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die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

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gibt. Und <strong>die</strong>se Stimme bringt ihn in einen noch erregteren Zustand, so dass er schauert und<br />

weint und Worte gesprochen zu haben glaubt, <strong>die</strong> eigentlich nur ein Rauschen sind.<br />

B.II.b. Philosophische Vorstellungen<br />

B.II.b.1. Sprache und Wirklichkeit<br />

B.II.b.1.1. Innerhalb <strong>de</strong>r Sprache spiegelt sich <strong>die</strong> Wirklichkeit<br />

wi<strong>de</strong>r<br />

Eines zu sein mit Allem, was lebt! Mit <strong>die</strong>sem Worte legt <strong>die</strong> Tugend <strong>de</strong>n zürnen<strong>de</strong>n Harnisch, <strong>de</strong>r Geist<br />

<strong>de</strong>s Menschen <strong>de</strong>n Zepter weg, und alle Gedanken schwin<strong>de</strong>n vor <strong>de</strong>m Bil<strong>de</strong> <strong>de</strong>r ewig einigen Welt, wie <strong>die</strong><br />

Regeln <strong>de</strong>s ringen<strong>de</strong>n Künstlers vor seiner Urania, und das eherne Schicksal entsagt <strong>de</strong>r Herrschaft, und<br />

aus <strong>de</strong>m Bun<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Wesen schwin<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Tod, und Unzertrennlichkeit und ewige Jugend beseliget, verschönert<br />

<strong>die</strong> Welt. (Schmidt, 1994: 16)<br />

Ausdrücklich vergleicht Hyperion hier <strong>die</strong> künstlerische Tätigkeit mit <strong>de</strong>m wahren Verständnis<br />

<strong>de</strong>r Wirklichkeit, welches er wie<strong>de</strong>rum als i<strong>de</strong>ntisch mit <strong>de</strong>r wahren Wirklichkeit ansieht.<br />

Ein freundlich Wort aus eines tapfern Mannes Herzen, ein Lächeln, worin <strong>die</strong> verzehren<strong>de</strong> Herrlichkeit <strong>de</strong>s<br />

Geistes sich verbirgt, ist wenig und viel, wie ein zauberisch Losungswort, das Tod und Leben in seiner<br />

einfältigen Silbe verbirgt, ist, wie ein geistig Wasser, das aus <strong>de</strong>r Tiefe <strong>de</strong>r Berge quillt, und <strong>die</strong> geheime<br />

Kraft <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> uns mitteilt in seinem kristallenen Tropfen. (Schmidt, 1994: 19)<br />

Hyperion schreibt hier über seinen verehrten Lehrer und Mentor Adamas. Ein Losungswort ist<br />

ein Leitwort o<strong>de</strong>r Parole, nach <strong>de</strong>m sich jemand richten will. Im semantischen Parallelismus mit<br />

<strong>de</strong>m Wi<strong>de</strong>rspruch „wenig und viel“ verbirgt das Losungswort in sich Tod und Leben in einer<br />

einzigen Silbe, <strong>die</strong> <strong>de</strong>shalb „einfältig“ genannt wird, weil es einfach und dumm scheinen mag,<br />

dass nur ein kleines Wort so viel ausdrücken kann. Tod und Leben sind Antonyme. Ein Begriff,<br />

<strong>de</strong>r als Synthese <strong>die</strong> bei<strong>de</strong>n antithetischen Pole umfasst, ist wohl <strong>de</strong>r ewige Kreislauf <strong>de</strong>r Natur,<br />

<strong>die</strong> Welt als Ganzes, <strong>die</strong> allumfassen<strong>de</strong> Natur. Das alles in einem einzigen ungemein prägnanten<br />

Wort auszudrücken, ist in <strong>de</strong>r alltäglichen Sprache schier unmöglich. Deshalb braucht Hyperion<br />

eine beson<strong>de</strong>re, heilige, nun mal „zauberische“ Sprache, <strong>die</strong> ein solches Wun<strong>de</strong>r wirken kann.<br />

„Verborgen“ nennt man das, was man normalerweise nicht sehen kann. In <strong>de</strong>r Alltagssprache ist<br />

kein so prägnantes Wort zu fin<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>shalb „verbirgt“ es seine eigene Be<strong>de</strong>utung und wird „zauberisch“<br />

genannt 199 .<br />

ich gab nun treulich, wie ein Echo, je<strong>de</strong>m Dinge seinen Namen.<br />

Wie ein Strom an dürren Ufern, wo kein Wei<strong>de</strong>nblatt im Wasser sich spiegelt, lief unverschönert vorüber<br />

an mir <strong>die</strong> Welt. (Schmidt, 1994: 51)<br />

Hyperion ist nie<strong>de</strong>rgeschlagen. Der explizite Vergleich präsupponiert, dass, wenn <strong>die</strong> Welt wie<br />

ein Strom ist, dann das dürre Ufer wie Hyperion ist. „Treulich“ wie ein Echo und wie ein Spiegelbild<br />

gibt er <strong>die</strong> Namen <strong>de</strong>r Dinge wie<strong>de</strong>r, <strong>die</strong> er ohne Anteilnahme sieht. Er ist wie eine Maschine,<br />

und <strong>die</strong> Namen kommen wie von selbst, automatisch, weil sie <strong>de</strong>r Wirklichkeit genau<br />

entsprechen.<br />

199<br />

Die fernöstliche Zivilisation hat möglicherweise <strong>die</strong>ses eine Wort gefun<strong>de</strong>n, das <strong>de</strong>r Mensch als Lebensmotto<br />

übernehmen kann: Tao.<br />

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