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die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

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kein echtes Unglück seien. Deswegen behauptet er, wer noch nie seine Situation erlebt habe, <strong>de</strong>r<br />

wisse noch gar nicht, was Schmerz und Unglück seien, und dürfe <strong>de</strong>shalb gar nicht darüber sprechen.<br />

Ich muss <strong>de</strong>nn doch dir sagen, erwi<strong>de</strong>rt’ Alabanda, dass du <strong>de</strong>r Schuldigere, <strong>de</strong>r Kältere bist. Ich bin dir<br />

heute nachgeritten. (Schmidt, 1994: 33)<br />

Dies präsupponiert, dass Alabanda es sagen muss, weil es wahr ist. Dem Gedanken liegt <strong>die</strong> Vorstellung<br />

zugrun<strong>de</strong>, dass <strong>die</strong> Sprache <strong>de</strong>r Wirklichkeit entspricht.<br />

Aus heißem Metalle wird das kalte Schwert geschmie<strong>de</strong>t. Auch sagt man, auf verbrannten abgestorbenen<br />

Vulkanen ge<strong>de</strong>ihe kein schlechter Most. (Schmidt, 1994: 42)<br />

Die finsteren alten Freun<strong>de</strong> Alabandas zitieren eine Volksweisheit. Wenn man Volksweisheiten<br />

zitiert, wird in <strong>de</strong>r Regel präsupponiert, dass man sie für wahr hält, und sogar, dass es tatsächlich<br />

Wahrheiten sind.<br />

O ewiges Irrsal! dacht’ ich bei mir, wann reißt <strong>de</strong>r Mensch aus <strong>de</strong>inen Ketten sich los?<br />

Wir sprechen von unsrem Herzen, unsern Planen, als wären sie unser, und es ist doch eine frem<strong>de</strong> Gewalt,<br />

<strong>die</strong> uns herumwirft und ins Grab legt, wie es ihr gefällt, und von <strong>de</strong>r wir nicht wissen, von wannen sie<br />

kommt, noch wohin sie geht. (Schmidt, 1994: 47)<br />

Hier wird präsupponiert, dass es nur richtig ist bzw. erlaubt sein sollte, von Dingen zu sprechen,<br />

<strong>die</strong> uns gehören, im Sinne, dass wir sie gut kennen bzw. beherrschen. Denn sonst verliert <strong>die</strong><br />

Sprache ihren Wirklichkeitsbezug und wird sinnlos.<br />

und nichts bleibt übrig von dir; keine Blume hast du gepflanzt, keine Hütte gebaut, nur dass du sagen könntest:<br />

ich lasse eine Spur zurück auf Er<strong>de</strong>n. (Schmidt, 1994: 53)<br />

Hyperion erklärt Alabanda seine Gefühle. Das „du“ ist hier synonym für 'man' o<strong>de</strong>r sogar für<br />

Hyperion selbst. Er könnte sagen, er hat eine Spur hinterlassen, wenn es wahr wäre. Diese Behauptung<br />

präsupponiert <strong>die</strong> Vorstellung, dass man eigentlich nur das sagen kann bzw. darf, was<br />

wahr ist, so dass Wirklichkeit und Sprache sich vollkommen entsprechen.<br />

Tausendmal hab’ ich in meiner Herzensfreu<strong>de</strong> gelacht über <strong>die</strong> Menschen, <strong>die</strong> sich einbil<strong>de</strong>n, ein erhabner<br />

Geist könne unmöglich wissen, wie man ein Gemüse bereitet. Diotima konnte wohl zur rechten Zeit recht<br />

herzhaft von <strong>de</strong>m Feuerher<strong>de</strong> sprechen, und es ist gewiss nichts edler, als ein edles Mädchen, das <strong>die</strong> allwohltätige<br />

Flamme besorgt, und, ähnlich <strong>de</strong>r Natur, <strong>die</strong> herzerfreuen<strong>de</strong> Speise bereitet. (Schmidt, 1994: 66)<br />

Hyperion meint, Diotima kann vom Kochen sprechen, weil sie gut kochen kann. Diese Behauptung<br />

präsupponiert, dass man nur von Themen sprechen kann, <strong>die</strong> man gut kennt. Und <strong>die</strong>se Präsupposition<br />

präsupponiert wie<strong>de</strong>rum, dass <strong>die</strong> Sprache dazu da ist, <strong>die</strong> Wirklichkeit wahrheitsgetreu<br />

darzustellen.<br />

Es ist nicht erst seit Jahren hingeschie<strong>de</strong>n, man kann so genau nicht sagen, wenn es da war, wenn es wegging,<br />

aber es war (Schmidt, 1994: 76)<br />

Eigentlich kann man es schon sagen, bloß es wäre Fantasie und wür<strong>de</strong> höchstwahrscheinlich <strong>de</strong>r<br />

Wahrheit nicht entsprechen. In<strong>de</strong>m Diotima <strong>die</strong>s aussagt, präsupponiert sie, dass man nur das sagen<br />

kann bzw. darf, was wahr ist, so dass <strong>die</strong> Sprache vollkommen <strong>de</strong>r Wirklichkeit entspricht.<br />

Von nun an war <strong>de</strong>nn auch an <strong>de</strong>m Spartaner alles erbil<strong>de</strong>t, alle Vortrefflichkeit errungen und erkauft durch<br />

Fleiß und selbstbewusstes Streben, und soviel man in gewissem Sinne von <strong>de</strong>r Einfalt <strong>de</strong>r Spartaner spre­<br />

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