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Alkoholismus als biographisches Ereignis am Beispiel chronisch ...

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8.5.2 Das autobiographische Gedächtnis<br />

Da in dieser Arbeit später autobiographische Erzählungen betrachtet werden, soll in<br />

Zus<strong>am</strong>menhang mit neuronalen Grundlagen kurz auf ein Modell von Markowitsch<br />

eingegangen werden, der speziell das autobiographische Gedächtnis beschrieben hat.<br />

Markowitsch unterscheidet zwischen fünf hierarisch gegliederten Gedächtnissystemen: das<br />

episodische (-autobiographische), das semantische (‚Weltwissen‘), das perzeptuelle, Priming<br />

und das prozedurale Gedächtnis. An der Spitze dieser Hierarchie steht das episodische<br />

Gedächtnis. (vgl. Markowitsch 2005, zit. n. Labudda / Brand, 269)<br />

Das episodische Gedächtnis bildet die Bais dafür, „...dass einzelne Zus<strong>am</strong>menhänge aus<br />

unserer Vergangenheit und unserem biographischen Erleben <strong>als</strong> lebensgeschichtliche, <strong>als</strong><br />

meine Vergangenheit konstruiert werden können.“ (Welzer 2005, 24)<br />

„Im Prozeß der Einspeicherung durchläuft die episodische, selbstbezogene Information das<br />

semantische Gedächstnissystem; die Gedächtnisinhalte können aber unabhängig voneinander<br />

aus den Systemen abgerufen werden.“(Welzer 2005, 105)<br />

Welzer weist darauf hin, dass „...unsere lebensgeschichtliche Erinnerung, <strong>als</strong>o das, was wir<br />

für die ureigensten Kernbestandteile unserer Autobiographie halten, gar nicht zwingend auf<br />

eigene Erlebnisse zurückgehen müssen, sondern oft aus ganz anderen Quellen, aus Büchern,<br />

Filmen und Erzählungen etwa, in die eigene Lebensgeschichtliche importiert werden.“(ebd.,<br />

12)<br />

„Insges<strong>am</strong>t muß man wohl zus<strong>am</strong>menfassen, dass die scheinbar unmittelbare Erinnerung an<br />

biographische Erlebnisse und <strong>Ereignis</strong>se <strong>als</strong> Produkt subtiler Interaktionen all jener Prozesse<br />

zu verstehen ist, die <strong>am</strong> Werke sind, wenn unser Gehirn Erinnerungsarbeit leistet:<br />

Interaktionen <strong>als</strong>o zwischen den Erinnerungsspuren an <strong>Ereignis</strong>se, dem Wiedererwecken von<br />

Emotionen, dem Import fremder Erinnerung, affektiven Kongruenzen und ganz generell den<br />

sozialen Umständen der Situation, in denen über Vergangenes erzählt wird.“(vgl. Schacter<br />

1996, zit. n. Welzer 2005, 40)<br />

Welzer spricht von einem kommunikativen Gedächtnis, das eine Dialektik beinhaltet von<br />

Individualität und Sozialität, von Geschichte und Privatisierung von Geschichte. (vgl. ebd.<br />

236)<br />

In Bezug auf dieses Gedächtnismodell von Markowitsch (2005) konnte gezeigt werden, dass<br />

Alkoholabhängige weniger spezifische episodisch-autobiographische Erinnerungen abrufen<br />

können <strong>als</strong> gesunde Kontrollpersonen. (vgl. z.B. Kopelman 1999) Das episodische Gedächtnis<br />

enthält Inhalte mit klarem Raum-, Zeit- und Situationsbezug, die häufig emotional gefärbt<br />

sind, dazu zählt auch die eigene Biographie. (vgl. ebd.)<br />

178

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