die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València
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an <strong>de</strong>r Wurzel fassen, an <strong>de</strong>r Wurzel es durchschnei<strong>de</strong>n, samt <strong>de</strong>r Wurzel es ausreißen, dass es verdorre im<br />
Sonnenbran<strong>de</strong>.<br />
Nicht, dass wir ernten möchten, fiel ein andrer ein; uns kommt <strong>de</strong>r Lohn zu spät; uns reift <strong>die</strong> Ernte nicht<br />
mehr.<br />
Wir sind am Abend unsrer Tage. Wir irrten oft, wir hofften viel und taten wenig. Wir wagten lieber, als wir<br />
uns besannen. Wir waren gerne bald am En<strong>de</strong> und trauten auf das Glück. Wir sprachen+ viel von Freu<strong>de</strong><br />
und Schmerz, und liebten, hassten bei<strong>de</strong>. Wir spielten mit <strong>de</strong>m Schicksal und es tat mit uns ein Gleiches.<br />
Vom Bettelstabe bis zur Krone warf es uns auf und ab. Es schwang uns, wie man ein glühend Rauchfass<br />
schwingt, und wir glühten, bis <strong>die</strong> Kohle zu Asche ward. Wir haben aufgehört von Glück und Missgeschick<br />
zu sprechen+. Wir sind emporgewachsen über <strong>die</strong> Mitte <strong>de</strong>s Lebens, wo es grünt und warm ist. Aber es ist<br />
nicht das Schlimmste, was <strong>die</strong> Jugend überlebt. Aus heißem Metalle wird das kalte Schwert geschmie<strong>de</strong>t.<br />
Auch sagt+ man, auf verbrannten abgestorbenen Vulkanen ge<strong>de</strong>ihe kein schlechter Most.<br />
Wir sagen+ das nicht um unsertwillen, rief+ ein an<strong>de</strong>rer jetzt etwas rascher, wir sagen+ es um euertwillen!<br />
Wir betteln um das Herz <strong>de</strong>s Menschen nicht. Denn wir bedürfen seines Herzens, seines Willens nicht.<br />
Denn er ist in keinem Falle wi<strong>de</strong>r uns, <strong>de</strong>nn es ist alles für uns, und <strong>die</strong> Toren und <strong>die</strong> Klugen und <strong>die</strong><br />
Einfältigen und <strong>die</strong> Weisen und alle Laster und alle Tugen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Roheit und <strong>de</strong>r Bildung stehen, ohne<br />
gedungen zu sein, in unsrem Dienst, und helfen blindlings #*43*#mit zu unsrem Ziel – nur wünschten wir,<br />
es hätte jemand <strong>de</strong>n Genuss davon, drum suchen wir unter <strong>de</strong>n tausend blin<strong>de</strong>n Gehilfen <strong>die</strong> besten uns aus,<br />
um sie zu sehen<strong>de</strong>n Gehilfen zu machen – will aber niemand wohnen, wo wir bauten, unsre Schuld und<br />
unser Scha<strong>de</strong>n ist es nicht. Wir taten, was das unsre war. Will niemand sammeln, wo wir pflügten, wer<br />
verargt es uns? Wer flucht <strong>de</strong>m Baume, wenn sein Apfel in <strong>de</strong>n Sumpf fällt? Ich hab’s mir oft gesagt+, du<br />
opferst <strong>de</strong>r Verwesung, und ich en<strong>de</strong>te mein Tagwerk doch.<br />
Das sind Betrüger! riefen+ alle Wän<strong>de</strong> meinem empfindlichen Sinne zu. Mir war, wie einem, <strong>de</strong>r im Rauch<br />
ersticken will, und Türen und Fenster einstößt, um sich hinauszuhelfen, so dürstet’ ich nach Luft und<br />
Freiheit.<br />
Sie sahn auch bald, wie unheimlich mir zu Mute war, und brachen ab. Der Tag graute schon, da ich aus<br />
<strong>de</strong>m Khan trat, wo wir waren beisammen gewesen. Ich fühlte das Wehen <strong>de</strong>r Morgenluft, wie Balsam an<br />
einer brennen<strong>de</strong>n Wun<strong>de</strong>.<br />
Ich war durch Alabandas Spott schon zu sehr gereizt, um nicht durch seine rätselhafte Bekanntschaft<br />
vollends irre zu wer<strong>de</strong>n an ihm.<br />
Er ist schlecht, rief+ ich, ja, er ist schlecht. Er heuchelt+ grenzenlos Vertrauen und lebt mit solchen – und<br />
verbirgt es dir.<br />
Mir war, wie einer Braut, wenn sie erfährt, dass ihr Geliebter insgeheim mit einer Dirne lebe.<br />
O es war <strong>de</strong>r Schmerz nicht, <strong>de</strong>n man hegen mag, <strong>de</strong>n man am Herzen trägt, wie ein Kind, und in<br />
Schlummer singt+ mit Tönen+ <strong>de</strong>r Nachtigall!<br />
Wie eine ergrimmte Schlange, wenn sie unerbittlich herauffährt an <strong>de</strong>n Knien und Len<strong>de</strong>n, und alle Glie<strong>de</strong>r<br />
umklammert, und nun in <strong>die</strong> Brust <strong>die</strong> giftigen Zähne schlägt und nun in <strong>de</strong>n Nacken, so war mein<br />
Schmerz, so fasst’ er mich in seine fürchterliche Umarmung. Ich nahm mein höchstes Herz zu Hilfe, und<br />
rang nach großen Gedanken, um noch stille+ zu halten, es gelang mir auch auf #*44*#wenige Augenblicke,<br />
aber nun war ich auch zum Zorne gestärkt, nun tötet’ ich auch, wie eingelegtes Feuer, je<strong>de</strong>n Funken <strong>de</strong>r<br />
Liebe in mir.<br />
Er muss ja, dacht’ ich, das sind ja seine Menschen, er muss verschworen sein mit <strong>die</strong>sen, gegen dich! Was<br />
wollt’ er auch von dir? Was konnt’ er suchen bei dir, <strong>de</strong>m Schwärmer? O wär’ er seiner Wege gegangen!<br />
Aber sie haben ihren eigenen Gelust, sich an ihr Gegenteil zu machen! so ein frem<strong>de</strong>s Tier im Stalle zu<br />
haben, lässt ihnen gar gut! –<br />
Und doch war ich unaussprechlich+ glücklich gewesen mit ihm, war so oft untergegangen in seinen<br />
Umarmungen, um aus ihnen zu erwachen mit Unüberwindlichkeit in <strong>de</strong>r Brust, wur<strong>de</strong> so oft gehärtet und<br />
geläutert in seinem Feuer, wie Stahl!<br />
Da ich einst in heitrer Mitternacht <strong>die</strong> Dioskuren ihm wies+, und Alabanda <strong>die</strong> Hand aufs Herz mir legt’<br />
und sagte+: Das sind nur Sterne, Hyperion, nur Buchstaben+, womit <strong>de</strong>r Name+ <strong>de</strong>r Hel<strong>de</strong>nbrü<strong>de</strong>r am<br />
Himmel geschrieben+ ist; in uns sind sie! lebendig und wahr, mit ihrem Mut und ihrer göttlichen Liebe,<br />
und du, du bist <strong>de</strong>r Göttersohn, und teilst mit <strong>de</strong>inem sterblichen Kastor <strong>de</strong>ine Unsterblichkeit! –<br />
Da ich <strong>die</strong> Wäl<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Ida mit ihm durchstreifte, und wir herunterkamen ins Tal, um da <strong>die</strong> schweigen<strong>de</strong>n+<br />
Grabhügel nach ihren Toten zu fragen+, und ich zu Alabanda sagte+, dass unter <strong>de</strong>n Grabhügeln einer<br />
vielleicht <strong>de</strong>m Geist Achills und seines Geliebten angehöre, und Alabanda mir vertraute+, wie er oft ein<br />
Kind sei und sich <strong>de</strong>nke, dass wir einst in Einem Schlachttal fallen und zusammen ruhen+ wer<strong>de</strong>n unter<br />
Einem Baum – wer hätte damals das gedacht?<br />
Ich sann mit aller Kraft <strong>de</strong>s Geistes, <strong>die</strong> mir übrig war, ich klagt’ ihn an, verteidigt’ ihn, und klagt’ ihn<br />
wie<strong>de</strong>r um so bittrer an; ich wi<strong>de</strong>rstrebte meinem Sinne, wollte mich erheitern, und verfinsterte mich nur<br />
ganz dadurch.<br />
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