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die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

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chen“, „einen Weg gehen“, „kommen“, „erfüllen“ implizieren hier, dass aufmerksam gelauscht<br />

wur<strong>de</strong>, und dass eine Botschaft empfangen wur<strong>de</strong>. Aus <strong>die</strong>sen zwei Grün<strong>de</strong>n, und weil man normalerweise<br />

präsupponiert, dass <strong>de</strong>r Frie<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Himmels nicht gehört wer<strong>de</strong>n kann, wird impliziert,<br />

dass <strong>die</strong>ses Hören ein wortloser Kommunikationsprozess war. Der „Genius“ kann allgemein<br />

einen Kobold, eine Gottheit und auch <strong>de</strong>n menschlichen Geist be<strong>de</strong>uten. Das Wort „Geist“<br />

bezieht sich bei Höl<strong>de</strong>rlin oft auf <strong>die</strong> individuelle menschliche Seele, <strong>die</strong> in Kontakt mit <strong>de</strong>r All­<br />

Gottheit steht. Dies scheint auch hier <strong>de</strong>r Fall zu sein. Diotima ist <strong>die</strong>smal <strong>die</strong> Botschaft gewesen,<br />

durch welche <strong>die</strong> Natur mit Hyperion kommuniziert hat.<br />

B.II. Zulänglichkeit <strong>de</strong>r Sprache<br />

B.II.a. Alltägliche Vorstellungen<br />

B.II.a.1. Sprache und Wirklichkeit<br />

B.II.a.1.1. Sprache in ihrer Wirklichkeit schaffen<strong>de</strong>n<br />

Funktion<br />

Ich verspräche gerne <strong>die</strong>sem Buche <strong>die</strong> Liebe <strong>de</strong>r Deutschen. Aber ich fürchte, <strong>die</strong> einen wer<strong>de</strong>n es lesen,<br />

wie ein Kompendium, und um das fabula docet sich zu sehr bekümmern, in<strong>de</strong>s <strong>die</strong> an<strong>de</strong>rn gar zu leicht es<br />

nehmen, und bei<strong>de</strong> Teile verstehen es nicht. (Schmidt, 1994: 13)<br />

Der Mo<strong>de</strong>llautor Höl<strong>de</strong>rlin spricht hier in <strong>de</strong>r Vorre<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Romans mit eigener Stimme. Er kann<br />

seinem Werk <strong>de</strong>n Erfolg nicht versprechen, wür<strong>de</strong> es aber gerne tun. Das Verb „versprechen“<br />

verlangt in <strong>de</strong>r Regel einen Menschen als Dativergänzung. Da <strong>die</strong>s hier nicht <strong>de</strong>r Fall ist, muss<br />

das Buch als vermenschlicht betrachtet wer<strong>de</strong>n. Es wird präsupponiert, dass er es nicht versprechen<br />

kann, weil er es dann vielleicht nicht einhalten könnte, also dass man einhalten muss, was<br />

man versprochen hat, auch wenn man es einem Buch gegenüber getan hat. Auf <strong>die</strong>se Weise entsteht<br />

durch Sprache eine Pflicht, <strong>die</strong> dann in <strong>de</strong>r Wirklichkeit zu erfüllen ist.<br />

Du hast schon mehr, als einmal, sagte sie, versprochen, mir zu erzählen, wie du gelebt hast, ehe wir uns<br />

kannten, möchtest du jetzt nicht? (Schmidt, 1994: 76)<br />

Diotima verlangt sanft von Hyperion, dass er sein Versprechen einlöst, <strong>de</strong>nn im Allgemeinen gilt<br />

<strong>die</strong> Regel, dass man Versprochenes einhalten soll. Durch das Versprechen, durch Sprache also,<br />

hat Hyperion sich verpflichtet, künftig über das Thema zu sprechen, das heißt, etwas Bestimmtes<br />

in <strong>die</strong> Tat umzusetzen. Sprache führt somit direkt zu bestimmten Handlungen auf Wirklichkeitsebene.<br />

Nein, Diotima, rief ich, nein, beim Himmel, nein! So lange noch Eine Melo<strong>die</strong> mir tönt, so scheu’ ich nicht<br />

<strong>die</strong> Totenstille <strong>de</strong>r Wildnis unter <strong>de</strong>n Sternen; so lange <strong>die</strong> Sonne nur scheint und Diotima, so gibt es keine<br />

Nacht für mich.<br />

Lass allen Tugen<strong>de</strong>n <strong>die</strong> Sterbeglocke läuten! ich höre ja dich, dich, <strong>de</strong>ines Herzens Lied, du Liebe! und<br />

fin<strong>de</strong> unsterblich Leben, in<strong>de</strong>ssen alles verlischt und welkt.<br />

O Hyperion, rief sie, wie sprichst du?<br />

Ich spreche, wie ich muss. Ich kann nicht, kann nicht länger all <strong>die</strong> Seligkeit und Furcht und Sorge bergen<br />

– Diotima! – Ja du weißt es, musst es wissen, hast längst es gesehen, dass ich untergehe, wenn du nicht <strong>die</strong><br />

Hand mir reichst.<br />

Sie war betroffen, verwirrt.<br />

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