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Poldi Kuhl, Thilo Siegle und Anna Eva Lenski<br />

schichtspezifische Chancen des Besuchs eines Gymnasiums untersucht, um<br />

sekundäre Herkunftseffekte zu schätzen (Boudon, 1974; Maaz, Baumert,<br />

Gresch & McElvany, 2010; Maaz & Nagy, 2009). Wie in der Einleitung dieses<br />

Kapitels beschrieben, handelt es sich dabei um Einflüsse der sozialen<br />

Herkunft auf Bildungsentscheidungen und -beteiligungen, die unabhängig vom<br />

Kompetenzniveau der Schülerinnen und Schüler durch sozialschichtspezifische<br />

Erwartungen und Ziele für Bildung und Beruf entstehen. In früheren nationalen<br />

Schulleistungsstudien wurden zur Schätzung sekundärer Herkunftseffekte im<br />

Ländervergleich die sozialschichtspezifischen Muster der Bildungsbeteiligung<br />

in der Sekundarstufe I unter Kontrolle von verschiedenen Leistungsindikatoren<br />

ermittelt, die näherungsweise als Indikator für das Vorwissen der Schülerinnen<br />

und Schüler zum Zeitpunkt des Übergangs von der Primar- in die Sekundarstufe<br />

dienten. Auf diese Analysen wurde im Ländervergleich 2012 aus zwei<br />

Gründen verzichtet. Erstens ist mit solchen Analysen die Schwierigkeit verbunden,<br />

dass die Wahl der weiterführenden Schule zum Zeitpunkt der Ländervergleichsuntersuchung<br />

in der Jahrgangsstufe 9 bereits mehrere Jahre zurückliegt<br />

und sekundäre Herkunftseffekte auf die Muster der Bildungsbeteiligung<br />

daher nur näherungsweise und mit großer Unsicherheit geschätzt werden können.<br />

Daher wird allgemein empfohlen, sekundäre Herkunftseffekte anhand von<br />

längsschnittlichen Daten zu analysieren, da sich nur so die Effekte differenzieller<br />

Eingangsvoraussetzungen und differenzieller Entwicklungsmilieus (vgl.<br />

Baumert et al., 2006) voneinander trennen und separat bestimmen lassen. Dies<br />

ist auch der Hauptgrund dafür, warum bereits im nationalen Bericht über die<br />

Ergebnisse von PISA 2009 darauf verzichtet wurde, soziale Disparitäten in der<br />

Bildungsbeteiligung zu untersuchen (Ehmke & Jude, 2010). Zweitens haben sich<br />

im Zuge der schulstrukturellen Reformen der Länder in den letzten Jahren zunehmend<br />

weitere Schularten etabliert, die neben dem Gymnasium den Erwerb<br />

der allgemeinen Hochschulreife ermöglichen. Der Ausbau solcher Schularten<br />

variiert dabei zwischen den Ländern, sodass der Besuch eines Gymnasiums je<br />

nach Land ein unterschiedlich guter Indikator für die Wahrscheinlichkeit ist,<br />

dass eine Schülerin oder ein Schüler die allgemeine Hochschulreife erwerben<br />

wird. Entsprechend könnten Länderunterschiede in der Gymnasialbeteiligung<br />

von Schülerinnen und Schülern unterschiedlicher sozialer Herkunft zu Fehlinterpretationen<br />

führen.<br />

Zusammenfassend wurde anhand der Daten des Ländervergleichs 2012 erneut<br />

festgestellt, dass nach wie vor ausgeprägte soziale Disparitäten in den<br />

schulischen Leistungen bestehen. Die mathematisch-naturwissenschaftlichen<br />

Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern sind weiterhin in relativ starkem<br />

Maße von der sozialen Lage der Familien abhängig, wobei die Ausprägung dieses<br />

Zusammenhangs zwischen den Ländern variiert. Ziel bildungspolitischer und<br />

schulpraktischer Bemühungen sollte es daher auch künftig sein, Bedingungen zu<br />

schaffen, die zur Verringerung sozialer Disparitäten beitragen und Schülerinnen<br />

und Schülern unabhängig von ihrer sozialen Ausgangslage möglichst gute<br />

Entwicklungschancen bieten.

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