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die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

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#*159*#FORTSETZUNG<br />

Bald, da du fort warst, und noch in <strong>de</strong>n Tagen <strong>de</strong>s Abschieds fing es an. Eine Kraft im Geiste, vor <strong>de</strong>r ich<br />

erschrak, ein innres Leben, vor <strong>de</strong>m das Leben <strong>de</strong>r Erd’ erblasst’ und schwand, wie Nachtlampen im<br />

Morgenrot – soll ich’s sagen+? ich hätte mögen nach Delphi gehn und <strong>de</strong>m Gott <strong>de</strong>r Begeisterung einen<br />

Tempel bauen unter <strong>de</strong>n Felsen <strong>de</strong>s alten Parnass, und, eine neue Pythia, <strong>die</strong> schlaffen Völker mit<br />

Göttersprüchen+ entzün<strong>de</strong>n, und meine Seele weiß, <strong>de</strong>n Gottverlassnen allen hätte <strong>de</strong>r jungfräuliche<br />

Mund+ <strong>die</strong> Augen geöffnet und <strong>die</strong> dumpfen Stirnen entfaltet, so mächtig war <strong>de</strong>r Geist <strong>de</strong>s Lebens in mir!<br />

Doch mü<strong>de</strong>r und mü<strong>de</strong>r wur<strong>de</strong>n <strong>die</strong> sterblichen Glie<strong>de</strong>r und <strong>die</strong> ängstigen<strong>de</strong> Schwere zog mich unerbittlich<br />

hinab. Ach! oft in meiner stillen+ Laube hab’ ich um <strong>de</strong>r Jugend Rosen geweint! sie welkten und welkten,<br />

und nur von Tränen färbte <strong>de</strong>ines Mädchens Wange sich rot. Es waren <strong>die</strong> vorigen Bäume noch, es war <strong>die</strong><br />

vorige Laube – da stand einst <strong>de</strong>ine Diotima, <strong>de</strong>in Kind, Hyperion, vor <strong>de</strong>inen glücklichen Augen, eine<br />

Blume unter <strong>de</strong>n Blumen und <strong>die</strong> Kräfte <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> und <strong>de</strong>s Himmels trafen sich friedlich zusammen in ihr;<br />

nun ging sie, eine Fremdlingin unter <strong>de</strong>n Knospen <strong>de</strong>s Mais, und ihre Vertrauten, <strong>die</strong> lieblichen Pflanzen,<br />

nickten ihr freundlich, sie aber konnte nur trauern; doch ging ich keine vorüber, doch nahm ich einen<br />

Abschied um <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>rn von all <strong>de</strong>n Jugendgespielen, <strong>de</strong>n Hainen und Quellen und säuseln<strong>de</strong>n Hügeln.<br />

Ach! oft mit schwerer süßer Mühe bin ich noch, so lang ich’s konnte, auf <strong>die</strong> Höhe gegangen, wo du bei<br />

Notara gewohnt, und habe von dir mit <strong>de</strong>m Freun<strong>de</strong> gesprochen+, so leichten Sinns, als möglich war, damit<br />

er nichts von mir dir schreiben+ sollte; bald aber, wenn das Herz zu laut ward, schlich <strong>die</strong> Heuchlerin+ sich<br />

hinaus in <strong>de</strong>n Garten, und da war ich nun am Gelän<strong>de</strong>r, über <strong>de</strong>m Felsen, wo ich einst mit dir hinab sah,<br />

und hinaus in <strong>die</strong> offne Natur, ach! wo ich #*160*#stand, von <strong>de</strong>inen Hän<strong>de</strong>n gehalten, von <strong>de</strong>inen Augen<br />

umlauscht, im ersten schau<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n Erwarmen <strong>de</strong>r Liebe und <strong>die</strong> überwallen<strong>de</strong> Seele auszugießen<br />

wünschte, wie einen Opferwein, in <strong>de</strong>n Abgrund <strong>de</strong>s Lebens, da wankt’ ich nun umher und klagte+ <strong>de</strong>m<br />

Win<strong>de</strong> mein Leid, und wie ein scheuer Vogel, irrte mein Blick und wagt’ es kaum, <strong>die</strong> schöne Er<strong>de</strong><br />

anzusehn, von <strong>de</strong>r ich schei<strong>de</strong>n sollte.<br />

FORTSETZUNG<br />

So ist’s mit <strong>de</strong>inem Mädchen gewor<strong>de</strong>n, Hyperion. Frage+ nicht wie? erkläre <strong>die</strong>sen Tod dir nicht! Wer<br />

solch ein Schicksal zu ergrün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>nkt, <strong>de</strong>r flucht+ am En<strong>de</strong> sich und allem, und doch hat keine Seele<br />

Schuld daran.<br />

Soll ich sagen+, mich habe <strong>de</strong>r Gram um dich getötet? o nein! o nein! er war mir ja willkommen, <strong>die</strong>ser<br />

Gram, er gab <strong>de</strong>m To<strong>de</strong>, <strong>de</strong>n ich in mir trug, Gestalt und Anmut; <strong>de</strong>inem Lieblinge zur Ehre stirbst du,<br />

konnt’ ich nun mir sagen+. –<br />

O<strong>de</strong>r ist mir meine Seele zu reif gewor<strong>de</strong>n in all <strong>de</strong>n Begeisterungen unserer Liebe und hält sie darum mir<br />

nun, wie ein übermütiger Jüngling, in <strong>de</strong>r beschei<strong>de</strong>nen Heimat nicht mehr? sprich+! war es meines<br />

Herzens Üppigkeit, <strong>die</strong> mich entzweite mit <strong>de</strong>m sterblichen Leben? ist <strong>die</strong> Natur in mir durch dich, du<br />

Herrlicher! zu stolz gewor<strong>de</strong>n, um sich’s länger gefallen zu lassen auf <strong>die</strong>sem mittelmäßigen Sterne? Aber<br />

hast du sie fliegen gelehrt, warum lehrst du meine Seele nicht auch, dir wie<strong>de</strong>rzukehren? Hast du das Äther<br />

lieben<strong>de</strong> Feuer angezün<strong>de</strong>t, warum hütetest du mir es nicht? – Höre+ mich, Lieber! um <strong>de</strong>iner schönen<br />

Seele willen! klage du dich über meinem To<strong>de</strong> nicht an!<br />

Konntest du <strong>de</strong>nn mich halten, als <strong>de</strong>in Schicksal dir <strong>de</strong>nselben Weg wies+? und, hätt’st du im<br />

Hel<strong>de</strong>nkampfe <strong>de</strong>ines Herzens mir gepredigt+ – lass dir genügen, Kind! und schick in <strong>die</strong> Zeit dich – wärst<br />

du nicht <strong>de</strong>r Eitelste von allen Eiteln gewesen?<br />

#*161*#FORTSETZUNG<br />

Ich will es dir gera<strong>de</strong> sagen+, was ich glaube. Dein Feuer lebt’ in mir, <strong>de</strong>in Geist war in mich<br />

übergegangen; aber das hätte schwerlich gescha<strong>de</strong>t, und nur <strong>de</strong>in Schicksal hat mein neues Leben mir<br />

tödlich gemacht. Zu mächtig war mir meine Seele durch dich, sie wäre durch dich auch wie<strong>de</strong>r stille+<br />

gewor<strong>de</strong>n. Du entzogst mein Leben <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>, du hättest auch Macht gehabt, mich an <strong>die</strong> Er<strong>de</strong> zu fesseln, du<br />

hättest meine Seele, wie in einen Zauberkreis, in <strong>de</strong>ine umfangen<strong>de</strong>n Arme gebannt; ach! Einer <strong>de</strong>iner<br />

Herzensblicke hätte mich fest gehalten, Eine <strong>de</strong>iner Liebesre<strong>de</strong>n+ hätte mich wie<strong>de</strong>r zum frohen gesun<strong>de</strong>n<br />

Kin<strong>de</strong> gemacht; doch da <strong>de</strong>in eigen Schicksal dich in Geisteseinsamkeit, wie Wasserflut auf Bergesgipfel<br />

trieb, o da erst, als ich vollends meinte, dir habe das Wetter <strong>de</strong>r Schlacht <strong>de</strong>n Kerker gesprengt und mein<br />

Hyperion sei aufgeflogen in <strong>die</strong> alte Freiheit, da entschied sich es mit mir und wird nun bald sich en<strong>de</strong>n.<br />

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