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Geschlechtsbezogene Disparitäten 263<br />

7.3.3 Geschlechtsbezogene Unterschiede zwischen den Schularten<br />

Wie in Abschnitt 7.2.1 dargestellt, unterscheiden sich Mädchen und Jungen hinsichtlich<br />

der Beteiligungsquoten an den verschiedenen Schularten. Die unterschiedlichen<br />

Beteiligungsquoten sind ihrerseits Ausdruck verschiedener Faktoren,<br />

vor allem von Leistungsunterschieden am Ende der Primarstufe. Systematische<br />

Untersuchungen von Übergangsempfehlungen der Lehrkräfte deuten aber darauf<br />

hin, dass auch andere Faktoren wie das Sozialverhalten, die Motivation<br />

oder Lerntugenden (z. B. Konzentration und Genauigkeit) wichtig für die<br />

Empfehlung sind und dass Mädchen in diesen Bereichen vorteilhafter bewertet<br />

werden (z. B. Anders, McElvany & Baumert, 2010). Inwieweit die berichteten<br />

Zusammenhänge auf tatsächlichen Unterschieden zwischen den Schülergruppen<br />

beruhen oder systematische Urteilsverzerrungen der Lehrerinnen und Lehrer darstellen,<br />

kann jedoch nicht abschließend bestimmt werden. Nach dem Übergang<br />

wirken die weiterführenden Schulformen als differenzielle Entwicklungsmilieus<br />

(Baumert, Köller & Schnabel, 2000; Baumert, Stanat & Watermann, 2006),<br />

sodass Mädchen, die prozentual häufiger als Jungen das Gymnasium besuchen,<br />

auch stärker von den dortigen Lerngelegenheiten profitieren. Diese beiden<br />

Effekte – der Selektionseffekt und der Beschulungseffekt – sind nur schwer<br />

voneinander zu trennen. Zur umfassenderen Beschreibung der geschlechtsbezogenen<br />

Kompetenzunterschiede sollen in diesem Kapitel länderübergreifend die<br />

Effekte getrennt nach Gymnasium und sonstigen Schularten ausgewiesen werden.<br />

Anhand der vorliegenden Daten kann jedoch nicht entschieden werden, wie eventuelle<br />

schulartspezifische Geschlechterdisparitäten ursächlich zu erklären sind.<br />

Die sich anschließende schulartspezifische Betrachtung differenziert nach<br />

Gymnasien und nicht gymnasialen Schularten. Die Unterscheidung trägt dem<br />

Umstand Rechnung, dass trotz einer Zunahme zweigliedriger Schul struk turen<br />

das Gymnasium als die einzige Schulform gilt, die länderübergreifend in einer<br />

einigermaßen homogenen Gestaltung existiert (vgl. Kapitel 6). Für die mathematische<br />

Globalskala und die inhaltlichen Kom petenz bereiche ergeben sich in<br />

Gymnasien und den sonstigen Schularten ähnliche Geschlechterunterschiede;<br />

der Kompetenzvorsprung der Jungen ist also unabhängig von der Schulart (siehe<br />

Abbildung 7.5). Für die naturwissenschaftlichen Fächer liefern die Analysen<br />

hingegen ein differenziertes Bild: In den nicht gymnasialen Schularten zeigen<br />

sich ähnliche Geschlechtereffekte wie für die Gesamtpopulation der<br />

Neuntklässlerinnen und Neuntklässler. Bei alleiniger Betrachtung der Gymnasien<br />

jedoch ist der Kompetenzvorsprung der Mädchen um etwa 15 Kompetenzpunkte<br />

geringer als in der Gesamtschülerschaft. So liegt dieser in Biologie Fachwissen<br />

nicht mehr bei 22 Punkten wie in der Gesamtpopulation der Neuntklässlerinnen<br />

und Neuntklässler, sondern nur bei 7 Punkten. Durch die systematische Ver schiebung<br />

kehren sich die geringen Unterschiede in den Fächern Chemie und Physik<br />

sogar um, sodass Jungen am Gymnasium tendenziell bessere Kompetenzwerte erzielen.<br />

12<br />

12 Dass die geschlechtsbezogenen Kompetenzunterschiede in den Teilgruppen (hier: Gymnasium<br />

versus sonstige Schularten) anders als in der Gesamtgruppe ausfallen können, ist<br />

unter dem Begriff Simpson-Paradoxon bekannt, einem statistischen Phänomen, das in der<br />

nicht experimentellen Forschung häufiger anzutreffen ist. Im Wesentlichen besagt es, dass<br />

die in Untergruppen ermittelten Zusammenhänge zwischen zwei Variablen nicht mit dem<br />

Zusammenhang in der sich konstituierenden Gesamtgruppe übereinstimmen müssen, sondern<br />

sogar entgegengesetzt ausfallen können (Eid, Gollwitzer & Schmidt, 2010).

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