die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València
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um <strong>de</strong>s Kelchs willen <strong>de</strong>n Wein; da ruhn wir dann erst, Alabanda, wenn <strong>de</strong>s Genius Wonne kein Geheimnis<br />
mehr ist (Schmidt, 1994: 124)<br />
Die Verben „rufen, sagen“ leiten <strong>die</strong> direkte Re<strong>de</strong> ein. Das Verb „ruhen“ be<strong>de</strong>utet hier<br />
'aufhören'.<br />
in<strong>de</strong>s <strong>die</strong> Rosse, <strong>de</strong>n Tag witternd, schnauben und schrein, und <strong>de</strong>r Wald ertönt von allerschüttern<strong>de</strong>r<br />
Kriegsmusik (Schmidt, 1994: 125)<br />
Das Verb „ertönen“ bezieht sich hier auf das Geräusch <strong>de</strong>r Kriegsmusik und hat mit <strong>de</strong>r Sprache<br />
nichts zu tun. Das Verb „schreien“ bezieht sich auf das Wiehern <strong>de</strong>r Pfer<strong>de</strong>.<br />
Drauf, wenn <strong>die</strong> Sonne heißer scheint, wird Rat gehalten im Innern <strong>de</strong>s Walds und es ist Freu<strong>de</strong>, so mit stillen<br />
Sinnen über <strong>de</strong>r großen Zukunft zu walten. Wir nehmen <strong>de</strong>m Zufall <strong>die</strong> Kraft, wir meistern das Schicksal.<br />
Wir lassen Wi<strong>de</strong>rstand nach unserem Willen entstehn, wir reizen <strong>de</strong>n Gegner zu <strong>de</strong>m, worauf wir gerüstet<br />
sind. O<strong>de</strong>r sehen wir zu und scheinen furchtsam und lassen ihn näher kommen, bis er das Haupt zum<br />
Schlag uns reicht (Schmidt, 1994: 126)<br />
Hyperion erzählt von seinen Kriegserfahrungen. Das Adjektiv „still“ be<strong>de</strong>utet 'ruhig, geruhsam'<br />
und hat mit Sprache nichts zu tun.<br />
Mein Alabanda blüht, wie ein Bräutigam. Aus je<strong>de</strong>m seiner Blicke lacht <strong>die</strong> kommen<strong>de</strong> Welt mich an, und<br />
daran still’ ich noch <strong>die</strong> Ungeduld so ziemlich.<br />
[...]<br />
Ich glaube, wenn du mich hassen könntest, würd’ ich auch da sogar dir nachempfin<strong>de</strong>n, wür<strong>de</strong> mir Mühe<br />
geben, dich zu hassen und so blieben unsre Seelen sich gleich und das ist kein eitel übertrieben Wort, Hyperion.<br />
(Schmidt, 1994: 128)<br />
Zuerst schreibt Hyperion an Diotima und erklärt von <strong>de</strong>r Freu<strong>de</strong> <strong>de</strong>r ersten militärischen Siege.<br />
Das Verb „stillen“ be<strong>de</strong>utet hier 'eindämmen, beruhigen'. Diotima schreibt dann an Hyperion.<br />
Sie schreibt, sie wäre sogar bereit, ihn zu hassen, und fügt metasprachlich hinzu, ihre Worte seien<br />
nicht übertrieben. Das Substantiv „Wort“ bezieht sich also auf sich selbst und lässt keine<br />
Schlüsse auf irgen<strong>de</strong>ine Sprachvorstellung zu, <strong>die</strong> mit Kommunikation zu tun haben muss, <strong>de</strong>nn<br />
<strong>de</strong>r Ausdruck könnte durch 'und das meine ich wirklich' sinngemäß ersetzt wer<strong>de</strong>n.<br />
Dabei vergess’ ich nicht <strong>die</strong> neuen Kämpfer, <strong>die</strong> kräftigen, <strong>de</strong>ren Stun<strong>de</strong> gekommen ist, oft hör’ ich ihren<br />
Siegslärm durch <strong>de</strong>n Peloponnes herauf mir näher brausen und näher, oft seh’ ich sie, wie eine Katarakte,<br />
dort herunterwogen durch <strong>die</strong> Epidaurischen Wäl<strong>de</strong>r und ihre Waffen fernher glänzen im Sonnenlichte, das,<br />
wie ein Herold, sie geleitet, o mein Hyperion! und du kommst geschwin<strong>de</strong> nach Kalaurea herüber und grüßest<br />
<strong>die</strong> stillen Wäl<strong>de</strong>r unserer Liebe, grüßest mich, und fliegst nun wie<strong>de</strong>r zu <strong>de</strong>iner Arbeit zurück; – und<br />
<strong>de</strong>nkst du, ich fürchte <strong>de</strong>n Ausgang? Liebster! manchmal will’s mich überfallen, aber meine größern Gedanken<br />
halten, wie Flammen, <strong>de</strong>n Frost ab. (Schmidt, 1994: 129)<br />
Diotima sieht und hört in ihrer Fantasie <strong>die</strong> ferne Szene, bei <strong>de</strong>r Hyperion tätig ist.<br />
Ich habe gezau<strong>de</strong>rt, gekämpft. Doch endlich muss es sein. Ich sehe, was notwendig ist, und weil ich es<br />
sehe, so soll es auch wer<strong>de</strong>n. Miss<strong>de</strong>ute mich nicht! verdamme mich nicht! ich muss dir raten, dass du mich<br />
verlässest, meine Diotima. Ich bin für dich nichts mehr, du hol<strong>de</strong>s Wesen! Dies Herz ist dir versiegt, und<br />
meine Augen sehen das Lebendige nicht mehr. O meine Lippen sind verdorrt; <strong>de</strong>r Liebe süßer Hauch quillt<br />
mir im Busen nicht mehr.<br />
[...]<br />
Feierlich verstieß mein Vater mich, verwies mich ohne Rückkehr aus <strong>de</strong>m Hause meiner Jugend, will mich<br />
nimmer wie<strong>de</strong>r sehen, nicht in <strong>die</strong>sem, noch im an<strong>de</strong>rn Leben, wie er sagt. So lautet <strong>die</strong> Antwort auf <strong>de</strong>n<br />
Brief, worin ich mein Beginnen ihm geschrieben. (Schmidt, 1994: 132)<br />
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