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die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

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über ein so heikles Thema zu vermitteln, o<strong>de</strong>r als unbestreitbare Interpretation <strong>de</strong>r Philosophie<br />

Höl<strong>de</strong>rlins – bzw. <strong>de</strong>r angesprochenen philosophischen Themen im Allgemeinen – zu gelten.<br />

Da <strong>die</strong> folgen<strong>de</strong>n Abschnitte als Kontextualisierung fungieren sollen, und da <strong>die</strong>se nicht <strong>de</strong>m damaligen<br />

Autor – d.h. Höl<strong>de</strong>rlin – Rechnung tragen muss, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>m aktuellen Leser das Verständnis<br />

erleichtern soll, dürfen hier Texte und Autoren verschie<strong>de</strong>ner Zeiten zitiert wer<strong>de</strong>n, sofern<br />

<strong>die</strong>s dazu beiträgt, <strong>die</strong> Zusammenhänge besser zu begreifen. Höl<strong>de</strong>rlin konnte z.B. nicht<br />

wissen, was Hei<strong>de</strong>gger viele Jahre später über ihn geschrieben hat, aber wir wissen schon, wie<br />

<strong>die</strong> europäische Geschichte nach Höl<strong>de</strong>rlins Tod weiterging, und <strong>die</strong>se Information ist zweifellos<br />

sehr nützlich für <strong>de</strong>n heutigen Leser, <strong>de</strong>r zwar kein Zeitgenosse Höl<strong>de</strong>rlins mehr ist, aber dafür<br />

über eine große Menge Hilfsmaterialien verfügt, <strong>die</strong> ihm <strong>de</strong>n Weg beträchtlich ebnen können.<br />

Die disziplinierte und strenge Wissenschaftlichkeit, <strong>die</strong> im dritten und vierten Kapitel verlangt,<br />

das Sprachmaterial <strong>de</strong>s Korpus ausschließlich synchron und textbezogen zu untersuchen, gilt<br />

also für <strong>die</strong> folgen<strong>de</strong> Kontextualisierung nicht.<br />

2.2.1. Die Sprachkrise <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>rne<br />

In Antike und Mittelalter haben <strong>die</strong> abendländischen Philosophen allzu oft <strong>de</strong>n Unterschied zwischen<br />

Wirklichkeit, Gedankenwelt und Sprache verkannt, d.h. sie haben – mit Ausnahme vom<br />

mittelalterlichen Nominalismus – fast immer <strong>die</strong> wirkliche Rose, <strong>die</strong> Vorstellung von <strong>de</strong>r Rose<br />

und das Wort 'Rose' gleichgesetzt. Der Weise war oft gleichzeitig Philosoph und Naturwissenschaftler,<br />

weil er das Wissen als Ganzes anstrebte. Ohne sich <strong>de</strong>s radikalen Bruchs zwischen <strong>de</strong>n<br />

aristotelischen Gebieten <strong>de</strong>r Physik und <strong>de</strong>r Metaphysik bewusst zu sein, untersuchten <strong>die</strong> Gelehrten<br />

ohne wesentliche Unterscheidung alles Gegebene und alles Erdachte, <strong>die</strong> Gesamtheit <strong>de</strong>r<br />

Naturphänomene einerseits, zu <strong>de</strong>nen <strong>die</strong> Menschen selbst auch gehörten, und an<strong>de</strong>rerseits <strong>de</strong>r<br />

Geistesvorstellungen, als ob es sich hierbei um eine ontologische Einheit han<strong>de</strong>lte. Somit gab es<br />

nur eine Wirklichkeit, <strong>die</strong> es zu erforschen galt, und keine radikale Trennung zwischen Subjekt<br />

und Objekt im mo<strong>de</strong>rnen Sinne, <strong>de</strong>nn es gab damals noch keinen im hegelschen Sinne dialektischen<br />

Gegensatz zwischen <strong>de</strong>r These 'Mensch' als Erkennen<strong>de</strong>m und <strong>de</strong>r Antithese 'Welt' als<br />

Kennbarem, weil <strong>de</strong>r Mensch noch ein Teil <strong>de</strong>r Welt war.<br />

Erst <strong>die</strong> Aufklärung ent<strong>de</strong>ckt <strong>die</strong>sen Gegensatz und macht ihn zum Grundstein aller darauffolgen<strong>de</strong>n<br />

philosophischen Systeme. René Descartes 123 schränkt mit seinem methodischen Zweifel<br />

<strong>die</strong> vernuftgemäße Sicherheit auf ein Min<strong>de</strong>stmaß ein: das Dasein <strong>de</strong>s Subjekts. Der Hauptakzent<br />

wird nicht mehr auf <strong>de</strong>n diskutablen Wahrheitsgehalt <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen Theorien zur Beschreibung<br />

und Erklärung Gottes und <strong>de</strong>r Welt gelegt, son<strong>de</strong>rn auf <strong>die</strong> Infragestellung <strong>de</strong>r wissenschaftlichen<br />

Vorgehensweise, <strong>die</strong> erst begrün<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n muss, um dann durch sie auf haltbare<br />

Erkenntnisse kommen zu dürfen, <strong>die</strong> <strong>de</strong>m Menschen das Wissen um <strong>die</strong> Welt erschließen wer<strong>de</strong>n.<br />

Die Epistemologie ist geboren und hat <strong>de</strong>r Ontologie <strong>de</strong>n ersten Rang abgelaufen. Immanuel<br />

Kant 124 hat <strong>de</strong>utlich und endgültig <strong>die</strong> Grenzen <strong>de</strong>r Wissenschaft gezogen, <strong>die</strong> durch Vernunft gerechtfertigt<br />

wer<strong>de</strong>n kann: Mit seiner Kritik <strong>de</strong>r reinen Vernunft beweist er, dass <strong>die</strong> Vernunft<br />

über nichts Metaphysisches urteilen darf, weil es jenseits ihrer Reichweite steht. Dennoch fühlt<br />

Kant das Bedürfnis, über Gott und über Moralisches zu sprechen 125 , und <strong>die</strong>sem Thema widmet<br />

er seine Kritik <strong>de</strong>r praktischen Vernunft. Kaum hat sich <strong>de</strong>r Mensch als These von <strong>de</strong>r Welt und<br />

von Gott als Antithese getrennt, schon sehnt er sich nach einer Wie<strong>de</strong>rvereinigung in <strong>de</strong>r erhoff­<br />

123<br />

Hartnack, 1985: 95 ff.<br />

124<br />

Hartnack, 1985: 177 ff.<br />

125<br />

Hartnack, 1985: 203 ff.<br />

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