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Anwendungshinweise zum Aufenthaltsgesetz - Pro Asyl

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kungen; Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers). Das gilt auch<br />

für eine Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung. Die Schutzwirkung des Artikels<br />

2 EMRK setzt ein geplantes, vorsätzliches auf eine bestimmte Person gerichtetes<br />

staatliches oder dem Staat zuzurechnendes Handeln voraus. Diese<br />

Vorschrift schützt jedoch nicht Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit, die nicht<br />

auf Handlungen des Zielstaates oder einer staatsähnlichen Organisation beruhen<br />

und dem Staat auch nicht zuzurechnen sind. Sie schützt auch nicht vor<br />

den allgemeinen Folgen von Naturkatastrophen, Bürgerkriegen, anderen bewaffneten<br />

Konflikten oder sonstigen allgemeinen Missständen im Zielstaat.<br />

60.5.2 Die Abschiebung eines Ausländers, der sich strafbar gemacht hat, ist zur Gewährleistung<br />

der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und zur Verhinderung<br />

weiterer Straftaten ein legitimes Ziel im Sinne von Artikel 8 Abs. 2 EMRK.<br />

60.5.3 Eine das Abschiebungsverbot begründende existenzielle Notlage ist gegeben,<br />

wenn dem Ausländer durch staatliche Maßnahmen die Möglichkeit genommen<br />

wird, sich das für das Leben Unerlässliche im Herkunftsstaat zu besorgen.<br />

60.6 Gefahr der Strafverfolgung und Bestrafung in einem anderen Staat<br />

60.6.1 § 60 Abs. 6 schließt es aus, wegen der allgemeinen Gefahr der Strafverfolgung<br />

und Bestrafung (z.B. wegen Wehrdienstentziehung) eines Ausländers in einem<br />

anderen Staat oder der konkreten Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines<br />

anderen Staates drohenden gesetzmäßigen Bestrafung ein Abschiebungsverbot<br />

anzunehmen.<br />

60.6.2 Die konkrete Gefahr der Bestrafung in einem anderen Staat begründet nur<br />

dann ein Abschiebungsverbot, wenn sich die Bestrafung als eine Gefahr im<br />

Sinne von § 60 Abs. 2, 3 oder 5 darstellt.<br />

60.7 Humanitäre Abschiebungsverbote<br />

60.7.1.1 Die Vorschrift setzt eine erhebliche individuell-konkrete Gefahr für Leib, Leben<br />

oder Freiheit in einem anderen Staat voraus. Die konkrete Gefahr einer nach<br />

der Rechtsordnung eines anderen Staates legalen Bestrafung vermag ein humanitäres<br />

Abschiebungshindernis im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 regelmäßig<br />

nicht zu begründen. Eine individuell-konkrete Gefahr in einem anderen Staat<br />

besteht nicht, wenn sie sich mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit auch im Bundesgebiet<br />

verwirklichen kann. Begünstigt sind nur Ausländer, die von einem<br />

Einzelschicksal betroffen sind. Der besonderen Gefährdung von Zeugen aufgrund<br />

ihrer Mitwirkung in einem deutschen Strafverfahren wegen organisierter<br />

Kriminalität (z.B. Menschenhandel) kann im Rahmen dieses Abschiebungsverbots<br />

Rechnung getragen werden, wenn ein zeitlich befristetes Aufenthaltsrecht<br />

nach § 25 Abs. 4 Satz 1 nicht ausreicht (vgl. Nummer 25.4.1.2.3).<br />

60.7.1.2 Hauptanwendungsfall ist der Vortrag, an einer im Herkunftsstaat nicht adäquat<br />

behandelbaren Erkrankung zu leiden. Die Gefahr, dass sich die Krankheit eines<br />

ausreisepflichtigen Ausländers in seinem Heimatstaat verschlimmert, weil<br />

die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind, kann ein Abschiebungsverbot<br />

nach § 60 Abs. 7 darstellen. Erheblich ist die Gefahr, wenn sich<br />

der Gesundheitszustand aufgrund des rückführungsbedingten Abbruchs einer<br />

notwendigen und (auch in Anspruch genommenen) medizinischen Behandlung<br />

wegen einer unzureichenden oder nicht zugänglichen Behandlungsmöglichkeit<br />

im Heimatland wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde.<br />

Vorläufige Niedersächsische Verwaltungsvorschrift <strong>zum</strong> <strong>Aufenthaltsgesetz</strong> vom 31. März 2005

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