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Malte Jansen, Ulrich Schroeders und Petra Stanat<br />
11.2 Befunde zur Rolle von Selbstkonzept und Interesse in<br />
der schulischen Bildung<br />
Sowohl das Selbstkonzept als auch das Interesse gelten als zeitlich relativ stabile,<br />
fachspezifische Schülermerkmale, die sich bereits in der Primarstufe formen<br />
und über die Schullaufbahn weiter ausbilden (Lipowsky, Kastens, Lotz &<br />
Faust, 2011; Marsh, 1990; Schiefele & Wild, 2000; Stipek & Mac Iver, 1989).<br />
Beide sind wichtige Determinanten des individuellen schulischen Erfolgs und<br />
beeinflussen beispielsweise die Studienwahl (Helmke & Schrader, 2010; Lau<br />
& Roeser, 2002). Schülerinnen und Schüler, die ein positives Selbstkonzept in<br />
einem Schulfach zeigen, sich selbst also als kompetent einschätzen, erreichen<br />
im Längsschnitt höhere Kompetenzzuwächse als Schülerinnen und Schüler mit<br />
gleicher Ausgangskompetenz aber vergleichsweise niedrigem Selbstkonzept<br />
(z. B. Marsh & Martin, 2011; Marsh, Trautwein, Lüdtke, Köller & Baumert,<br />
2005). Ein positives schulisches Selbstkonzept geht zudem mit einer größeren<br />
An strengung bei der Erledigung von Hausaufgaben (Trautwein, Lüdtke, Schnyder<br />
& Niggli, 2006) sowie höheren Bildungsaspirationen einher (Marsh & O’Mara,<br />
2008) und beeinflusst die Kurswahl in der Oberstufe (Köller, Daniels, Schnabel<br />
& Baumert, 2000). Auch für das fachbezogene Interesse werden in der Literatur<br />
positive Zusammenhänge mit Leistungsindikatoren berichtet, wobei diese jedoch<br />
im Vergleich zum Selbstkonzept weniger stark ausgeprägt sind (Köller, Baumert<br />
& Schnabel, 2001; Köller, Trautwein, Lüdtke & Baumert, 2006; Krapp, Schiefele<br />
& Schreyer, 1993; Marsh et al., 2005).<br />
Sowohl für das Selbstkonzept als auch für das Interesse wurden stereotype<br />
Geschlechterunterschiede nachgewiesen: Jungen zeigen im Mittel ein höheres<br />
Selbstkonzept und Interesse in mathematischen und naturwissenschaftlichen<br />
Fächern, wohingegen Mädchen ein höheres Selbstkonzept und Interesse<br />
in sprachlichen Fächern aufweisen (Schilling, Sparfeldt & Rost, 2006). Es wird<br />
angenommen, dass diese Selbstkonzepts- und Interessensunterschiede zwischen<br />
den Geschlechtern zur Erklärung der differenziellen Studierendenzahlen in den<br />
MINT-Fächern 2 beitragen (siehe Gender Gap; Ceci, Williams & Barnett, 2009;<br />
Hyde & Linn, 2006; Su, Rounds & Armstrong, 2009), da Wahlentscheidungen<br />
wie etwa die Entscheidung, Physik zu studieren, durch das Selbstkonzept und das<br />
fachliche Interesse beeinflusst werden. Diesen Zusammenhang spezifiziert auch<br />
das sogenannte Erwartungs-Wert-Modell der Leistungsmotivation (Möller, 2008;<br />
Möller & Trautwein, 2009; Wigfield & Eccles, 2000). Demnach sind sowohl<br />
ein positives Selbstkonzept (Erwartungskomponente) als auch ein ausgeprägtes<br />
Interesse (Wertkomponente) erforderlich, damit eine Schülerin oder ein Schüler<br />
in einem bestimmten Bereich eine hohe Leistungsmotivation entwickelt und hohe<br />
Kompetenzen in einem Fach erreichen kann. Geschlechtsbezogene Unterschiede<br />
in diesen beiden Komponenten ziehen nach dieser theoretischen Vorstellung auch<br />
Unterschiede in den Wahlentscheidungen nach sich – wie beispielsweise die<br />
Entscheidung, ein mathematisch-naturwissenschaftliches Studium aufzunehmen.<br />
Auch in großen Schulleistungsstudien wurden das Selbstkonzept und das<br />
Interesse von Schülerinnen und Schülern in Deutschland untersucht (Artelt,<br />
Demmrich & Baumert, 2001; Kleickmann, Brehl, Saß, Prenzel & Köller, 2012;<br />
Pekrun, Frenzel, Zimmer & Lichtenfeld, 2005; Prenzel & Schütte, 2008; Selter,<br />
Walther, Wessel & Wendt, 2012). Es konnte gezeigt werden, dass ein ausgeprägtes<br />
Selbstkonzept und Interesse in Mathematik und den Naturwissenschaften<br />
2 MINT ist ein Akronym für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik.