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die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

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Ihr habt Verstand! ihr glaubt nicht an Helios,<br />

noch an <strong>de</strong>n Donnerer und Meergott<br />

tot ist <strong>die</strong> Er<strong>de</strong>, wer mag ihr danken?<br />

Getrost, ihr Götter! zieret ihr doch das Lied,<br />

wenn schon aus euren Namen <strong>die</strong> Seele schwand (Schmidt, 1992: 202)<br />

Es gibt Dichter, <strong>die</strong> <strong>de</strong>n Namen <strong>de</strong>r Götter nennen, ohne an sie zu glauben, nur um ihre Gedichte<br />

bzw. „Lie<strong>de</strong>r“ damit zu schmücken. Eine solche Sprache wirkt tot, seelenlos, heuchlerisch, leer,<br />

sinnlos, kann <strong>de</strong>n abwesen<strong>de</strong>n Glauben keineswegs vermitteln.<br />

B.I.b.3.2. Das Göttliche als Wirklichkeit jenseits <strong>de</strong>r<br />

Sprache<br />

stumm und ernst, wie von <strong>de</strong>m Sturm verschlagen<br />

nach <strong>de</strong>m Orient <strong>de</strong>r Schiffer blickt? (Schmidt, 1992: 169)<br />

Die Gottheit kommuniziert nicht mit <strong>de</strong>n Menschen, son<strong>de</strong>rn bleibt „stumm“, auch wenn <strong>die</strong>se in<br />

Not sind und nach ihr rufen. Sie befin<strong>de</strong>t sich auf einer an<strong>de</strong>ren Ebene, <strong>die</strong> von <strong>de</strong>r menschlichen<br />

Sprache we<strong>de</strong>r erreicht noch irgendwie betroffen wer<strong>de</strong>n kann.<br />

Wie <strong>de</strong>in Vater und <strong>de</strong>r meine,<br />

<strong>de</strong>r in heitrer Majestät<br />

über seinem Eichenhaine<br />

dort in lichter Höhe geht,<br />

wie er in <strong>die</strong> Meereswogen,<br />

wo <strong>die</strong> kühle Tiefe blaut,<br />

steigend von <strong>de</strong>s Himmels Bogen,<br />

klar und still herunterschaut:<br />

So will ich aus Götterhöhen,<br />

neu geweiht in schön’rem Glück,<br />

froh zu singen und zu sehen,<br />

nun zu Sterblichen zurück. (Schmidt, 1992: 181)<br />

Der Dichter spricht hier Diotima an. Mit ihr hat er sich im Himmel aufgehalten und hat <strong>die</strong> Götter<br />

kennengelernt, <strong>die</strong> still sind. Dann kehrt er zu <strong>de</strong>n Sterblichen zurück und kann wie<strong>de</strong>r sehen<br />

und singen. Demnach liegt <strong>de</strong>r Bereich <strong>de</strong>s Göttlichen jenseits <strong>de</strong>r menschlichen Sprache. Das<br />

Adverb „still“ be<strong>de</strong>utet hier 'sprachlos, ohne Sprache, stumm'.<br />

Ist nicht heilig mein Herz, schöneren Lebens voll,<br />

seit ich liebe? Warum achtetet ihr mich mehr,<br />

da ich stolzer und wil<strong>de</strong>r,<br />

wortereicher und leerer war?<br />

Ach! Der Menge gefällt, was auf <strong>de</strong>n Marktplatz taugt,<br />

und es ehret <strong>de</strong>r Knecht nur <strong>de</strong>n Gewaltsamen;<br />

an das Göttliche glauben<br />

<strong>die</strong> allein, <strong>die</strong> es selber sind. (Schmidt, 1992: 200)<br />

Die Moral lautet: Je göttlicher <strong>de</strong>r Mensch, <strong>de</strong>sto wortkarger wird er. Denn das Göttliche liegt<br />

jenseits <strong>de</strong>r Sprache.<br />

Schicksallos, wie <strong>de</strong>r schlafen<strong>de</strong><br />

Säugling, atmen <strong>die</strong> Himmlischen;<br />

keusch bewahrt<br />

203

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