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die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

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aus Gedanken <strong>die</strong> Tat? Leben <strong>die</strong> Bücher bald? (Schmidt, 1992: 202)<br />

Die Bücher über <strong>die</strong> griechische Antike erzählen von hohen menschlichen I<strong>de</strong>alen und von <strong>de</strong>n<br />

schönen Göttern. Eine solche Mentalität gibt es nach Meinung <strong>de</strong>s Dichters unter <strong>de</strong>n Deutschen<br />

nicht, meint <strong>de</strong>r Dichter, aber er wünscht es sich schon, wird aber gewünscht.<br />

Die scheinheiligen Dichter.<br />

Ihr kalten Heuchler, sprecht von <strong>de</strong>n Göttern nicht!<br />

Ihr habt Verstand! ihr glaubt nicht an Helios,<br />

noch an <strong>de</strong>n Donnerer und Meergott;<br />

tot ist <strong>die</strong> Er<strong>de</strong>, wer mag ihr danken? –<br />

Getrost, ihr Götter! zieret ihr doch das Lied,<br />

wenn schon aus euren Namen <strong>die</strong> Seele schwand,<br />

und ist ein großes Wort vonnöten,<br />

Mutter Natur! so ge<strong>de</strong>nkt man <strong>de</strong>iner. (Schmidt, 1992: 202)<br />

Im Gegensatz zu <strong>de</strong>n inhaltslosen Lie<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r scheinheiligen Dichter ist „ein großes Wort“ fähig,<br />

<strong>die</strong> göttliche Wahrheit zu vermitteln. Aber dann soll sie für <strong>die</strong> heutigen Leser nicht in Form veralteter<br />

Götter geklei<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn „Mutter Natur“ genannt wer<strong>de</strong>n.<br />

B.II.b.3. Sprache und das Göttliche<br />

B.II.b.3.1. Die heilige Sprache ist wie Musik<br />

Wie so an<strong>de</strong>rs ist’s gewor<strong>de</strong>n!<br />

Alles was ich hasst’ und mied,<br />

stimmt in freundlichen Akkor<strong>de</strong>n<br />

nun in meines Lebens Lied (Schmidt, 1992: 172)<br />

Ältere Fassung <strong>de</strong>s Gedichts. Mit <strong>die</strong>ser Metapher gibt <strong>de</strong>r Dichter zu verstehen, dass sein Leben<br />

wie ein Lied ist. Das Substantiv „Lied“ präsupponiert sowohl Musik als auch Sprache. Es han<strong>de</strong>lt<br />

sich um <strong>die</strong> heilige Sprache, <strong>die</strong> von einer verliebten und glücklichen Person verstan<strong>de</strong>n<br />

wer<strong>de</strong>n kann. Denn das Leben <strong>de</strong>s Dichters ist erst harmonisch gewor<strong>de</strong>n, seit<strong>de</strong>m er Diotima<br />

kennengelernt hat.<br />

kamst du, wie vom Himmel nie<strong>de</strong>r<br />

und es gab mein einzig Glück<br />

meines Sinnes Wohllaut wie<strong>de</strong>r<br />

mir ein Traum von dir zurück. (Schmidt, 1992: 173)<br />

Der Dichter träumte von Diotima und erhielt dadurch eine Art Botschaft, <strong>die</strong> sein Leben verän<strong>de</strong>rte<br />

und glücklich machte. Nach <strong>de</strong>n heutigen Regeln <strong>de</strong>r Kommasetzung müsste <strong>de</strong>r Ausdruck<br />

„meines Sinnes Wohllaut“ zwischen Kommata stehen, <strong>de</strong>nn er ist eine Apposition vom Ausdruck<br />

„mein einzig Glück“, welcher das Akkusativobjekt vom Verb „zurückgeben“ ist. Das, was<br />

Diotimas Erscheinung <strong>de</strong>m Dichter gibt, ist also ein Wohllaut, welcher das Glück be<strong>de</strong>utet. Dieses<br />

Wort „Wohllaut“ präsupponiert sowohl Sprache als auch Musik. Es han<strong>de</strong>lt sich offensichtlich<br />

um <strong>die</strong> heilige Sprache, <strong>die</strong> musikalisch­harmonisch beschaffen ist.<br />

Wie so an<strong>de</strong>rs ist’s gewor<strong>de</strong>n!<br />

Alles, was ich hasst’ und mied,<br />

stimmt in freundlichen Akkor<strong>de</strong>n<br />

nun in meines Lebens Lied (Schmidt, 1992: 175)<br />

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