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Der Einfluss von Kontext- und Schülermerkmalen auf die naturwissenschaftlichen Kompetenzen 333<br />

schaftlichen Unterrichts im laufenden Schuljahr befragt. Im internationalen<br />

Vergleich zeigte sich für Schülerinnen und Schüler in Deutschland aufgrund<br />

von Wahlmöglichkeiten und Schulartunterschieden eine deutliche Spreizung des<br />

Umfangs naturwissenschaftlicher Lernzeit (Seidel, Prenzel, Wittwer & Schwindt,<br />

2007). So gab gut ein Drittel der Fünfzehnjährigen (35 %) an, weniger als zwei<br />

Wochenstunden naturwissenschaftlichen Unterricht im aktuellen Schuljahr zu erhalten,<br />

ein weiteres Drittel erhielt zwischen zwei und vier Stunden (33 %) und<br />

das letzte Drittel vier oder mehr Stunden naturwissenschaftlichen Unterricht<br />

(32 %, siehe Kobarg et al., 2011, S. 38). Zur Schätzung von Lernzeiteffekten<br />

wurde in Regressionsanalysen die naturwissenschaftliche Kompetenz von<br />

Schülergruppen mit unterschiedlicher Lernzeit miteinander verglichen (zwei<br />

Stunden versus mehr als vier Stunden). Unter Kontrolle des sozioökonomischen<br />

Status 4 zeigte sich im Mittel ein deutlicher Kompetenzunterschied von<br />

73 Punkten zwischen den Gruppen. Dieser Unterschied wird von den Autorinnen<br />

und Autoren dahingehend interpretiert, dass Unterrichtszeit eine nicht zu „vernachlässigende<br />

Rahmenbedingung für die Entwicklung domänenspezifischer<br />

Kompetenzen“ darstelle (Seidel et al., 2007, S. 170). Dennoch sei wegen der<br />

großen Streuung der Kompetenzen auch innerhalb einer zeitlich relativ homogen<br />

beschulten Gruppe nicht davon auszugehen, dass eine reine Ausweitung der<br />

Unterrichtszeit unmittelbar zu einem Kompetenzgewinn führen würde. In weiteren,<br />

auf der internationalen Stichprobe von PISA 2006 beruhenden Analysen<br />

wurde – unter Berücksichtigung der Mehrebenenstruktur der Daten – die naturwissenschaftliche<br />

Kompetenz auf der Ebene von Staaten betrachtet. Im Ergebnis<br />

erzielten Schülerinnen und Schüler aus den teilnehmenden OECD-Staaten 5 mit<br />

jeder zusätzlichen Jahreswochenstunde regulären Naturwissenschaftsunterrichts<br />

einen im Durchschnitt um 15 Punkte höheren, nach Kontrolle des sozioökonomischen<br />

Hintergrunds der Schülerinnen und Schüler einen um 9 Punkte höheren<br />

Kompetenzwert (OECD, 2007, S. 263).<br />

Bei der Interpretation dieser Ergebnisse müssen einige Faktoren berücksichtigt<br />

werden: Erstens wurden in den Analysen der internationalen Stichprobe<br />

die Leistungsdaten auf der Ebene von Staaten aggregiert, auf der nicht dieselben<br />

Wirkzusammenhänge bestehen müssen wie auf der Ebene der Schülerinnen<br />

und Schüler. 6 Zweitens erfolgte wegen der internationalen Ausrichtung der PISA-<br />

Studien und der Heterogenität der dort betrachteten Bildungssysteme keine<br />

Berücksichtigung der Schulart. Es konnte jedoch in anderen Untersuchungen gezeigt<br />

werden, dass Schularten mit ihren jeweils spezifischen Lerngelegenheiten<br />

im Allgemeinen einen differenziellen Effekt auf die Kompetenzentwicklung<br />

haben (Baumert, Stanat & Watermann, 2006; Retelsdorf, Becker, Köller &<br />

Möller, 2012). In dieselbe Richtung deuten Befunde von Angelone und Moser<br />

(2013), die Daten von PISA 2006 reanalysierten, um den Einfluss der Schulart<br />

auf Lern zeiteffekte zu bestimmen. Dazu brachten sie die naturwissenschaftlichen<br />

Kompetenzen von Schweizer Neuntklässlerinnen und Neuntklässlern<br />

aus PISA 2006 mit normativen Lernzeitvorgaben in Zusammenhang und fan-<br />

4 Zur Kontrolle wurde der Index des Economic, Social and Cultural Status (ESCS) verwendet,<br />

der neben den sozioökonomischen auch die kulturellen Ressourcen des Elternhauses<br />

erfasst (Ehmke & Siegle, 2005).<br />

5 Das Akronym OECD steht für Organisation for Economic Co-operation and Development<br />

(Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung).<br />

6 Aggregierte Daten erfordern besondere methodische Sorgfalt und statistische Analysen<br />

(siehe z. B. die Diskussion zum ökologischen Fehlschluss bei Wicherts & Wilhelm, 2007).<br />

Im Fall der Lernzeit ist ungeklärt, inwieweit die normativen Unterrichtszeiten in den verschiedenen<br />

Staaten von weiteren Faktoren abhängen.

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