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die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

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Es wer<strong>de</strong> von Grund aus an<strong>de</strong>rs! Aus <strong>de</strong>r Wurzel <strong>de</strong>r Menschheit sprosse <strong>die</strong> neue Welt! Eine neue Gottheit<br />

walte über ihnen, eine neue Zukunft kläre vor ihnen sich auf.<br />

In <strong>de</strong>r Werkstatt, in <strong>de</strong>n Häusern, in <strong>de</strong>n Versammlungen, in <strong>de</strong>n Tempeln, überall werd’ es an<strong>de</strong>rs!<br />

Aber ich muss noch ausgehn, zu lernen. Ich bin ein Künstler,+ aber ich bin nicht geschickt. Ich bil<strong>de</strong> im<br />

Geiste, aber ich weiß noch <strong>die</strong> Hand nicht zu führen –<br />

Du gehest nach Italien, sagte+ Diotima, nach Deutschland, Frankreich – wie viel Jahre brauchst du? drei –<br />

vier – ich <strong>de</strong>nke drei sind genug; du bist ja keiner von <strong>de</strong>n Langsamen, und suchst das Größte und das<br />

Schönste nur –<br />

Und dann?<br />

Du wirst Erzieher unsers Volks, du wirst ein großer Mensch sein, hoff’ ich. Und wenn ich dann dich so<br />

umfasse, da werd’ ich träumen, als wär’ ich ein Teil <strong>de</strong>s herrlichen Manns, da werd’ ich frohlocken, als<br />

hättst du mir <strong>die</strong> Hälfte <strong>de</strong>iner Unsterblichkeit, wie Pollux <strong>de</strong>m Kastor, geschenkt, o! ich werd’ ein stolzes<br />

Mädchen wer<strong>de</strong>n, Hyperion!<br />

Ich schwieg+ eine Weile. Ich war voll unaussprechlicher+ Freu<strong>de</strong>.<br />

Gibt’s <strong>de</strong>nn Zufrie<strong>de</strong>nheit zwischen <strong>de</strong>m Entschluss und <strong>de</strong>r Tat, begann ich endlich wie<strong>de</strong>r, gibt’s eine<br />

Ruhe+ vor <strong>de</strong>m Siege?<br />

#*101*#Es ist <strong>die</strong> Ruhe+ <strong>de</strong>s Hel<strong>de</strong>n, sagte+ Diotima, es gibt Entschlüsse, <strong>die</strong>, wie Götterworte+, Gebot<br />

und Erfüllung zugleich sind, und so ist <strong>de</strong>r <strong>de</strong>ine. –<br />

Wir gingen zurück, wie nach <strong>de</strong>r ersten Umarmung. Es war uns alles fremd und neu gewor<strong>de</strong>n.<br />

Ich stand nun über <strong>de</strong>n Trümmern von Athen, wie <strong>de</strong>r Ackersmann auf <strong>de</strong>m Brachfeld. Liege nur ruhig+,<br />

dacht’ ich, da wir wie<strong>de</strong>r zu Schiffe gingen, liege nur ruhig+, schlummern<strong>de</strong>s Land! Bald grünt das junge<br />

Leben aus dir, und wächst <strong>de</strong>n Segnungen <strong>de</strong>s Himmels entgegen. Bald regnen <strong>die</strong> Wolken nimmer<br />

umsonst, bald fin<strong>de</strong>t <strong>die</strong> Sonne <strong>die</strong> alten Zöglinge wie<strong>de</strong>r.<br />

Du fragst+ nach Menschen, Natur? Du klagst+, wie ein Saitenspiel+, worauf <strong>de</strong>s Zufalls Bru<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r Wind,<br />

nur spielt, weil <strong>de</strong>r Künstler+, <strong>de</strong>r es ordnete, gestorben ist? Sie wer<strong>de</strong>n kommen, <strong>de</strong>ine Menschen, Natur!<br />

Ein verjüngtes Volk wird dich auch wie<strong>de</strong>r verjüngen, und du wirst wer<strong>de</strong>n, wie seine Braut und <strong>de</strong>r alte<br />

Bund <strong>de</strong>r Geister wird sich erneuen mit dir.<br />

Es wird nur Eine Schönheit sein; und Menschheit und Natur wird sich vereinen in Eine allumfassen<strong>de</strong><br />

Gottheit.<br />

#*102*#<br />

#*103*#II. Band<br />

μη φυναι, τον απαντα νικα λογον. το δ’ επει φανη βηναι κειθεν, οθεν περ ηκει,<br />

πολυ δευτερον ως ταχιςτα<br />

#*105*#Erstes Buch<br />

HYPERION AN BELLARMIN<br />

Wir lebten in <strong>de</strong>n letzten schönen Momenten <strong>de</strong>s Jahrs, nach unserer Rückkunft aus <strong>de</strong>m Attischen Lan<strong>de</strong>.<br />

Ein Bru<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Frühlings war uns <strong>de</strong>r Herbst, voll mil<strong>de</strong>n Feuers, eine Festzeit für <strong>die</strong> Erinnerung an<br />

Lei<strong>de</strong>n und vergangne Freu<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Liebe. Die welken<strong>de</strong>n Blätter trugen <strong>die</strong> Farbe <strong>de</strong>s Abendrots, nur <strong>die</strong><br />

Fichte und <strong>de</strong>r Lorbeer stand in ewigem Grün. In <strong>de</strong>n heitern Lüften zögerten wan<strong>de</strong>rn<strong>de</strong> Vögel, an<strong>de</strong>re<br />

schwärmten im Weinberg, und im Garten und ernteten fröhlich, was <strong>die</strong> Menschen übrig gelassen. Und das<br />

himmlische Licht rann lauter vom offenen Himmel, durch alle Zweige lächelte <strong>die</strong> heilige Sonne, <strong>die</strong><br />

gütige, <strong>die</strong> ich niemals nenne+ ohne Freu<strong>de</strong> und Dank, <strong>die</strong> oft in tiefem Lei<strong>de</strong> mit einem Blicke mich<br />

geheilt, und von <strong>de</strong>m Unmut und <strong>de</strong>n Sorgen meine Seele gereinigt.<br />

Wir besuchten noch all unsere liebsten Pfa<strong>de</strong>, Diotima und ich, entschwundne selige Stun<strong>de</strong>n begegneten<br />

uns überall.<br />

Wir erinnerten uns <strong>de</strong>s vergangenen Mais, wir hätten <strong>die</strong> Er<strong>de</strong> noch nie so gesehen, wie damals, meinten<br />

wir, sie wäre verwan<strong>de</strong>lt gewesen, eine silberne Wolke von Blüten, eine freudige Lebensflamme, entledigt<br />

alles gröberen Stoffs.<br />

Ach! es war alles so voll Lust und Hoffnung, rief+ Diotima, so voll unaufhörlichen Wachstums und doch<br />

auch so mühelos, so selig ruhig+, wie ein Kind, das vor sich hin spielt, und nicht weiter <strong>de</strong>nkt.<br />

Daran, rief+ ich, erkenn’ ich sie, <strong>die</strong> Seele <strong>de</strong>r Natur, an <strong>die</strong>sem stillen+ Feuer, an <strong>die</strong>sem Zögern in ihrer<br />

mächtigen Eile.<br />

#*106*#Und es ist <strong>de</strong>n Glücklichen so lieb, <strong>die</strong>s Zögern, rief+ Diotima; weißt du? wir stan<strong>de</strong>n einmal <strong>de</strong>s<br />

Abends zusammen auf <strong>de</strong>r Brücke, nach starkem Gewitter, und das rote Berggewässer schoss, wie ein<br />

Pfeil, unter uns weg, aber daneben grünt’ in Ruhe+ <strong>de</strong>r Wald, und <strong>die</strong> hellen Buchenblätter regten sich<br />

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