die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València
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Der Tod ist ein Bote <strong>de</strong>s Lebens, und dass wir jetzt schlafen in unsern Krankenhäusern, <strong>die</strong>s zeugt vom nahen<br />
gesun<strong>de</strong>n Erwachen. Dann, dann erst sind wir, dann ist das Element <strong>de</strong>r Geister gefun<strong>de</strong>n!<br />
Alabanda schwieg, und sah eine Weile erstaunt mich an. (Schmidt, 1994: 40)<br />
Hier wird <strong>die</strong> Kommunikation unterbrochen, weil Alabanda nicht folgen kann. Er ist verwirrt,<br />
<strong>de</strong>nn er versteht anscheinend nicht, was Hyperion erklärt. Deswegen schweigt er, er hat aufgehört,<br />
am Kommunikationsprozess teilzunehmen.<br />
Ein dritter mochte seine Kälte mehr mit <strong>de</strong>r Kraft <strong>de</strong>r Überzeugung <strong>de</strong>m Leben abgedrungen haben, und<br />
wohl noch oft im Kampfe mit sich stehen, <strong>de</strong>nn es war ein geheimer Wi<strong>de</strong>rspruch in seinem Wesen, und es<br />
schien mir, als müsst’ er sich bewachen. Er sprach am wenigsten. (Schmidt, 1994: 41)<br />
Hyperion lernt <strong>die</strong> finsteren alten Freun<strong>de</strong> Alabandas kennen. Der dritte hält etwas geheim, beobachtet<br />
sich und spricht am wenigsten. Offensichtlich will er sich selbst hinter seiner Schweigsamkeit<br />
verbergen.<br />
Ich nahm mein höchstes Herz zu Hilfe, und rang nach großen Gedanken, um noch stille zu halten, es gelang<br />
mir auch auf wenige Augenblicke, aber nun war ich auch zum Zorne gestärkt, nun tötet’ ich auch, wie<br />
eingelegtes Feuer, je<strong>de</strong>n Funken <strong>de</strong>r Liebe in mir. (Schmidt, 1994: 43 f.)<br />
Hyperion ist von Alabanda enttäuscht, weil er so finstere Freun<strong>de</strong> hat. Zuerst wollte er seine Gefühle<br />
verbergen und hielt sich „still“. Das präsupponiert, dass er seine Gefühle nicht preisgibt,<br />
solange er sie nicht zum sprachlichen Ausdruck bringt.<br />
Ich nahm es an. Wir sprachen lange kein Wort. Was willst du? fragt’ ich endlich.<br />
Das kannst du fragen? erwi<strong>de</strong>rte <strong>de</strong>r wil<strong>de</strong> Mensch mit einer Wehmut, <strong>die</strong> mir durch <strong>die</strong> Seele ging. Ich war<br />
betroffen, verwirrt.<br />
Was soll ich von dir <strong>de</strong>nken? fing ich endlich wie<strong>de</strong>r an.<br />
Das, was ich bin! erwi<strong>de</strong>rt’ er gelassen.<br />
[...]<br />
Wir zerstörten mit Gewalt <strong>de</strong>n Garten unsrer Liebe. Wir stan<strong>de</strong>n oft und schwiegen, und wären uns so gerne,<br />
so mit tausend Freu<strong>de</strong>n um <strong>de</strong>n Hals gefallen, aber <strong>de</strong>r unselige Stolz erstickte je<strong>de</strong>n Laut <strong>de</strong>r Liebe,<br />
<strong>de</strong>r vom Herzen aufstieg. (Schmidt, 1994: 45)<br />
Hyperion sprach lange kein Wort mit Alabanda, <strong>de</strong>nn er wollte ihm eine schwierige Frage stellen,<br />
musste aber zuerst all seinen Mut zusammennehmen. Solange <strong>die</strong>s noch nicht geschehen<br />
war, sprachen sie nicht und Kommunikation fand nicht statt. Je<strong>de</strong>r verschanzte sich hinter seinem<br />
Schweigen. Die bei<strong>de</strong>n haben sich zerstritten, und das Schweigen ist wie eine Kluft, <strong>die</strong> sie<br />
trennt.<br />
Endlich schrieb ich auch nach Smyrna, und es war, als sammelt’ alle Zärtlichkeit und alle Macht <strong>de</strong>s Menschen<br />
in Einen Moment sich, da ich schrieb; so schrieb ich dreimal, aber keine Antwort, ich flehte, drohte,<br />
mahnt’ an alle Stun<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Liebe und <strong>de</strong>r Kühnheit, aber keine Antwort von <strong>de</strong>m Unvergesslichen, bis in<br />
<strong>de</strong>n Tod geliebten – Alabanda! rief ich, o mein Alabanda! du hast <strong>de</strong>n Stab gebrochen über mich. Du hieltest<br />
mich noch aufrecht, warst <strong>die</strong> letzte Hoffnung meiner Jugend! Nun will ich nichts mehr! (Schmidt,<br />
1994: 53)<br />
Hyperion versucht mit allen sprachlichen Kräften und Mitteln, Alabanda zum Sprechen zu bringen,<br />
Kontakt mit ihm zu knüpfen. Aber er antwortet nicht und bleibt auf <strong>die</strong>se Weise verborgen<br />
und abwesend.<br />
Dem Einflusse <strong>de</strong>s Meers und <strong>de</strong>r Luft wi<strong>de</strong>rstrebt <strong>de</strong>r finstere Sinn umsonst. Ich gab mich hin, fragte<br />
nichts nach mir und an<strong>de</strong>rn, suchte nichts, sann auf nichts, ließ vom Boote mich halb in Schlummer wiegen,<br />
und bil<strong>de</strong>te mir ein, ich liege in Charons Nachen. O es ist süß, so aus <strong>de</strong>r Schale <strong>de</strong>r Vergessenheit zu<br />
trinken.<br />
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