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die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

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<strong>de</strong>r <strong>die</strong> Wäl<strong>de</strong>r entwurzelt und durch <strong>de</strong>n Ozean hinfährt<br />

und <strong>die</strong> Schiffe zerschlägt und doch in <strong>de</strong>r ewigen Ordnung<br />

niemals irre dich macht, auf <strong>de</strong>r Tafel <strong>de</strong>iner Gesetze<br />

keine Silbe verwischt, <strong>de</strong>r auch <strong>de</strong>in Sohn, o Natur, ist<br />

mit <strong>de</strong>m Geiste <strong>de</strong>r Ruh’ aus Einem Schoße geboren. (Schmidt, 1992: 196)<br />

Demnach hat <strong>die</strong> Natur Gesetze, <strong>die</strong> auf Tafeln in Silben und Wörtern geschrieben stehen. Auf<br />

<strong>die</strong>se Weise wer<strong>de</strong>n <strong>die</strong> Naturgesetze und ihre schriftliche Formulierung gleichgesetzt.<br />

Ach! schon atmet und tönt heilige Lebenslust<br />

ihr im reizen<strong>de</strong>n Wort wie<strong>de</strong>r wie sonst (Schmidt, 1992: 201)<br />

Die heilige Lebenslust manifestiert sich im „Wort“, welches ebenso heilig ist, und <strong>de</strong>swegen<br />

klingt es nicht nur, son<strong>de</strong>rn es „tönt“ wie Musik.<br />

Ihr wan<strong>de</strong>lt droben im Licht<br />

auf weichem Bo<strong>de</strong>n, selige Genien!<br />

Glänzen<strong>de</strong> Götterlüfte<br />

rühren euch leicht,<br />

wie <strong>die</strong> Finger <strong>de</strong>r Künstlerin<br />

heilige Saiten. (Schmidt, 1992: 207)<br />

Die „Götterlüfte“ sind „wie <strong>die</strong> Finger <strong>de</strong>r Künstlerin“, und <strong>die</strong> „Genien“ selbst sind wie <strong>die</strong><br />

„Saiten“, auf <strong>de</strong>nen Musik gespielt wird. Die Musik ist eine Sprache, <strong>die</strong> als semiotisches Kommunikationssystem<br />

verstan<strong>de</strong>n ist. Die Musik ist also, <strong>de</strong>m Gleichnis folgend, wie <strong>die</strong> Existenz<br />

<strong>de</strong>r Genien.<br />

B.II.c. Mythologisierte Vorstellungen<br />

B.II.c.1. Sprache und Wirklichkeit<br />

B.II.c.1.1. Magische Beschwörungskraft <strong>de</strong>r Sprache<br />

Nicht um Wasser rief ich dich an, Natur! in <strong>de</strong>r Wüste,<br />

Wasser bewahrte mir treulich das fromme Kamel.<br />

Um <strong>de</strong>r Haine Gesang, um Gestalten und Farben <strong>de</strong>s Lebens<br />

bat ich, vom lieblichen Glanz heimischer Fluren verwöhnt.<br />

Aber ich bat umsonst; du erschienst mir feurig und herrlich (Schmidt, 1992: 185)<br />

Der Dichter ruft <strong>die</strong> Natur an, um sie um etwas zu bitten, nämlich um <strong>de</strong>n „<strong>de</strong>n Glanz heimischer<br />

Fluren“ herbeizubeschwören. Es gelingt ihm jedoch nicht. Aber es präsupponiert, dass er <strong>de</strong>r<br />

Meinung ist, dass es ihm gelingen kann.<br />

Gebet für <strong>die</strong> Unheilbaren.<br />

Eil, o zau<strong>de</strong>rn<strong>de</strong> Zeit, sie ans Ungereimte zu führen,<br />

an<strong>de</strong>rs belehrest du sie nie wie verständig sie sind. (Schmidt, 1992: 191)<br />

Durch <strong>die</strong>ses „Gebet“ versucht <strong>de</strong>r Dichter, <strong>die</strong> Zeit zu beschwören, so dass sie <strong>die</strong> unheilbaren<br />

Menschen straft.<br />

Noch siehet mein sterblich Lied<br />

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