die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València
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[...]<br />
Es gibt eine Zeit <strong>de</strong>r Liebe, sagte Diotima (Schmidt, 1994: 98)<br />
Das Verb „sagen“ leitet hier <strong>die</strong> direkte Re<strong>de</strong> ein.<br />
Dein Herz hat endlich Frie<strong>de</strong>n gefun<strong>de</strong>n. Ich will es glauben. Ich versteh’ es. Aber <strong>de</strong>nkst du wirklich, dass<br />
du nun am En<strong>de</strong> seist?<br />
[...]<br />
Was kann ich für sie tun, rief ich.<br />
[...]<br />
Kein Wort, kein Wort mehr, große Seele! rief ich (Schmidt, 1994: 99)<br />
Zuerst spricht Diotima zu Hyperion. Das Verb „verstehen“ be<strong>de</strong>utet 'begreifen, auffassen' und<br />
präsupponiert hier keine Kommunikation. Das Verb „rufen“ leitet hier <strong>die</strong> direkte Re<strong>de</strong> ein.<br />
Du gehest nach Italien, sagte Diotima<br />
[...]<br />
Gibt’s <strong>de</strong>nn Zufrie<strong>de</strong>nheit zwischen <strong>de</strong>m Entschluss und <strong>de</strong>r Tat, begann ich endlich wie<strong>de</strong>r, gibt’s eine<br />
Ruhe vor <strong>de</strong>m Siege?<br />
Es ist <strong>die</strong> Ruhe <strong>de</strong>s Hel<strong>de</strong>n, sagte Diotima, es gibt Entschlüsse, <strong>die</strong>, wie Götterworte, Gebot und Erfüllung<br />
zugleich sind, und so ist <strong>de</strong>r <strong>de</strong>ine. –<br />
[...]<br />
Ich stand nun über <strong>de</strong>n Trümmern von Athen, wie <strong>de</strong>r Ackersmann auf <strong>de</strong>m Brachfeld. Liege nur ruhig,<br />
dacht’ ich, da wir wie<strong>de</strong>r zu Schiffe gingen, liege nur ruhig, schlummern<strong>de</strong>s Land! Bald grünt das junge<br />
Leben aus dir, und wächst <strong>de</strong>n Segnungen <strong>de</strong>s Himmels entgegen. Bald regnen <strong>die</strong> Wolken nimmer umsonst,<br />
bald fin<strong>de</strong>t <strong>die</strong> Sonne <strong>die</strong> alten Zöglinge wie<strong>de</strong>r. (Schmidt, 1994: 100 f.)<br />
Diotima und Hyperion sprechen über seine Zukunftspläne. Die „Ruhe“ ist hier <strong>die</strong> Zufrie<strong>de</strong>nheit,<br />
<strong>de</strong>r Seelenfrie<strong>de</strong>n, <strong>die</strong> Erfüllung, und hat mit Sprache nichts zu tun. Das Verb „sagen“ leitet hier<br />
<strong>die</strong> direkte Re<strong>de</strong> ein. Das Adverb „ruhig“ be<strong>de</strong>utet hier 'friedlich, unbesorgt'.<br />
Ach! es war alles so voll Lust und Hoffnung, rief Diotima, so voll unaufhörlichen Wachstums und doch<br />
auch so mühelos, so selig ruhig, wie ein Kind, das vor sich hin spielt, und nicht weiter <strong>de</strong>nkt.<br />
Daran, rief ich, erkenn’ ich sie, <strong>die</strong> Seele <strong>de</strong>r Natur, an <strong>die</strong>sem stillen Feuer, an <strong>die</strong>sem Zögern in ihrer<br />
mächtigen Eile.<br />
Und es ist <strong>de</strong>n Glücklichen so lieb, <strong>die</strong>s Zögern, rief Diotima; weißt du? wir stan<strong>de</strong>n einmal <strong>de</strong>s Abends<br />
zusammen auf <strong>de</strong>r Brücke, nach starkem Gewitter, und das rote Berggewässer schoss, wie ein Pfeil, unter<br />
uns weg, aber daneben grünt’ in Ruhe <strong>de</strong>r Wald, und <strong>die</strong> hellen Buchenblätter regten sich kaum. Da tat es<br />
uns so wohl, dass uns das seelenvolle Grün nicht auch so wegflog, wie <strong>de</strong>r Bach, und <strong>de</strong>r schöne Frühling<br />
uns so still hielt, wie ein zahmer Vogel, aber nun ist er <strong>de</strong>nnoch über <strong>die</strong> Berge.<br />
[...]<br />
Ich hatte mit <strong>de</strong>m hol<strong>de</strong>n Mädchen noch vor ihrem Hause gezögert, bis das Licht <strong>de</strong>r Nacht in <strong>die</strong> ruhige<br />
Dämmerung schien, nun kam ich in Notaras Wohnung zurück, gedankenvoll, voll überwallen<strong>de</strong>n heroischen<br />
Lebens, wie immer, wenn ich aus ihren Umarmungen ging. Es war ein Brief von Alabanda gekommen.<br />
Es regt sich, Hyperion, schrieb er mir, Russland hat <strong>de</strong>r Pforte <strong>de</strong>n Krieg erklärt (Schmidt, 1994: 105 f.)<br />
Die Verben „rufen, schreiben“ leiten hier <strong>die</strong> direkte Re<strong>de</strong> ein. Das Substantiv „Ruhe“ be<strong>de</strong>utet<br />
hier 'Frie<strong>de</strong>n', das Adverb „still“ 'entspannt, friedlich' und das Adjektiv „ruhig“ 'friedlich', so dass<br />
<strong>die</strong> Sprache nichts damit zu tun hat.<br />
So schrieb er.<br />
[...]<br />
Ich bin zu müßig gewor<strong>de</strong>n, rief ich, zu frie<strong>de</strong>nslustig, zu himmlisch, zu träg! (Schmidt, 1994: 107)<br />
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