <strong>de</strong>s<br />

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