die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València
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Aber nun sei es auch <strong>de</strong>s Trauerns genug, du Liebe! Du bist mir nachgefolgt in meine Nacht, nun komm!<br />
und lass mich dir zu <strong>de</strong>inem Lichte folgen, zu <strong>de</strong>iner Anmut lass uns wie<strong>de</strong>rkehren, schönes Herz! o <strong>de</strong>ine<br />
Ruhe+ lass mich wie<strong>de</strong>rsehen, selige Natur! vor <strong>de</strong>inem Frie<strong>de</strong>nsbil<strong>de</strong> meinen Übermut auf immer mir<br />
entschlummern.<br />
Nicht wahr, du Teure! noch ist meine Rückkehr nicht zu spät, und du nimmst mich wie<strong>de</strong>r auf und kannst<br />
mich wie<strong>de</strong>r lieben, wie sonst? nicht wahr, noch ist das Glück vergangner Tage nicht für uns verloren?<br />
Ich hab’ es bis aufs Äußerste getrieben. Ich habe sehr #*146*#undankbar an <strong>de</strong>r mütterlichen Er<strong>de</strong><br />
gehan<strong>de</strong>lt, habe mein Blut und alle Liebesgaben, <strong>die</strong> sie mir gegeben, wie einen Knechtlohn, weggeworfen<br />
und ach! wie tausendmal undankbarer an dir, du heilig Mädchen! das mich einst in seinen Frie<strong>de</strong>n aufnahm,<br />
mich, ein scheu zerrissnes Wesen, <strong>de</strong>m aus tiefgepresster Brust sich kaum ein Jugendschimmer stahl, wie<br />
hie und da ein Grashalm auf zertretnen Wegen. Hattest du mich nicht ins Leben gerufen+? war ich nicht<br />
<strong>de</strong>in? wie konnt’ ich <strong>de</strong>nn – o du weißt es, wie ich hoffe, noch nicht, hast noch <strong>de</strong>n Unglücksbrief nicht in<br />
<strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n ich vor <strong>de</strong>r letzten Schlacht dir schrieb+? Da wollt’ ich sterben, Diotima, und ich glaubt’,<br />
ein heilig Werk zu tun. Aber wie kann das heilig sein, was Lieben<strong>de</strong> trennt? wie kann das heilig sein, was<br />
unsers Lebens frommes Glück zerrüttet? – Diotima! schön gebornes Leben! ich bin dir jetzt dafür in<br />
<strong>de</strong>inem Eigensten um so ähnlicher gewor<strong>de</strong>n, ich hab’ es endlich achten gelernt, ich hab’ es bewahren<br />
gelernt, was gut und innig ist auf Er<strong>de</strong>n. O wenn ich auch dort oben lan<strong>de</strong>n könnte an <strong>de</strong>n glänzen<strong>de</strong>n<br />
Inseln <strong>de</strong>s Himmels, fänd’ ich mehr, als ich bei Diotima fin<strong>de</strong>?<br />
Höre+ mich nun, Geliebte!<br />
In Griechenland ist meines Bleibens nicht mehr. Das weißt du. Bei seinem Abschied hat mein Vater mir so<br />
viel von seinem Überflusse geschickt, als hinreicht, in ein heilig Tal <strong>de</strong>r Alpen o<strong>de</strong>r Pyrenäen uns zu<br />
flüchten, und da ein freundlich Haus und auch von grüner Er<strong>de</strong> so viel zu kaufen, als <strong>de</strong>s Lebens gol<strong>de</strong>ne<br />
Mittelmäßigkeit bedarf.<br />
Willst du, so komm’ ich gleich und führ’ an treuem Arme dich und <strong>de</strong>ine Mutter und wir küssen Kalaureas<br />
Ufer und trocknen <strong>die</strong> Tränen uns ab, und eilen über <strong>de</strong>n Isthmus hinein ans Adriatische Meer, von wo ein<br />
sicher Schiff uns weiter bringt.<br />
O komm! in <strong>de</strong>n Tiefen <strong>de</strong>r Gebirgswelt wird das Geheimnis unsers Herzens ruhn+, wie das E<strong>de</strong>lgestein im<br />
Schacht, im Schoße <strong>de</strong>r Himmel ragen<strong>de</strong>n Wäl<strong>de</strong>r, da wird uns sein, wie unter <strong>de</strong>n Säulen <strong>de</strong>s innersten<br />
Tempels, wo <strong>die</strong> Götterlosen nicht nahn, und wir wer<strong>de</strong>n sitzen am #*147*#Quell, in seinem Spiegel unsre<br />
Welt betrachten, <strong>de</strong>n Himmel und Haus und Garten und uns. Oft wer<strong>de</strong>n wir in heiterer Nacht im Schatten<br />
unsers Obstwalds wan<strong>de</strong>ln und <strong>de</strong>n Gott in uns, <strong>de</strong>n lieben<strong>de</strong>n, belauschen+, in<strong>de</strong>s <strong>die</strong> Pflanze aus <strong>de</strong>m<br />
Mittagsschlummer ihr gesunken Haupt erhebt und <strong>de</strong>iner Blumen stilles+ Leben sich erfrischt, wenn sie im<br />
Tau <strong>die</strong> zarten Arme ba<strong>de</strong>n, und <strong>die</strong> Nachtluft kühlend sie umatmet und durchdringt, und über uns blüht <strong>die</strong><br />
Wiese <strong>de</strong>s Himmels mit all ihren funkeln<strong>de</strong>n Blumen und seitwärts ahmt das Mondlicht hinter westlichem<br />
Gewölk <strong>de</strong>n Nie<strong>de</strong>rgang <strong>de</strong>s Sonnenjünglings, wie aus Liebe schüchtern nach – und dann <strong>de</strong>s Morgens,<br />
wenn sich, wie ein Flussbett unser Tal mit warmem Lichte füllt, und still+ <strong>die</strong> goldne Flut durch unsre<br />
Bäume rinnt, und unser Haus umwallt und <strong>die</strong> lieblichen Zimmer, <strong>de</strong>ine Schöpfung dir verschönt, und du in<br />
ihrem Sonnenglanze gehst und mir <strong>de</strong>n Tag in <strong>de</strong>iner Grazie segnest, Liebe! wenn sich dann, in<strong>de</strong>s wir so<br />
<strong>die</strong> Morgenwonne feiern, <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> geschäftig Leben, wie ein Opferbrand, vor unsern Augen entzün<strong>de</strong>t, und<br />
wir nun hingehn, um auch unser Tagwerk, um von uns auch einen Teil in <strong>die</strong> steigen<strong>de</strong> Flamme zu werfen,<br />
wirst du da nicht sagen+, wir sind glücklich, wir sind wie<strong>de</strong>r, wie <strong>die</strong> alten Priester+ <strong>de</strong>r Natur, <strong>die</strong> heiligen<br />
und frohen, <strong>die</strong> schon fromm gewesen, eh ein Tempel stand.<br />
Hab’ ich genug gesagt+? entschei<strong>de</strong> nun mein Schicksal, teures Mädchen, und bald! – Es ist ein Glück,<br />
dass ich noch halb ein Kranker bin, von <strong>de</strong>r letzten Schlacht her, und dass ich noch aus meinem Dienste<br />
nicht entlassen bin; ich könnte sonst nicht bleiben, ich müsste selbst fort, müsste fragen+, und das wäre<br />
nicht gut, das hieße dich bestürmen. –<br />
Ach Diotima! bange törichte Gedanken fallen mir aufs Herz und doch – ich kann es nicht <strong>de</strong>nken, dass<br />
auch <strong>die</strong>se Hoffnung scheitern soll.<br />
Bist du <strong>de</strong>nn nicht zu groß gewor<strong>de</strong>n, um noch wie<strong>de</strong>rzukehren zu <strong>de</strong>m Glück <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>? verzehrt <strong>die</strong><br />
heftige Geistesflamme, <strong>die</strong> an <strong>de</strong>inem Lei<strong>de</strong>n sich entzün<strong>de</strong>te, verzehrt sie nicht alles Sterbliche dir?<br />
#*148*#Ich weiß es wohl, wer leicht sich mit <strong>de</strong>r Welt entzweit, versöhnt auch leichter sich mit ihr. Aber<br />
du, mit <strong>de</strong>iner Kin<strong>de</strong>rstille, du, so glücklich einst in <strong>de</strong>iner hohen Demut, Diotima! wer will dich<br />
versöhnen, wenn das Schicksal dich empört?<br />
Liebes Leben! ist <strong>de</strong>nn keine Heilkraft mehr für dich in mir? von allen Herzenslauten+ ruft+ dich keiner<br />
mehr zurück, ins menschliche Leben, wo du einst so lieblich mit gesenktem Fluge dich verweilt? o komm,<br />
o bleib in <strong>die</strong>ser Dämmerung! Dies Schattenland ist ja das Element <strong>de</strong>r Liebe und hier nur rinnt <strong>de</strong>r<br />
Wehmut stiller+ Tau vom Himmel <strong>de</strong>iner Augen.<br />
Und <strong>de</strong>nkst du unsrer gol<strong>de</strong>nen Tage nicht mehr? <strong>de</strong>r holdseligen, göttlich melodischen+? säuseln+ sie<br />
nicht aus allen Hainen von Kalaurea dich an?<br />
Und sieh! es ist so manches in mir untergegangen, und ich habe <strong>de</strong>r Hoffnungen nicht viele mehr. Dein<br />
Bild mit seinem Himmelssinne, hab’ ich noch, wie einen Hausgott, aus <strong>de</strong>m Bran<strong>de</strong> gerettet. Unser Leben,<br />
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